Wie überall nimmt auch in Innsbruck die Zahl der Bauern ab. Grund dafür ist zunächst einmal die angespannte finanzielle Situation für bestehende und angehende Landwirte. Vor allem kleine Betriebe kämpfen im ganzen Land ums Überleben. Für Bauern in der Stadt ist die Lage noch einmal schwieriger. Denn hier gilt es, mit vielen Problemen zu kämpfen, die den Bauern am Land erspart bleiben.
Auf den Hund gekommen: Hundekot und Müll
Da ist zunächst das Thema Müll: Die Nähe der Felder zu den Straßen verleitet viele Menschen, ihren Abfall einfach in die nächste Wiese zu werfen. “Es gibt kaum eine Mahd, bei der wir nicht vorher mindestens 20 Minuten lang Müll sammeln”, gibt Franz Mayr zu bedenken. Da kommen bis zu zwei Säcke voll mit Taschentüchern, Einkaufssackerln sowie Papp- und Plastikbechern zusammen.
Aber auch die tierischen Begleiter leisten ihren Beitrag: Die Verschmutzung der Felder durch Hundekot ist nach wie vor ein großes Problem für die Bauern in der Stadt. Zwar wurden mittlerweile genügend Hundekotstationen aufgestellt, die auch benützt werden. “Aber großteils wird das Sackl dann nicht in den Mülleimer geworfen, sondern einfach ins Feld. Das schaut nicht nur unappetitlich aus, es schadet auch den Kühen”, ärgert sich der Ortsbauernobmann. Denn kommt der Kot einmal ins Gras, wird dieses vom Vieh nicht mehr gefressen. Und falls doch, hat das oft Krankheiten zur Folge. Daher hat die Stadtführung Flurwächter beauftragt, die Hundebesitzer zu überwachen. “Aber es ist unmöglich, alle zu kontrollieren”, so Mayr.
Froh über die Nähe zu den Konsumenten
Franz Mayr ist 49 Jahre alt und Obmann der Bauernbund-Ortsgruppe Amras. Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid und seinen drei Töchtern Kathrin, Julia und Christina führt er den “Stecherhof” im Vollerwerb. Der steht mitten in Amras an der Philippine-Welser-Straße, in der wärmeren Jahreszeit unschwer zu erkennen am prächtigen Blumenschmuck. Derzeit bevölkern 43 Milchkühe und 47 Stück Jungvieh den Stall; den Sommer verbringen die Tiere auf der Alm in der Axamer Li-zum. Außerdem gibt es am Stecherhof noch rund 300 Legehennen.
Einen Teil der Milch liefert Franz Mayr an die Tirol Milch, den anderen Teil vermarktet er selbst; auch die Eier werden unmittelbar an der Straße verkauft: Am modernen Milch- und Eierautomaten kann jeder nach dem Geldeinwurf frische Produkte direkt vom Hof beziehen. “Die Nähe zum Konsumenten ist ein großer Vorteil für uns Stadtbauern”, so Mayr, “vor allem heute, in einer Zeit, in der auf Regionalität und Natürlichkeit der Produkte viel Wert gelegt wird.”
Ein Nachteil ist allerdings der Standort: Der Großteil der Stadtbauern hat seine Felder außerhalb der Stadt, teilweise bis zu neun Kilometer entfernt. Diese weiten Entfernungen vom Hof zu den Feldern haben lange Fahrten mit dem Traktor zur Folge. Auch die Felder innerhalb der Stadt sind nicht immer leicht zugänglich, oft werden die Zufahrten von parkenden Autos versperrt. “Natürlich können wir die Autos abschleppen lassen, oft dauert das aber einfach zu lange”, ärgert sich der Ortsbauernobmann.
Dörflicher Zusammenhalt wird groß geschrieben
Trotz der erwähnten Probleme sei die Stimmung unter der Amraser Bauernschaft insgesamt sehr gut, unterstreicht Franz Mayr. “Das alles ist hier ein großes Miteinander. Wir nehmen Rücksicht auf die Nachbarn und schauen, dass wir nicht in der Nacht arbeiten und Lärm machen. Und den Mist bringen wir auch möglichst dann aus, wenn sich Regen ankündigt.” Im Gegenzug seien die Nachbarn durchaus verständnisvoll, wenn es um Lärm und Geruch geht.
Diese Einstellung lässt erkennen, dass in Amras noch ein dörflicher Charakter herrscht. Auch wenn Amras seit 1938 keine eigenständige Gemeinde mehr ist, sondern ein Stadtteil von Innsbruck, hat es seinen ländlichen Charme nicht verloren. So gibt es neben der Bauernbund-Ortsgruppe eine aktive Bäuerinnenorganisation und Jungbauernschaft/Landjugend, dazu Musikkapelle, Schützenkompanie, Freiwillige Feuerwehr, Trachtenverein und viele weitere rührige Vereine.
Dennoch werden auch in Amras die Bauern von Jahr zu Jahr weniger. Heute gibt es im Stadtteil etwa zehn aktive Landwirte, während es nach dem Zweiten Weltkrieg noch um die 40 waren. Oft stellt sich das Problem der Hofnachfolge: Vielen Jungen ist die Arbeit am Bauernhof zu anstrengend, die Arbeitszeiten sind zu lange. Und so wird immer wieder, wenn der Betriebsführer das Pensionsalter erreicht hat, der landwirtschaftliche Betrieb eingestellt.
Dieses Problem hat Franz Mayr nicht. Denn seine zwanzigjährige Tochter Julia ist bereit, den Hof einmal zu übernehmen und weiterzuführen. Den wunderbaren Blumenschmuck inklusive …
innsbruck: Auch Bauern- und Almenstadt
Innsbruck ist vor allem als Sport- und Universitätsstadt bekannt, doch beherbergt die Stadt immer noch rund 125 aktive landwirtschaftliche Betriebe; außerdem gehören zu Innsbruck fünf Almen. Die Agrarstrukturerhebung von 2010 hat auch 19 (!) Bergbauernbetriebe ausgewiesen.
- Landwirtschaftlich genutzte Fläche: 1755 Hektar
- Forstwirtschaftlich genutzte Fläche: 3850 Hektar
- Viehbestand:
- 1225 Rinder,
- 178 Schweine,
- 1383 Schafe,
- 174 Ziegen,
- 96 Pferde und andere Einhufer,
- 1328 Stück Geflügel,
- 1 sonstiges Nutztiere
- Insgesamt: 4385 Tiere.
Julia Scheiring