Sorten mit wertvollen Eigenschaften für unterschiedlichste Nutzungszwecke, eine hohe Qualität des Saatguts und richtig gesetzte pflanzenbauliche Maßnahmen tragen zu einem positiven Ergebnis bei. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf Versuchsserien, die über mehrere Jahre an unterschiedlichen Standorten durchgeführt wurden. Einzeldaten charakterisieren den Sortenwert aufgrund spezifischer Bedingungen und einem größeren statistischen Fehler oft nur unzureichend.
Kornausfall bei Weizen
In der Voll- und Totreife des Weizens kam es in Ostösterreich vor der Ernte 2016 vermehrt zu Kornausfall. Bei dem häufigen Wechsel von Regen und Sonnenschein im Juli haben die Spelzen teilweise ihre Elastizität eingebüßt und sind an der Ansatzstelle abgebrochen. Die freigelegten Körner fielen infolge von Wind und gegenseitiger Berührung der Ähren alsbald zu Boden. Verluste von bis zu mehreren Dezitonnen pro Hektar wurden geschätzt. Es gibt Sortenunterschiede in der Ausfallfestigkeit, für eine sichere Bewertung ist die Datenbasis zu gering.
Niedrige Hl-Gewichte
Das Hektolitergewicht (Naturalgewicht, Schüttgewicht) wird mit dem Viertelliter-Getreideprober gemessen und auf 100 Liter umgerechnet. Trotz begrenzter Aussagekraft zur Mehl-, Grieß- und Stärkeausbeute ist dieses Kriterium seit Jahrzehnten für die Bezahlung relevant. Ein geringes Hektolitergewicht bedeutet einen Preisabzug oder sogar eine Abstufung in die nächsttiefere Kategorie. Heuer wurden die für Qualitäts- und Mahlweizen üblicherweise geltenden Mindestwerte von 78 bzw. 76 kg oftmals unterschritten. Aber nicht immer ist ein niedriges Hektolitergewicht durch Kümmerkorn verursacht. Bei regnerischem Wetter zur Abreife quillt der Mehlkörper auf und schrumpft beim Eintrocknen nicht wieder auf seine ursprüngliche Größe zusammen. Sofern sich dies, wie 2016, mehrfach wiederholt, können auch Partien mit guter Kornausbildung ein mangelhaftes Hektolitergewicht liefern. Im Erfassungshandel ist es jedoch nicht üblich, die Gründe für ein schwaches Hektolitergewicht zu berücksichtigen.
Trockenlagen
Beim Qualitätsweizen werden im nordöstlichen Flach- und Hügelland überwiegend Sorten der Backqualitätsgruppen 7 bis 9 angebaut.
Der Kolbenweizen Bernstein bietet sich vorrangig für mittlere und tiefgründige Böden an, er zählt zu den besten Stickstoffverwertern. Die trotz mittellangem Wuchs beachtliche Standfestigkeit (Note 2) kam ihm heuer zugute. Bei normal entwickelten Pflanzen soll die Bestockung nicht durch eine übermäßige erste N-Gabe angeheizt werden. Das Ziel der Kulturführung sind mitteldichte Bestände mit gut ausgebildeten Ähren.
Die mittelfrüh reifenden und ertragsstarken Grannenweizen Messino und Midas (Lagerung 5) passen für alle weizenfähigen Böden des Pannonikums. Auf die nunmehr stärkere Anfälligkeit für Gelbrost ist zu achten.
Der mittelkurze und standfeste (Note 2) Lennox eignet sich zum Herbst- und Frühjahrsanbau (Wechselform), die Winterhärte ist begrenzt. Emilio ist mittel standfest (Note 5), reift früh, ist auswuchstolerant und fallzahlstabil. Bei höherer Ertragserwartung wird – ähnlich wie bei Angelus, Lennox, Messino und Midas – eine kräftige N-Spätgabe zur Absicherung des Proteingehaltes meist nötig sein.
