Im Burgenland haben die Winzer bereits die ersten Trauben für Sturm und Jungwein gelesen. Auch wenn in anderen Weinbauregionen der Erntebeginn noch auf sich warten lässt, sind nun schon erste Aufschlüsse in puncto Qualität und zu den speziellen Herausforderungen der diesjährigen Weinernte möglich.
Frost führte zu ungleichmäßiger Abreife
Leider war die Rebe durch regional auftretende Umwelteinflüsse wie Spätfrost, Hagel oder durch die hohen Niederschläge der letzten Monate wieder einmal einer extremen Witterung ausgesetzt.
Der Spätfrost im April hat nicht nur die Erntemenge drastisch reduziert, er hat in den betroffenen Weingärten auch zu unterschiedlichen Reifestadien der Trauben geführt. Wo dies der Fall ist, empfiehlt sich, die Trauben gestaffelt zu lesen. Dies ist zwar arbeitsaufwendiger, es ist aber die zielführendste Methode, um erhöhten Gerbstoffgehalten im Most entgegenzuwirken und die gewohnt hohe Qualität zu erzielen.
Die Beerengesundheit ist derzeit zufriedenstellend. Allerdings kann sich dies in den noch verbleibenden Wochen bis zur physiologischen Reife noch rasch ändern. Durch die hohen Niederschläge der zurückliegenden Wochen sind die Beeren prall gefüllt; weiters sind die Beerenhäute aufgrund des hohen Pilzinfektionsdrucks der letzten Monate porös. Dadurch könnte es zu einem erhöhten Auftreten platzender Beeren kommen, was unerwünschte Fäulnis zur Folge hätte.
Die richtige Maßnahme, um in diesem Punkt gegenzusteuern, war ein gezieltes Laubwandmanagement insbesondere in der Traubenzone; dies konnte den hohen Infektionsdruck durch Peronospora und Oidium zumindest mildern. Generell waren die Wetterkapriolen während der Vegetationszeit, verbunden mit ständig hoher Luftfeuchtigkeit, sehr günstig für den Befall mit Pilzkrankheiten. Dementsprechend hoch war der Pflanzenschutzaufwand, um die kleinen Erntemengen sicher in den Keller zu bekommen. Immerhin hat das Nieder- schlagsplus auch positive Auswirkungen auf das Traubengewicht und die zu erwartende Mostausbeute.
Regional unterschiedlicher Reifezustand
Stabiles Wetter in den nächsten Wochen vorausgesetzt, wird die Hauptlese in Niederösterreich und der Steiermark voraussichtlich Mitte September einsetzen. Für die Wahl des optimalen Erntetermins ist neben dem Mostgewicht (°KMW bzw. Klosterneuburger-Mostgewicht) auch der pH-Wert zu beachten. Gerade bei diesem Punkt sollte man sich als Winzer darüber im Klaren sein, dass die von Kunden gewünschte und erfolgreiche österreichische Weinstilistik von der frischen und anregenden Säure abhängig ist.
Der Witterungsverlauf in den zurückliegenden zwei Wochen hat die Winzer optimistisch gestimmt. Sonnenreiche Tage und kühlere Nächte brachten Gradationszuwächse von etwa zwei Grad °KMW pro Woche. Umso wichtiger ist es, parallel zum Mostgewicht auch die Entwicklung des Säuregehaltes, des pH-Wertes und der Hefenährstoffe (N-OPA-Wert) zu beobachten.
Mostgewicht und Säuregehalt beobachten
Einen Anhaltspunkt für den regionalen Reifeverlauf bietet die Internetseite des Bundesamtes für Wein- und Obstbau (http://bundesamt.weinobstklosterneuburg.at), wo unter dem Menüpunkt “Service” aktuelle Analyseergbenisse abrufbar sind. Wöchentlich wird das Mostgewicht in Grad KMW, die Gesamt-, Äpfel- und Weinsäure in g/l, der pH-Wert und der hefeverfügbare Stickstoff ermittelt.
In der Vorwoche (KW 35-2016) bewegten sich die einzelnen Proben beim Mostgewicht im Burgenland schon zwischen 13 und 17 °KMW, in NÖ noch zwischen etwa 12 und 14 °KMW. Die titrierbare Säure (Gesamtsäure) lag im Burgenland zwischen 14 und 10 g/l, in NÖ zwischen etwa 17 und 12 g/l. Der Zielwert, der nicht unterschritten werden sollte, liegt bei etwa 7,5 bis 8 g/l Säure.
Die Gehalte an hefeverfügbarem Stickstoff (N-OPA-Werte) waren in beiden Bundesländern im Bereich von 190 bis 240 mg/l, wobei die Streuung im Burgenland etwas stärker war. Als Faustzahl für den N-OPA-Wert gilt, dass dieser möglichst nicht unter 180 mg/l fallen sollte, damit die Gärhefe nicht unter Stress gerät. Eine qualitätsunterstützende Maßnahme für die Weinlese 2016 könnte bei hohen Tagestemperaturen die Verlegung der Weinlese auf frühe Morgenstunden bzw. überhaupt in die kühleren Nachtstunden sein – hier können Traubenvollernter von Nutzen sein. Eine rasche und saubere Traubenverarbeitung ist unabkömmlich, um hohe Weinqualitäten zu produzieren.
Die Mostklärung mithilfe der Flotation kann ebenfalls einen Vorteil bringen, da die Verarbeitung weitaus schneller vonstattengeht als die Klärung durch Sedimentation. Jede Maßnahme, die bereits im Most durchgeführt werden kann, ist schonender als nachträgliche Behandlungen des Weins. Daher sollte man sich ausführlich mit dem Ausgangsmaterial und dem möglichen Bedarf einer erhöhten Gerbstoffschönung auseinandersetzen.
Wie schon in den letzten Jahren wird es auch in der heurigen Erntesaison notwendig sein, die einzelnen Maßnahmen während des Verarbeitungsprozesses gezielt zu setzen. Genaue Analysen des Mostes und die laufende Begleitung des Vinifikationsprozesses durch Spezialisten der Beratungslabore, schaffen beste Bedingungen, um das gewünschte Qualitätsziel zur erreichen.
Laborservice: Weinbaucenter und Shops der Lagerhäuser
• Labordienstleistungen an zwölf Standorten der Lagerhaus Weinbau Center und Shops,
• Önologen und Fachberater bieten Standardanalysen, Schönungsvorversuche und spezielle Most- und Jungweinanalysen an, • Beratende Unterstützung bei der Produktauswahl und prompte Warenverfügbarkeit,
• Flächendeckende Servicedienstleistungen und Erntebereitschaftsdienste für Kellereitechnik während der gesamten Erntesaison.
Christian Leeb, RWA Wien