Erfreulich ist, dass die Anzahl der bäuerlichen Arbeitsunfälle seit Jahrzehnten rückläufig ist. Der Rückgang ist, neben der Abnahme der landwirtschaftlichen Bevölkerung und dem Fortschritt technischer Hilfsmittel, auch auf Aufklärungsarbeit zurückzuführen. Im Jahr 2015 gab es mit 3748 anerkannten Arbeitsunfällen und 130 Berufskrankheiten so wenig Versicherungsfälle wie noch nie. Dennoch: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Für Betroffene bringen Arbeitsunfälle oft viel Leid, langwierige Rehabilitationen und einen Verlust an Lebensqualität mit sich.
Für 51 Männer und sechs Frauen nahmen bäuerliche Arbeitsunfälle im Jahr 2015 sogar einen tödlichen Ausgang. Durchschnittlich ereignete sich von 2011 bis 2015 ein tödlicher Arbeitsunfall pro Woche. Hervorstechend bei tödlichen Arbeitsunfällen sind jene mit Transportmitteln (z. B. Verkehrsunfälle, Traktorstürze). In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass ein Beckengurt die Sicherheit bei Traktorarbeiten erheblich erhöht, da ein Herausschleudern aus der Kabine verhindert wird. Die häufigsten Unfallursachen sind zum einen der Kontrollverlust über Tiere, Werkzeuge (vor allem Motorsägen) sowie Transportmittel, zum anderen der Sturz oder Absturz von Personen.
70 Prozent aller Arbeitsunfälle erleiden Männer. Das Unfallrisiko steigt bei Frauen und Männern mit dem Alter an: Auf Personen über 60 Jahre entfällt ein Viertel aller Arbeitsunfälle und knapp die Hälfte der tödlichen.
Unfallbegünstigende Faktoren
Hinter jedem Unfall steht eine Verkettung von Ursachen, die in der Umgebung, der Organisation oder der Person liegen können. Schlechte Wetterbedingungen beispielsweise können vor allem an Nordhängen die Scherfestigkeit am Boden verringern und zur Gefahr werden. Hier reicht beim Befahren der Steilhänge ein einziger Lenkfehler, um die Maschine ins Rutschen zu bringen. Genauso begünstigen Unachtsamkeit, Stress und Hektik risikoreiche Wahrnehmungs- und Handlungsstrategien.
Sicherheitsbestimmungen werden zudem des Öfteren bewusst missachtet: etwa wenn auf die persönliche Schutzausrüstung (PSA) verzichtet wird, weil das „schon immer“ so gemacht wurde, oder wenn eine Sicherheitseinrichtung, wie die Zweihand-Sicherheitsschaltung bei Holzspaltmaschinen, umgangen wird.
Routine kann auch gefährlich werden
In unserer gewohnten Umgebung fühlen wir uns sicher. Dabei ereignen sich genau hier die meisten Unfälle. Daher ist es enorm wichtig, das vertraute Arbeitsumfeld und routinierte Tätigkeiten gezielt auf Gefahren zu prüfen. Gehen Sicherheitseinrichtungen (z. B. Gelenkwellenschutz) zu Bruch, dann sollten die Reparaturarbeiten umgehend erledigt werden. Um die Aufmerksamkeit auf Gefahrenquellen in Bodennähe (Stolperstellen) oder Kopfnähe (zu tief hängende Rohrleitungen) zu lenken, ist der Einsatz von Signalfarben ratsam. Noch immer unterschätzt wird der Nutzen von Arbeitspausen. Pausen sind keine verlorene Zeit – im Gegenteil: Mehrere, kurze Pausen (zumindest alle zwei Stunden) steigern die Produktivität und reduzieren die Fehlerquote. Bei der „Arbeitsmedizinischen Woche“ der SVB (Info: www.svb.at/arbeitsmedizinischewoche) kann man mehr über ein optimales Erholungs- und Arbeitsmanagement erfahren.