Der standfeste (Note 2) Roland wehrt Gelbrost erfolgreich ab, der Braunrost darf nicht übersehen werden. Die verwandten Sorten Lukullus und Laurenzio vereinen eine mittlere Standfestigkeit (Note 5) mit Kornqualität. Von regnerischem Juliwetter werden sie dank ausgeprägter Keimruhe weniger beeinträchtigt; hingewiesen sei auf die Sensibilität für Gelbrost.
Energo (Lagerung 4) kombiniert Ertragshöhe, Ertragsstabilität und Backfähigkeit in ausgewogener Weise. Adesso und Element (Lagerung 6 bzw. 5,5) entwickeln sich im Frühjahr rasch, beginnen zügig mit der Kornfüllung und kommen mit Hitze und Trockenheit im Juni besser zurecht.
Der frühreife und hochwüchsige Capo (Lagerung 6,5) bewährt sich auf mittleren und schwächeren Böden. Arnold (Lagerung 5) vereint eine frühe Reife mit mäßigem Ertragspotenzial, hohem Hektolitergewicht und Proteingehalt. Ein im April und Mai bei Arnold auftretender Gelbrost kommt meist bald zum Stillstand.
Astardo (Lagerung 5), Antonius (Lagerung 3) und Albertus (Lagerung 4) punkten mit ihrer äußeren und inneren Kornqualität. Unter vergleichbaren Bedingungen liefern sie um 1,0 bis 1,8 % höhere Proteinwerte als Angelus, Emilio, Lennox, Messino, Midas und Roland. Aufgrund der Anfälligkeit für Gelbrost bedürfen sie eines wirksamen Fungizidschutzes.
Feuchtlagen
Auch im Alpenvorland, der Oststeiermark, im Südburgenland oder in Kärnten werden Qualitätsweizensorten erfolgreich kultiviert. Allerdings ist der Ertragsabstand zu relevanten Mahlweizen mit -4 bis -16 % markanter als in der pannonischen Region.
Der standfeste (Note 2) Norenos profitiert im Alpenvorland, Mühl- und Waldviertel von der mittleren Widerstandskraft gegen Septoria tritici-Blattdürre. Richard (Lagerung 3,5) litt heuer vielfach unter dieser Krankheit und fiel ertraglich zurück. Auch Laurenzio und Lukullus sind in Jahren mit anhaltender Blattnässe im Schoßstadium mehr davon betroffen. Auf regnerisches Wetter zur Reifezeit reagiert Ludwig (Lagerung 4) sensibel. Bei Bernstein ist besonders auf Septoria tritici zu achten.
Ertragsstarke Mahlweizen
In den Feucht- und Übergangslagen haben Sorten mittlerer bis mäßiger Backfähigkeit die größte Verbreitung.
Siegfried (Lagerung 3) ist überdurchschnittlich blattgesund und reift etwas später. Er präsentiert sich ohne gravierende Schwächen und zählt zu den wertvollsten Sorten in diesem Segment.
Bei dem kurzhalmigen und sehr standfesten (Note 1) Frisky ist auf den knappen Proteingehalt Rücksicht zu nehmen. Spontan (Lagerung 1,5) bringt mehr Eiweiß und hat die Herausforderungen des heurigen Jahres mit Bravour gemeistert. Ist die Witterung zur Reifezeit wechselhaft, sollte Spontan bevorzugt geerntet werden.
Der kurzstrohige Einzelährentyp Advokat (Lagerung 2) wehrt Mehltau und Rostpilze effizient ab. Aufgrund seiner mittelguten Fusariumresistenz ist er auch für maisdominierte Fruchtfolgen interessant. Wo ein Mahlweizen mit guter Backeignung benötigt wird, bietet sich Findus (Lagerung 2) an. Pedro (Lagerung 4) erzielt seine besten Leistungen im Alpenvorland, in der Oststeiermark und im Südburgenland. Der als Mahl- und Ethanolweizen bewährte Mulan (Lagerung 3) wird nun durch ertragreichere Sorten abgelöst.
