Bio-Produkte haben sich im Lebensmittelhandel zu einem wichtigen Marktsegment entwickelt. Acht Prozent der Ausgaben für Frischeprodukte entfallen auf Bio. In der Gastronomie ist Bio noch ein zartes Pflänzchen und der Anteil derzeit gering. Gründe dafür sind der höhere Aufwand beim Einkauf der Zutaten – hinsichtlich Verfügbarkeit und Preis – und Hürden der Zertifizierung. Das Bewusstsein der Konsumenten für Bio in der Gastronomie steht erst am Beginn eines möglichen Trends. Das zeigt die aktuelle Marktforschung der AMA, die anlässlich der Bio-Aktionstage im September erstellt wurde.
Bio wächst im Einzelhandel weiter
Acht Prozent aller Frischeprodukte (exkl. Brot und Gebäck) werden in Bio-Qualität gekauft. Den höchsten Anteil verzeichnen Eier und Milch, gefolgt von Gemüse und Kartoffeln. Ebenfalls über dem Durchschnitt liegt der Anteil der Bio-Ware bei Joghurt, Butter und Obst. Unterdurch-schnittlich fällt der Bio-Anteil bei Fleisch und Geflügel sowie bei Wurst und Schinken aus (Chart 1).
Im Durchschnitt gab ein österreichischer Haushalt im vergangenen Jahr 120 Euro für Bio-Frischeprodukte aus. Die RollAMA-Zahlen für das erste Halbjahr 2016 lassen auf eine weitere Steigerung schließen (Chart 2).
“Bio ist für den Lebensmittelhandel zum unverzichtbaren Segment geworden”, erklärt Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing die aktuellen Marktzahlen. 2015 wanderten Bio-Produkte im Wert von 425 Millionen Euro über die Ladentische. Sowohl Mengen als auch Umsatz steigen von Jahr zu Jahr kontinuierlich an und verzeichnen auch im ersten Halbjahr 2016 ein Plus (Chart 3).
Während Bio-Lebensmittel im Handel ihre Regalfläche fix behaupten, steht ihr Einsatz in der Gastronomie erst am Beginn. “Rund zwei Prozent der im Gastronomie-Großhandel gekauften Lebensmittel stammen aus Bio-Landwirtschaft. Etwas höher sind die Anteile bei Milch und Milchprodukten sowie Obst und Gemüse, gering hingegen die Anteile bei Fleisch und Wurstwaren”, so Blass. Die Gründe dafür ließ die AMA von Sensor Marktforschung im Zuge einer qualitativen Studie erheben. Befragt wurden sowohl Bio-Konsumenten als auch Bio-Gastronomen.
Bio beim eigenen Einkauf wichtiger als in der Gastronomie
Stärkstes Motiv für den Kauf von Bio-Nahrungsmitteln ist eine hochwertige und gesundheits-fördernde Ernährung. Vor allem Männer verknüpfen eine sportliche Lebensweise mit Bio-Nahrungsmitteln. “Junge Menschen greifen verstärkt zu Bio, wenn sie selber kochen, dann wollen sie die besten Zutaten – möglichst fern der Massenproduktion”, erklärt Beatrix Brauner, Studienleiterin von Sensor Marktforschung. Stark bio-affine Konsumenten möchten Bio-Produkte möglichst aus der Region.
Nicht nur die Marktzahlen, auch die Studie untermauert: “Bio ist stark auf den eigenen Einkauf konzentriert. Außer Haus denkt man noch deutlich weniger an Bio”, so Brauner. Der Einsatz biologischer Zutaten spielt für die Wahl des Restaurants wenig Rolle, das gute Essen oder das Ambiente stehen im Vordergrund der Entscheidung. Grund dafür könnte auch das fehlende flächendeckende Angebot sein. Die Konsumenten wünschen sich mehr Bio-Lokale und, dass diese besser erkennbar und gekennzeichnet werden. Großes Interesse an Bio herrscht auch in Großküchen und der Versorgung von Kindergärten und Schulen, jedoch äußern die befragten Konsumenten Zweifel an der Machbarkeit der flächendenkenden Umsetzung.
Bio-Wirt aus Überzeugung
Bio-Gastronomen teilen mit Konsumenten die Begeisterung für Bio-Lebensmittel und ihren Geschmack. “Sie eröffnen ein Bio-Lokal aus tiefster Überzeugung, nicht weil sie sich damit mehr Kunden erhoffen oder einem Trend folgen wollen”, so die Studienleiterin. Den typischen Bio-Gast gibt es kaum. Die befragten Wirte beschreiben ihre Kundschaft als bunt gemischt – teilweise sehr bio-affin, teilweise müssen die Gäste erst vom Bio-Konzept überzeugt werden. Das gesteigerte Bewusstsein der Gastronomen für die hohe Produktqualität resultiert manchmal aus der eigenen Bio-Landwirtschaft, dann werden die Produkte vom angeschlossenen Bio-Hof über die Gastronomie vermarktet. Bio ist für die Wirte mehr als das Zubereiten biologischer Zutaten. “Für sie ist es ein Gesamtkonzept aus Transparenz, Regionalität, kleinstrukturierter Landwirtschaft und individueller Handfertigung”, ergibt die Studie.
Bio-Wirte kennen die Herausforderung, ein zertifiziertes Lokal zu führen: Bürokratie und Kosten der Zertifizierung, aufwändiger Einkauf und höhere Kosten für die Rohstoffe und die Preisgestaltung gegenüber den Gästen. Dennoch, für die Bio-Wirte überwiegen die Vorteile. Die Gastronomen erklären die Kontrollen als “nicht angenehm, aber notwendig”, um den Ansprüchen der Kunden an Transparenz gerecht zu werden. Sowohl die Ausrichtung auf biologische Zutaten als auch die Zertifizierung an sich werden als Teil der Positionierung gesehen. Beim Einkauf bevorzugen Bio-Wirte kleine Lieferanten, die sie persönlich kennen und denen sie eine ähnliche Grundhaltung zutrauen. Den Mehraufwand, der durch diese Art der individuellen Warenbeschaffung entsteht, nehmen sie in Kauf.