Das Jahr 2025 ist noch jung – und doch werden die ersten mit Entschlossenheit gefassten Neujahrsvorsätze schon wieder Geschichte sein. Das ist menschlich und vielleicht auch ärgerlich, aber kein Grund zum Verzweifeln. Versprechen, die einem bestimmten Datum gegeben werden, verlieren sich nur allzu oft in den ersten Wochen.
Die Linzer Psychologin und Psychotherapeutin Christa Schirl befürwortet es, rund um
den Jahreswechsel Bilanz zu ziehen und seine persönliche Ist-Analyse zu erstellen. „Wo
stehe ich gerade? Womit bin ich zufrieden? Wofür bin ich dankbar? Wo sehe ich einen Veränderungsbedarf? Es ist eine gute Idee, sich solche Fragen zu stellen und sich Gedanken darüber zu machen“, so Schirl.

“Werte sind wie Sterne
am Himmel. Wir können
sie nie ganz erreichen,
aber ihnen folgen.”- 
CHRISTA SCHIRL

Allerdings sei man in der Psychologie etwas davon abgekommen, sich nur auf Ziele
zu konzentrieren. Klassische Ziele sind meist mit einem Abschluss verbunden – etwa einen
Marathon zu laufen oder zu heiraten. „Hat man das Ziel erreicht, stellt sich die Frage
‚Was nun?‘. Manche Menschen fallen dann sogar in eine Art Loch“, weiß die Expertin. Daher
sei man davon weggegangen und orientiere sich mittlerweile mehr an Werten.

Quelle: Schirl
Die Psychologin Christa Schirl rät, zum Jahreswechsel eine persönliche Bilanz zu ziehen.

Persönliche Werte identifizieren

„Ein Wert ist alles, was mir wertvoll und wichtig erscheint. Wenn ich das Ziel habe, eine neue Wohnung zu haben, dann kann ich den Wert definieren, indem ich mir bewusst mache, wozu ich sie nutzen will, wie ich mich dort fühlen werde. Ein Wert kann beispielsweise auch sein, Zeit für seine Enkel zu haben oder in der Natur zu verbringen, weil sie mir viel Kraft gibt“, sagt Christa Schirl.
Ein weiteres Beispiel: Statt des Vorsatzes fünf Kilogramm abzunehmen, empfiehlt die Expertin eine andere Definition: „Zum Beispiel ‚Ich will mich fit und gesund fühlen und ohne Probleme vier Stockwerke zu Fuß hochgehen können‘. Solche Werte lasse sich permanent verfolgen und sind nicht mit einem Mal erreicht.“

Wünsche nicht aus den Augen verlieren

Werte zu identifizieren ist eine bedeutende Aufgabe. Wer seine persönlichen Werte kennt,
der tut sich in der Folge auch leichter, Prioritäten zu setzen und letztlich sein Leben danach
auszurichten. „Das können auch ganz einfache Sachen sein wie öfter mal ein schönes Wochenende mit dem Partner zu erleben oder mit dem Rad in die Berge zu fahren. Man sollte diese Dinge einfach nicht aus den Augen verlieren, wenn sie einem wichtig sind“, sagt die Psychologin.

“Ziele sollten in der eigenen Kompetenz liegen, positiv formuliert werden und konkret sein.” – CHRISTA SCHIRL

Nach dem berühmten österreichischen Neurologen und Psychiater Viktor Frankl
gebe es drei Arten von Werten, wie Christa Schirl erläutert: „Erstens die schöpferischen
Werte, das kann zum Beispiel sein die Buchhaltung fertig zu machen, einen Kuchen zu
backen oder das Zimmer auszumalen. Zweitens die Erlebniswerte, wie zum Beispiel
frische Luft, ein Stück Sachertorte oder ein Theaterstück zu genießen. Zum dritten gibt es
die Einstellungswerte: Ist das Glas halb voll oder halb leer? Vermute ich immer gleich das
Schlechteste oder doch das Gute im Menschen?“, so die Linzerin. Letztere könne der
Mensch immer wählen und daran arbeiten – auch in Zeiten, in denen man zum Beispiel
krankheitsbedingt wenig erleben kann oder wenig schöpferisch tätig sein kann. „Werte
sind wie Sterne am Himmel. Wir können sie nie ganz erreichen, aber ihnen folgen. Sie
sind quasi ein inneres Leitbild für den Menschen“, so Schirl.

Ziele formulieren, die in eigener Kompetenz liegen

Wenn man Ziele formuliert, dann sollten sie in der eigenen Kompetenz liegen, positiv und
in der Gegenwart formuliert sein und auch konkret sein, betont die Psychologin. „Dann
macht man sich einen Plan mit Maßnahmen oder eine Checkliste, wie man dahin kommt.“
Man stelle sich am besten vor, das Ziel schon erreicht zu haben, um nachzuspüren, wie
man sich dann fühlt. „So wird versucht, die Menschen mit allen Sinnen dahin zu führen
und eine genaue Vorstellung zu haben“, erklärt die Linzerin.
Sie verweist auch darauf, dass bereits kleine Veränderungen Großes bewirken können.
„Gut ist es auch, mit einem stimmigen Zielbild zu arbeiten. Man hängt es so auf, dass man es gut sieht und verbindet sich dann mehrmals am Tag damit“, sagt Schirl.

Quelle: GINA SANDERS - STOCK.ADOBE.COM
Auch beharrliches Dranbleiben zählt.

Dranbleiben und immer wieder vornehmen

Wichtig ist: Man kann ein Ziel auch länger verfolgen. „Oft ist ein beharrliches Dranbleiben erforderlich. Es macht auch nichts, wenn man sich genau das schon öfter vorgenommen
hat, denn wenn ich es mir nicht mehr vornehme, ist es weg“, so Schirl. Dabei solle man immer nach seinen eigenen Werten gehen und nicht danach, was andere für gut halten. „Es sollte was sein, wo man selbst sagt, ich finde das wichtig, für mich hat das einen Wert.”

Häufige Wünsche

Folgende Vorhaben standen im Vorjahr in Österreich an der Spitze der häufig genannten
Neujahrsvorsätze: mehr Sport betreiben (27 %), eine gesündere Ernährungsweise (24 %) sowie abnehmen (22 %). Auch der Wunsch, sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen      (21 %), wurde in einer Umfrage häufig genannt, übrigens von Frauen deutlich häufiger als von Männern. Jeder Fünfte nahm sich schließlich auch vor, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.

- Bildquellen -

  • Christa Schirl: Schirl
  • Vorsatz zur Gesunden Ernährung: GINA SANDERS - STOCK.ADOBE.COM
  • Neujahresvorsatz: adobetock.com/bestforyou
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