Kostenlose Sicherheitsberatung
Den SicherheitsexpertInnen der SVB ist es generell ein Anliegen, ihr praxisbezogenes Wissen und Know-how an Versicherte weiterzugeben. Daher werden kostenlose Sicherheitsberatungen (Info: www.svb.at unter Unfallversicherung> Sicherheitsberatung>Aktivitäten auf Bauernhöfen> Betriebsberatungen) in Betrieben angeboten, die jederzeit angefordert werden können. Ziel ist es, Rahmenbedingungen für sicheres Arbeiten am Hof, am Feld und im Wald zu schaffen. Sicherheitsrelevante Informationen können auch den verschiedenen Merkblättern (Baulichkeiten, Maschinenschutz, Waldarbeiten, Elektro, usw.) entnommen werden, welche auf der Homepage (www.svb.at/merkblaetter) zu finden sind oder auf Anfrage kostenlos zugesandt werden. Im Folgenden nur einige wichtige Tipps zu unfallträchtigen Bereichen.
Besondere Vorsicht bei Waldarbeiten
Im Zuge von Forstarbeiten kommt es immer wieder zu sehr schweren Verletzungen. Empfehlenswert ist der Besuch eines Motorsägenkurses, bei dem Regeln der Motorsägenhandhabung und Schneidetechnik vermittelt werden. Besonders zu erwähnen ist, dass niemals alleine gearbeitet werden sollte und dass die Fluchtwege stets freizuhalten sind. Auch das Mobiltelefon kann zum lebensrettenden Instrument werden und sollte daher nicht im Auto zurückgelassen, sondern mitgenommen werden.
Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) bei Forstarbeiten besteht aus:
• Waldarbeiterschutzhelm mit Gesichts- und Gehörschutz;
• anliegende Schutzjacke in Signalfarbe;
• Schutzhandschuhe, Schnittschutzhose und Waldarbeitersicherheitsschuhwerk.
Gefahrenquelle Pflanzenschutz
Beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln wird oft nicht bedacht, dass diese nicht nur ätzend, sondern auch krebserregend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend wirken können. Die chemischen Schadstoffe gelangen großteils über die Haut (dermal), aber auch oral (verschlucken) oder respiratorisch (Atemwege) in den Körper.
Latex- und Bauhandschuhe bieten kaum Schutz. Aufgrund der geringen Durchbruchszeit der Handschuhe dringen die Schadstoffe binnen weniger Minuten durch das Material des Handschuhs und werden über die Haut aufgenommen. Geeignet sind chemikalienbeständige Schutzhandschuhe aus Nitril oder Neopren, die zwar über eine höhere Durchbruchszeit verfügen, aber dennoch regelmäßig ausgetauscht werden sollten. Auf der Homepage der Sozialversicherung sind für den Erwerb von PSA bundeslandspezifische Händlerlisten abrufbar.
Unfall heißt neben Leid auch Ausfall
Kommt es zu einem Arbeitsunfall, ist es die Aufgabe des Betriebsführers, diesen möglichst rasch beim zuständigen Regionalbüro der SVB zu melden. Führen nicht abgesicherte Gefahren zum Unfall, so haftet grundsätzlich der Betriebsführer für die Folgen. Um wirtschaftliche Verluste infolge von Ausfällen gering zu halten, bietet die SVB durch soziale Betriebshilfe oder sonstige Zuschusszahlungen Entlastung.
Köpfchen gefragt: Arbeits- und Lebensraum sicherer gestalten
Die eigene Sicherheit und Gesundheit sollten nicht dem Zufall überlassen werden. Es gibt viele Möglichkeiten, den Arbeits- und Lebensraum sicherer zu gestalten. Anregungen und Sicherheitstipps können in der Ideenbörse auf der SVB-Homepage (www.svb.at unter Vorsorge>Sicherheit>Sicherheitstipps) nachgelesen werden (Anfahrschutz bei Güllegruben, Entmistung mittels Unterdruck, sichere Schlüsselaufbewahrung usw.). Viele vorbildliche Betriebe haben bereits gezeigt, dass praktikable Sicherheitslösungen nicht zwangsläufig mit hohen Kosten verbunden sind, aber sehr wohl mit Kreativität und Innovation zusammenhängen.
Wichtige Tipps zu Leitern
• Bei der Obsternte Spezialleitern verwenden
• Leiter gegen Wegrutschen mit Bügel sichern
(z. B. Hochtank)
• Sicherung durch zweite Person (z. B. bei Reparaturarbeiten an Gebäuden)
• Anstellwinkel: 65 bis 75° bei Anlegeleiter
MMag. Theresa Graf, SVB
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- Bild 1 Leiter zweite Person Leiter: SVB