Findige Landwirte, die etwa den Ladewagen oder den Traunsteiner Silo erfunden haben, Bäuerinnen, die neue Rezepte oder Kniffe in der Tierhaltung entwickelt haben – Jahr für Jahr wurden und werden gerade in der Landwirtschaft die Produktionsverfahren verbessert und Ressourcen effizienter eingesetzt, um mehr Nahrungsmittel in immer besserer Qualität zu erzeugen.
Wie Berechnungen des Agrarökonomen Christoph Tribl zeigen, nimmt die Versorgungsleistung der österreichischen Landwirtschaft ungebrochen zu. Ernährte im Jahr 2000 ein Landwirt bereits 68 Menschen, so ist diese Zahl im Jahr 2011 auf 108 Personen gestiegen. Es wird nicht nur mehr erzeugt, die Produkte werden höherwertiger und für die Abnehmer immer günstiger. So sind etwa die Verbraucherpreise seit 1990 um mehr als 60 % angestiegen, die Preise für landwirtschaftliche Güter sogar gesunken.
Innovationen lösen große Veränderungen aus
In keinem anderen Bereich gab es einen so lange anhaltenden und beständigen Fortschritt. Allerdings hat sich die Sicht geändert. Seit der Einführung der synthetischen Herstellung von Stickstoffdünger im Jahr 1910 setzte sich eine neue Auffassung durch: Die Landwirtschaft ist Empfänger von Neuerungen, die außerhalb entwickelt werden. Neue Zuchtverfahren, die Entwicklung von Hybridsaatgut, die Mechanisierung, synthetische Pflanzenschutzmittel wurden überwiegend von Forschungseinrichtungen und spezialisierten Firmen entwickelt. Einer der berühmtesten Ökonomen, der Österreicher Joseph Schumpeter, hat sich im vorigen Jahrhundert mit der Frage beschäftigt, wie Fortschritt in der Wirtschaft zustande kommt. Eine der Einsichten ist, dass Innovationen tief greifende Veränderungen bewirken. Seit etwa zehn Jahren wird in der EU und in Österreich systematisch untersucht, wie diese Prozesse ablaufen und ob man sie in günstiger Weise beeinflussen kann. Dazu wurden und werden große Unternehmen in der Sachgüterindustrie befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass jene Unternehmen erfolgreicher sind, die Neuerungen rascher umsetzen und selber innovativ sind.
Ob und wie sich Neuerungen und Innovationen in der Landwirtschaft auswirken, ist bisher nur für den Agrarsektor als Ganzes untersucht worden. Wie der Neuerungsprozess in einzelnen Betrieben abläuft, ist unbekannt.
Das Wifo beschäftigt sich nun in Kooperation mit der Boku mit dem Innovationsprozess innerhalb der Landwirtschaft. Erste Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Landwirtschaft vielfältiger ist als industrielle Prozesse. In der Landwirtschaft gibt es wie auch in Industrieunternehmen folgende Unterarten von Neuerungen:
• Produktinnovationen (z. B. Heumilch),
• Prozessinnovationen (z. B. No-till-farming),
• Organisationsinnovationen (z. B. Erzeugergemeinschaften),
• Informations- und Kommunikationsinnovationen (z. B. spezielle Softwareprodukte).
Innovationsbereiche, die man sonst nirgends findet
Darüber hinaus gibt es aber Innovationsbereiche, die man sonst nirgends findet:
• Verfahren zur Verbesserung der Biodiversität (z. B. Bio-Landwirtschaft),
• Methoden, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren oder
• organisatorische Lösungen, um gemeinsam mit anderen bessere Vermarktungslösungen zu finden.
Wie diese unterschiedlichen Facetten von Innovationen in konkreten Betrieben zusammenwirken, wird derzeit im Zuge einer Befragung erhoben. Die Ergebnisse dazu werden im Herbst erwartet und werden hier vorgestellt werden.