Sax (Lagerung 3) ist auswuchsfest, hat aber eine Schwäche bei Gelbrost. Gute Leistungen sind häufig nur mit erhöhter Fungizidintensität zu realisieren. Kahlfröste bis -22 °C im Februar 2012 konnten Sailor (Lagerung 4) wenig anhaben, er empfiehlt sich deshalb auch für das Mühl- und Waldviertel. Der kurzhalmige Chevalier (Lagerung 2) verlangt dichtere Bestände mit 530 bis 630 Ähren/m2, dennoch bleibt er ertraglich hinter neueren Züchtungen zurück. Für Braunrost sind Chevalier, Mulan und Pedro stark anfällig, auch Findus, Sailor, Sax und Spontan leisten nur begrenzt Widerstand.
Bei der EU-Sorte RGT Reform handelt es sich um einen kurzwüchsigen, standfesten und gegen Krankheiten gut bis mittelmäßig widerstandsfähigen Mahlweizen. In den diesjährigen Versuchen zeigte RGT Reform mittelhohe Ertragsleistungen.
Sonstige Weizen und Futterweizen
Unter den Futterweizen und Sonstigen Weizen ist Hewitt (Lagerung 2) ein gegen Braunrost resistenter und ertragsstarker Einzelährentyp, die Gelbrostabwehr hat zuletzt nachgelassen. Um den Infektionsdruck mit Ährenfusarium zu reduzieren, sollten Ernterückstände von Mais untergepflügt werden.
Der kurzhalmige, stabile (Lagerung 1) und spätreife Florencia ist für die Gunstlagen gedacht. Ein gegen Abreifekrankheiten eingesetztes Fungizid dankt Henrik (Lagerung 3) zumeist mit wirtschaftlichen Effekten.
Papageno kombiniert Standfestigkeit (Note 3) mit Toleranz gegen Ährenfusarium, einer mittleren Reife und guten Kornausbildung. Für den Abreifeschutz ist ein roststarkes Fungizid zu wählen. Neben den eigentlichen Futterweizen werden auch ertragsstarke Mahlweizensorten innerbetrieblich genutzt.
Ethanol- und Stärkeweizen
Von der Agrana Stärke GmbH werden über ausgewählte Raiffeisen Lagerhäuser und den Agrarhandel wieder Anbau- und Lieferverträge für Ethanolweizen angeboten. Der Erlös resultiert aus einer Akontozahlung im August 2017 auf Basis des Mahlweizenpreises und einer allfälligen Nachzahlung im darauffolgenden Frühjahr. Im Alpenvorland und Waldviertel ist die Erzeugung von Ethanolweizen durchaus sinnvoll. Jedenfalls gilt dies für Standorte, auf denen der für Backweizen geforderte Proteingehalt von mindestens 12,5 oder 12 % oftmals unterschritten wird. Bei Ethanolweizen werden ein Hektolitergewicht von 73 kg (Basis 76 kg) und eine Fallzahl von mindestens 180 s verlangt. Leistungsfähige Mahlweizensorten wie Advokat, Frisky, Mulan, Pedro, Sailor, Sax, Siegfried und Spontan sowie Sorten aus der Gruppe der Sonstigen Weizen wie Florencia und Papageno kommen infrage. Für Stärkeweizen gelten dieselben Anforderungen, hier gibt es keine speziellen Anbauverträge.
Weizen für Biobetriebe
Die diesjährige Bioweizenernte ist durch mittlere bis überdurchschnittliche Erträge und teils mäßige Eiweißwerte gekennzeichnet. Auch ein niedriges Hektolitergewicht oder Steinbrandbefall haben manche Partie abgewertet. Wie in den Vorjahren driften die Preise in Abhängigkeit von der Qualität weit auseinander. Sorten mit guter Proteinbildung sollten noch mehr Bedeutung erlangen.
Arnold und Tobias brachten im Pannonikum Erträge von -6 bis -8 % und in Feuchtlagen von -8 bis -12 % zu Capo, Energo und Lukullus; beim Proteingehalt waren sie aber um 0,8 bis 1,6 % überlegen.
