Es gehört zu den unbestreitbaren Vorteilen der ÖVP, dass sie über das grööte Personalreservoir aller Parteien verfügt. Dieses reicht von einer Vielzahl an Gemeinderäten und Bürgermeistern über Landtagsmehrheiten und Landesregierungsmitglieder bis in die Bundesregierung. Allerdings wäre es nicht die ÖVP, wenn sich dieser Vorteil nicht regelmäöig (typischerweise um den Dreikönigstag, gern aber auch rund um Ostern und zu anderen Saure-Gurken-Zeiten) zu einem Nachteil verkehren würde. Da fragen dann mehr oder weniger wohlwollende Journalisten, ob da wirklich der allerbeste Politiker an der Parteispitze wäre – und prompt finden sich ein paar ÖVP-Politiker, die mit groöer öffentlicher Aufmerksamkeit gute Ratschläge geben, wer denn noch aller geeignet wäre. Oder dass sich der Herr M. mal mit dem Herrn K. zusammenreden sollte. Und prompt entsteht der Eindruck, dass die ÖVP vor allem Obmanndiskussionen führe. Tut sie das nicht, wie etwa zu Beginn dieser Woche, als sich die Führungsgremien der Partei auf die politische Frühjahrsarbeit einstimmten, reagieren die Medien beleidigt: Was, da kommt keine Personalentscheidung? Kein neuer Kopf? Nicht einmal ein bisserl Streit? Da wurde wirklich nur über Inhalte geredet? Wie langweilig! Wie mühsam! Wie irrelevant! Nichts davon, was die ÖVP für die nächsten Monate plant – Stichworte: Senkung der Arbeitslosigkeit, Balance zwischen Sicherheitsbedürfnis und Überwachungsstaat, nächste Steuerreform – schafft es in die Nachrichten, geschweige denn in die Schlagzeilen.
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