Damit man in Österreich erben kann, muss man gem. § 538 ABGB rechtsfähig und erbwürdig sein.
Die Erbunwürdigkeit ist eine Sanktion für schweres Fehlverhalten eines Erben und schließt ihn auch von der gesetzlichen Erbfolge aus. Dabei gibt es absolute und relative Erbunwürdigkeitsgründe, wobei relative Erbunwürdigkeitsgründe nur zum Tragen kommen, wenn der Erblasser den Grund für die Erbunwürdigkeit nicht kannte oder nicht in der Lage war, selbst durch testamentarische Verfügung eine Enterbung vorzunehmen.
Absolute Erbunwürdigkeit liegt vor,
- wenn der Erbe gegenüber dem Verstorbenen oder der Verlassenschaft eine strafbare Vorsatztat begangen hat, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;
- wenn der Erbe absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen zu vereiteln versucht, indem er beispielsweise Testamentsfälschung begeht.
Relative Erbunwürdigkeit liegt vor,
- wenn der Erbe gegen den Ehegatten oder nahe Verwandte des Verstorbenen eine strafbare Vorsatztat begangen hat, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- wenn der Erbe dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat;
- wenn die Pflichten, die zwischen Eltern und Kindern bestehen, gröblich vernachlässigt wurden.
Fragen zur Erbunwürdigkeit beschäftigen die Gerichte immer wieder, da oftmals schwierige Rechtskonstellationen damit verbunden sind, die oft auch überraschende Ergebnisse hervorbringen.
Erbunwürdigkeit nach Testamentsfälschung
Nach dem Tod ihres Ehegatten im Jahr 2019 hat eine Witwe ein Testament gefälscht, welches vom Verstorbenen 2017 eigenhändig errichtet worden wäre und nach dessen Inhalt sie seine Alleinerbin wäre. Damit sollte eine aus einer früheren Ehe stammende Tochter übergangen werden. Später hat die Witwe offensichtlich die Testamentsfälschung bereut und bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige eingebracht.
In erster und zweiter Instanz wurde die Erbunwürdigkeit der Witwe und damit das Alleinerbe der Tochter aus erster Ehe festgestellt. Die absichtliche Vereitelung der Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen liegt nämlich auch dann vor, wenn der Verstorbene kein Testament hinterlassen hat und durch die Handlung eines Erben die gesetzliche Erbfolge beeinträchtigt wird, etwa durch Fälschung oder Unterschiebung eines Testaments.
Im konkreten Fall hat der Oberste Gerichtshof in letzter Instanz die Entscheidung der Vorinstanzen aber noch einmal abgeändert. Aufgrund der Selbstanzeige der Testamentsfälschung bei der Staatsanwaltschaft steht nämlich die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts von einer versuchten strafbaren Handlung im Raum. Wenn die Selbstanzeige und damit der Rücktritt von der Straftat freiwillig erfolgt wäre, nicht etwa aus Furcht vor Entdeckung oder Strafe, besteht die Möglichkeit einer Strafbefreiung und würde auch keine Erbunwürdigkeit eintreten.
Der Oberste Gerichtshof hat hier dem Erstgericht weitere Feststellungen zur Freiwilligkeit der Selbstanzeige aufgetragen.
Erbunwürdigkeit nach Zugriff auf Vermögen
In einem weiteren Fall war die Erbunwürdigkeit einer Lebensgefährtin des Verstorbenen zu prüfen, die nach dem Ableben ihres Ehegatten das Bankschließfach ihres Lebensgefährten geräumt hat. Die Lebensgefährtin befand sich im Besitz eines Schlüssels zum Bankschließfach und wusste, dass sich ein Großteil der Sachen zum Zeitpunkt des Ablebens im Eigentum des Erblassers befunden hatte und in weiterer Folge den Erben zustehen würde. Der Oberste Gerichtshof hat hier ausgesprochen, dass eine unmittelbar zum Nachteil des Erblassers ausgeführte Tat nicht weniger erbunwürdig machen darf, als eine ganz vergleichbare Tat gegen die Verlassenschaft. Dabei sei aber das Familienprivileg des Strafgesetzbuches zu berücksichtigen, wonach die Strafdrohungen u. a. bei Unterschlagung, wenn sie zum Nachteil von nahen Verwandten und auch Lebensgefährten begangen wurde, auf drei bzw. sechs Monate verringert wird. Damit könnte die Grenze der für die Annahme einer Erbunwürdigkeit erforderlichen Strafdrohung von einem Jahr nicht erreicht werden.
Konsequenzen der Erbunwürdigkeit
Der OGH hat sich mit einer Patchwork-Familie auseinandergesetzt, bei welcher der 2021 verstorbene Erblasser fünf Kinder hatte, drei Töchter aus erster Ehe und zwei Söhne aus zweiter Ehe. Er war in zweiter Ehe aufrecht verheiratet. Ein Testament ist nicht erstellt worden. Die Töchter aus erster Ehe haben die Erbunwürdigkeit der Witwe vorgebracht. Diese habe den Erblasser vernachlässigt und ihm schweres seelisches Leid zugefügt, sie habe sich um ihren dementen und pflegebedürftigen Ehegatten nicht gekümmert und diesen letztlich samt Pflegern aus dem Haupthaus ausquartiert. Außerdem habe sie den Kontakt zu den Töchtern aus erster Ehe
unterbunden und auch den Erblasser durch offen zur Schau gestellten Ehebruch gedemütigt.
Vor Gericht war nunmehr die Frage zu klären, ob bei Erbunwürdigkeit der Ehegattin deren gesetzliches Drittel nur auf ihre eigenen beiden Söhne als gemeinsame Nachkommen von Erblasser und Witwe falle oder auf alle fünf Kinder gleichermaßen zu verteilen ist. Im Ergebnis hat das Höchstgericht festgehalten, dass auch nach dem Erbrechtänderungsgesetz 2015 eine Repräsentation eines erbunwürdigen Ehegatten nur durch dessen eigene Nachkommen nicht eingeführt wurde. Damit fällt die Erbportion der Witwe von einem Drittel im Fall der Erbunwürdigkeit eben nicht nur auf die gemeinsamen Kinder, sondern ist ihr Anteil auf alle gesetzlichen Erben des Verstorbenen aufzuteilen.
- Bildquellen -
- Hand Dreht Würfel Und ändert Das Wort “Sterben” In “Erben”.: Fokussiert – stock.adobe.com