Antonius und Albertus beeindruckten durch exzellente Backeignung, die Empfindlichkeit für Gelbrost macht sie riskanter. Capo ist wegen seiner Fähigkeit, Bestandesmängel auszugleichen, seiner Toleranz gegen Blattkrankheiten sowie aufgrund überdurchschnittlicher Erträge und der guten Kornausbildung im Biolandbau bedeutsam. Sofern Wirtschaftsdünger nicht verfügbar ist, sollten Capo und Energo möglichst nach Stickstoff liefernden Vorfrüchten stehen.
Der frohwüchsige Ehogold unterdrückt Samenunkräuter vergleichsweise gut und ist für Bedingungen mit weniger Lagergefahr vorgesehen. Gregorius ist frosthart, mittelmäßig standfest und eignet sich gleichermaßen für das Trocken- wie auch das Feuchtgebiet. Lukullus brachte mehrjährig ähnliche Erträge wie Capo und etwas mehr Protein, litt aber vereinzelt unter Gelbrost. Bernstein zeigte im ersten Jahr der Bioprüfung gute Erträge, jedoch knappe Proteinwerte. Saatgut in Bioqualität steht auch von Adesso, Astardo, Element, Emilio, Laurenzio, Papageno, Philipp und Spontan sowie einigen EU-Sorten bereit.
Dinkelmarkt aus dem Lot
Noch nie stand so viel Dinkel auf den heimischen Feldern wie 2015/16. Der Markt ist mit Ware übersättigt, der Preis ist eingebrochen. Aufgrund der begrenzten Nachfrage auf dem Inlandsmarkt und im Export sollte der Dinkelanbau reduziert werden. Die traditionellen Züchtungen (“reine Dinkel”) Attergauer Dinkel, Ebners Rotkorn und Ostro sind hochwüchsig, in der Standfestigkeit knapp (Note 8 bzw. 7) und bezüglich Winterhärte, Vesenertrag, Kernanteil und Qualität ähnlich einzuschätzen. Den Gelbrost wehren Ebners Rotkorn und Ostro nur unzureichend ab, Attergauer Dinkel ist etwas weniger anfällig. Steiners Roter Tiroler hat die beste Widerstandskraft, allerdings ist nur wenig Saatgut verfügbar. Die Einkreuzung von Weizen hat Filderweiss standfester (Note 5) und um 12 bis 15 % ertragreicher gemacht. Biosaatgut gibt es von Attergauer Dinkel, Ebners Rotkorn, Filderweiss und Ostro sowie den EU-Sorten Comburger und Zollernspelz. Von Ostro wird auch entspelztes Saatgut angeboten, bei Filderweiss und Comburger ist die gesamte Saatware nacktkörnig. Dies ermöglicht das Aufbringen eines Beizmittels, eine exaktere Berechnung der Saatstärke und trägt zur Vermeidung von Anbaufehlern infolge verstopfter Säleitungen bei. Im Rahmen der Öpul-Maßnahme “Anbau seltener landwirtschaftlicher Kulturpflanzen” werden Attergauer Dinkel, Ebners Rotkorn, Ostro und Steiners Roter Tiroler mit einem Betrag von 120 Euro/ha gefördert.
Gelbrost – was bringt das Jahr 2017?
Seit mittlerweile vier Jahren werden Weizen, Triticale, Durum und Dinkel hierzulande von Gelbrost heimgesucht. Die aggressive Rasse “Warrior” hat diese Epidemie ausgelöst. Heuer waren vor allem Bestände in Ostösterreich, im Waldviertel und in Teilen des Alpenvorlandes betroffen. Empfindlichere Weizensorten (Gelbrostnoten 6, 7 und 8) sind Adesso, Albertus, Antonius, Astardo, Augustus, Laurenzio, Lukullus, Messino, Midas, Norenos, Papageno und Sax. Als resistent bis gut widerstandsfähig (Noten 2 und 3) gelten Advokat, Bernstein, Capo, Chevalier, Element, Findus, Lennox, Mulan, Pedro, Roland, Siegfried, Spontan und Tobias. Ob der Pilz 2017 neuerlich schädigen wird, ist derzeit nicht zu sagen. Es hängt unter anderem davon ab, ob der Winter anhaltende Kahlfröste bringt oder nicht.