Wie bio die USA wirklich sind

Nein, diesmal geht es nicht um das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, TTIP. Denn zwischen dem US-Biosektor und dem EU-Biosektor besteht bereits seit 2012 ein Abkommen. Die Standards in der Biolandwirtschaft werden seither gege

Nur ein Beispiel: 24 Prozent aller Karotten werden in den USA in Bioqualität gekauft. Der gesamte Biomarkt boomt. ©agrarfoto.com
Nur ein Beispiel: 24 Prozent aller Karotten werden in den USA in Bioqualität gekauft. Der gesamte Biomarkt boomt. ©agrarfoto.com
Die EU und die USA – um deren unterschiedliche Agrarmärkte zu verstehen, muss man verstehen, was die Konsumenten möchten. Während die US-Bevölkerung “immer offen für neue Produkte” aus aller Welt ist, wie es US-Botschaftsrätin in Wien, Kelly Stange, formulierte, so bleiben die Europäer lieber regionalen Produkten treu. “Wir sind besessen von unseren Regionen”, erklärte auch Rainer Haas, Professor für Marketing und Innovation an der Universität für Bodenkultur (Boku).
Ebenso unterschiedlich gestaltet sich ein Teil des Lebensmittelsektors, der in den vergangenen Jahren stetem Aufschwung unterlag und weiterhin liegt: bio – oder “organic”.

Biohandelsorganisation informiert über US-Markt

US-Botschafterin Alexa Wesner lud in ihre Residenz in Wien, um über die Biomärkte der EU und der USA zu diskutieren. ©U.S. Botschaft Wien
US-Botschafterin Alexa Wesner lud in ihre Residenz in Wien, um über die Biomärkte der EU und der USA zu diskutieren. ©U.S. Botschaft Wien
Ein Seminar über die US- und die EU-Biolandwirtschaft und Biomärkte führte Experten aus den USA und Österreich in der Residenz der US-Botschafterin Alexa Wesner vergangene Woche in Wien zusammen. Die US-amerikanische Biohandelsorganisation, Organic Trade Association (OTA), tourte durch Deutschland und Österreich, um über die Beziehungen der beiden Biomärkte zu diskutieren. Wien, als die Hauptstadt eines der führenden Länder in bio, stellte den abschließenden Höhepunkt dieser Tour dar.
Dabei galt es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem US- und dem EU-Biolandbau zu thematisieren. In den USA ist der Einsatz von Pestiziden, synthetischen Wachstumshormonen und auch gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Biobereich tabu. Der wesentliche Unterschied zur EU-Biolandwirtschaft besteht darin, dass auch Antibiotika verboten sind. In der EU dürfen Antibiotika in der Bionutztierhaltung unter bestimmten Voraussetzungen verabreicht werden, was vor allem bei der Milchproduktion von Bedeutung ist. Einige Milchproduzenten verzichten aber bereits gänzlich auf Antibiotika, um so einen Mehrwert für Konsumenten zu schaffen, berichtete das Informationsportal oekolandbau.de. Doch nicht alle Milchbauern würden das positiv sehen, so das Portal, schließlich sei es eine Frage des Tierwohls, kranke Tiere auch behandeln zu dürfen.

Zu lasch bei der Kennzeichnung von GVO

Ein anderer Unterschied zwischen den beiden Agrarmärkten ist der Umgang mit GVO. Erst kürzlich wurden auf einem Feld in den USA 22 GV-Weizenpflanzen gefunden, die nie zugelassen waren. Undenkbar in Österreich. Hier ist gesetzlich festgehalten, dass der gesamte Anbau ohne GVO erfolgt. Auch das neue Kennzeichnungs-System der USA für Produkte, die GVO enthalten, wurden von einigen als zu lasch kritisiert, vor allem weil sich die Kennzeichnung auf den Verpackungen hinter sogenannten QR-Codes verstecken wird. Das Gesetz wurde erst im Juli 2016 beschlossen. Bis es in Kraft tritt, werde es noch zwei Jahre dauern, erklärte Monique Marez, stellvertretende Direktorin für internationalen Handel der OTA. Bis dahin werde man versuchen, Unklarheiten zu bereinigen, so Marez. Die Angst vor mit GVO verunreinigten Lebensmitteln ist hierzulande jedenfalls groß.
Generell hält sich der Zuspruch zu amerikanischen Lebensmitteln in Österreich eher in Grenzen. Und vor allem im Biobereich passt die Idee der Nachhaltigkeit und einer Einfuhr von Produkten aus den fernen USA nicht zusammen, erklärte Haas. “Bio allein reicht nicht”, so der Boku-Professor. “Die Produkte müssen auch möglichst regional sein.”
Chancen beim Export in die EU hätten die US-Produzenten derzeit mit Produkten von geringer Verarbeitungsstufe, wie etwa Nuss-Snacks oder im Bioweinbereich. Die Angst vor einer großen Flut an US-amerikanischen Produkten, die etwa durch das Handelsabkommen TTIP in der EU befürchtet wird, sei also unbegründet, betonte US-Botschaftsrätin Stange.
Heimische und EU-Exporteure hätten hingegen gute Chancen auf dem US-Markt. Produkte aus der EU, wie beispielsweise Käse, werden in “den Staaten” als Delikatessen angesehen. Und der Markt wächst, so auch der Biomarkt. 2015 haben die US-Bürger 43 Mrd. US-Dollar (38,2 Mrd. Euro) für Biolebensmittel ausgegeben. 13 Prozent aller Obst- und Gemüsesorten wurden in Bioqualität gekauft. Biohandelsbeauftragte Marez betonte zudem: “Die Biomärkte in den USA und der EU sind keine Konkurrenten. Vielmehr können sie voneinander lernen.”

Der US-Biomarkt: Ein wachsender Markt, mit Chancen für EU-Produzenten

• Die US-amerikanischen Konsumenten gaben im Jahr 2015 mehr als 43 Mrd. Dollar (38,2 Mrd. Euro) für biologische Lebensmittel aus.
• In den USA wird weniger als ein Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche biologisch bewirtschaftet. Zum Vergleich: In Österreich beträgt der Bioanteil an den Flächen rund 20 Prozent
. • Bio ist in 75 Prozent aller Produktkategorien in den Supermarktregalen vertreten
. • Vor allem in urbanen Gebieten wird die Gruppe der “millennial parents” (Personen, die ungefähr zwischen 1980 und Mitte 1990 geboren wurden und nun selbst Eltern werden) das größte Wachstum für den Biosektor werden.
• 13 Prozent aller Gemüse- und Obstsorten werden in Bioqualität gekauft.

Eva Zitz

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