Seit dem EU-Beitritt im Jahr 1995 haben globale Marktkräfte stärkere Einflüsse auf die europä-ischen und folglich auf die österreichischen Agrarmärkte gewonnen.
Vordergründig beeinflussen agrarspezifische Belange die Bewegungen. Blickt man weiter in die Tiefe, so muss man feststellen, dass Aufs und Abs der Preise aber auch mehreren externen Faktoren geschuldet sind, die nur mittelbar mit dem Agrargeschäft in Verbindung stehen. So mancher unterstellt den globalen Märkten Schnelllebigkeit, das ist nicht ganz wegzudiskutieren. Tatsächlich werden neue Informationen besonders rasch verarbeitet, und können kurzfristige Preisbewegungen auslösen. Tendenzen auf den globalen Märkten zeigen sich meist als große Leitlinien und sind den heimischen Märkten Vorgaben für ihre Bewegungen.
Ernteprognosen für globale Hauptkulturen
Regelmäßig veröffentlichen staatliche Statistikämter sowie private Analystenhäuser ihre Ernteprognosen zu den globalen Haupt-Ackerkulturen. Basierend auf statistischen Hochrechnungen, Wetterkarten sowie Beobachtungen vor Ort verfeinern sie ihre Aussagen meist monatlich oder noch häufiger. Besonders große Bedeutung kommt in diesem Umfeld den Schätzungen des USDA (US-Landwirtschaftsministerium), der EU-Kommission oder den brasilianischen und argentinischen Agrarbehörden zu. Stärkere Korrekturen, etwa nach Unwetterereignissen, können den Markt überraschen und größere Ausschläge der Weltmarktpreise nach sich ziehen.
Globale Versorgung im Fokus
Verschiebungen in den Erntemengen füllen oder schmälern die globalen Versorgungsprognosen. Die neuen Erkenntnisse werden rasch in die Berechnungen einbezogen und eingepreist. Veränderte Marktmeinungen können einen Impuls für Marktbewegungen geben. Ernteprognosen werden meist schon längerfristig vor Anbaubeginn abgegeben – sowohl hinsichtlich Flächen – als auch Ertragserwartungen. Bis zum Anbau können noch erhebliche Verschiebungen hin zu preislich attraktiveren Kulturen größere Preisbewegungen nach sich ziehen. Obwohl der US-Frühjahrsanbau 2017 erst ab April voll stattfinden wird, zeichnet sich bereits seit dem Winter eine Ausweitung der Sojaflächen auf Kosten des preislich aktuell unattraktiveren Weizens und Maises ab. Trotz einer Allzeit-Rekordernte bei US-Mais und Soja im Herbst 2016 werden für die ersten Ertragsprognosen 2017 Mehrjahres-Durchschnitte unterstellt, die Monat für Monat dem Witterungsverlauf angepasst werden – regelmäßige Überraschungen sind möglich.
Wetterextreme und Wetterabnormitäten
Global gibt es kaum einen Tag im Jahr, an dem nicht gesät oder geerntet wird. Wetterextreme können sich daher das ganze Jahr hindurch negativ auf die Ernteerwartungen (Trockenheit, Überschwemmungen, Kahlfröste) oder auf die Erntearbeiten selbst (Verzögerungen, zügigere Fortschritte als gewöhnlich) auswirken. Ver-eiste Häfen, Niedrig- oder Hochwasser auf Flüssen wirken in weiterer Folge auf die Exportarbeiten ein. Entscheidend für die Einflussstärke ist die Bedeutung des Produktionslandes gemessen an den globalen Versorgungsbilanzen. Entscheidende Impulse gehen bei Wetterextremen am Weizenmarkt besonders von den USA, der EU, Australien oder Russland aus. Bei den Sojabohnen sind es hingegen die USA und die südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien und Uruguay.
Sichtbare Schäden kontra Wettersorgen
Es zählen Fakten – also sichtbare Schäden –, viel rascher machen sich Bedenken um mögliche Folgen von Wetterereignissen bemerkbar. Die Nachrichten werden von den Marktteilnehmern aufgesaugt, und bewirken an den Terminbörsen immer wieder rasches Kauf- oder Verkaufsverhalten. Ein gewisses Herdenverhalten ist nicht von der Hand zu weisen. Extremwetter-Meldungen treten bei manchen unruhigen Marktteilnehmern Einkaufs- oder Verkaufsbewegungen los. Weitere Marktteilnehmer werden hinter dem Zaun hervorgeholt, und Handelsaktivitäten angestoßen. Je nach Intensität und Dauer des Wetterereignisses kann das Folgeverhalten deutliche Preisbewegungen nach sich
ziehen.
Markt passt sich täglich neu an
Durch Nachadjustierungen passen die Marktteilnehmer ihre Meinungen täglich an die veränderten Gegebenheiten an. Verschiebungen zwischen Angebot und Nachfrage bewirken Preisbewegungen. Die französische Weizenernte 2016 hat beispielsweise den Weizenpreis ordentlich durch-einander gewirbelt. Anfang Juli bewirkte der Erntebeginn in Osteuropa einen Knick in das Preisgefüge, ausgezeichnete Ernten zeichneten sich dort ab. Als Mitte Juli nach dem extrem feuchten Frühjahr erste Horror-Ernteberichte aus der Weizen-Grande-Nation Frankreich eintrafen, war die Überraschung riesig. Sorgen um EU-Exporte und Versorgungsbilanz hoben die MATIF-Notierungen innerhalb von zwei Tagen um fast zehn Prozent an. In Übersee blieben die Märkte entspannt. Die USA erntete auf beachtlichen Anbauflächen sehr gute Mengen, die Überlager waren zudem sehr voll. Die europäische Weizenernte ging leicht unterdurchschnittlich zu Ende. Frankreich-Minderernten (33 Jahrestief) wurden von höheren Erträgen in Osteuropa kompensiert. Es dauerte bis Anfang September, ehe der Markt den Schock verdaut hatte, und das Preisniveau unter jenes von Mitte Juli gefallen war (siehe Grafik im Bild).
Unterschiedliche Einflüsse von Lieferzeiten
Da an den Terminbörsen Getreide und Ölsaaten für Liefertermine bis zu drei Jahre im Voraus gehandelt werden, können die Wetterextreme unterschiedlich intensiv auf die einzelnen Lieferzeitpunkte einwirken. So werden Auswinterungsschäden oder eine Frühjahrstrockenheit wohl die neuen Erntemengen beeinflussen können. Die Versorgung bis zum Beginn dieser Erntewelle wird aber nicht verändert. Die Mengen sind bekannt und in den Lagern bereits vorhanden.
In der nächsten Ausgabe werden die vielfachen Einflussmöglichkeiten von Überlagerbeständen und Exporten auf die globale Preisbildung am Agrarmarkt näher betrachtet.
Hier geht’s zum zweiten Teil der Artikelserie
http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-maerkte-teil-2/
Hier geht’s zum dritten Teil der Artikelserie
http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-maerkte/