Die Bundesrepublik Deutschland verfügt laut Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) über 16,6 Mio. Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Wie jüngst präsentierte Zahlen des renommierten Thünen-Instituts belegen, wird ein erheblicher Anteil davon bis 2030 nicht mehr für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehen. Mehr als 300.000 Hektar soll der Flächenverlust in den kommenden sieben Jahren betragen, sofern derzeit geltende, politische Planungen in Umsetzung gehen, so die Wissenschaftler.
300.000 Hektar weniger bis 2030
Rechnerisch bedeutet das eine Verdoppelung des Flächenverbrauchs von derzeit gut 50 Hektar auf 109 Hektar pro Tag. Den Löwenanteil hält die Berliner Ampelregierung dabei gemäß „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ für den Wohnungsbau und Verkehr bereit – immerhin 200.000 Hektar. Weitere 100.000 Hektar werde laut den Thünen- Forschern für den Ausbau erneuerbarer Energie, vor allem Freiflächen- Photovoltaik, benötigt. Auch geplante Renaturierungsmaßnahmen, wie wiedervernässte Moore, gehen in der landwirtschaftlichen Produktion verloren, teilt man mit.
Teuerung um 100 Prozent
Zugleich steigen die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen in der BRD ständig an. Im Vorjahr wurde erneut ein Rekordwert erreicht, wie Destatis in Wiesbaden kürzlich kundtat. Um satte 2.366 Euro hatten sich Agrarflächen im Vergleich zum Vorjahr verteuert. Im bundesweiten Schnitt mussten Bauern mit 31.911 Euro je Hektar rechnen. Damit überschritt der Durchschnittspreis erstmals die 30.000-Euro- Marke. Schon 2021 hatte sich Boden massivst verteuert, nämlich um mehr als 10 Prozent beziehungsweise 2.768 Euro je Hektar. Binnen zehn Jahren hat sich der Preis für Nutzfläche in Deutschland damit mehr als verdoppelt, so die Statistiker. 2013 kostete Ackerund Grünland im Schnitt noch 14.000 Euro.
Regional gibt es dabei freilich auch im nördlichen Nachbarland erhebliche Unterschiede. Am teuersten ist Boden in den viehstarken Veredelungsregionen des Nordwestens. So kostet ein Hektar Nutzfläche in Nordrhein- Westfalen 80.113 Euro. Allein im Vorjahr stiegen die Kaufpreise dort um knapp 10.000 Euro. In Niedersachsen sind Käufer mit 47.564 Euro dabei und im Freistaat Bayern legen Käufer durchschnittlich 76.626 Euro für einen Hektar hin. Deutlich günstiger wurde in Thüringen und Brandenburg verkauft, im Mittel um 12.000 Euro. Destatis notierte im Vorjahr außerdem deutlich reduzierte Flächenverkäufe. Rund 59.000 Hektar wurden veräußert, 11 Prozent weniger als 2021. Auch die Größe der verkauften Parzellen nahm ab. 1,79 Hektar umfassten veräußerte Feldstücke im bundesdeutschen Schnitt. Dennoch wurde beim Bodenkauf fast 1 Mrd. Euro mehr umgeschlagen als vor zehn Jahren, weiß man in Wiesbaden.
Pachtpreise steigen
Ebenso nach oben geht die Tendenz bei Pachtpreisen. 378 Euro pro Hektar zahlten deutsche Landwirte laut Angaben des Agrarministeriums in Berlin im Vorjahr. Damit verteuerte sich auch die Pacht um knapp 50 Prozent. Am teuersten ist diese erneut im Nordrhein- Westfalen, wo Bauern 563 Euro je Hektar zahlten, gefolgt von Niedersachsen mit 545 Euro. Die kräftigsten Zunahmen wurden unterdessen im ostdeutschen Mecklenburg-Vorpommern dokumentiert. Dort verteuerte sich Zupachtung innerhalb eines Jahres um satte 8 Prozent. Was den Anteil an gepachteter Fläche an der bewirtschafteten Fläche betrifft, so geht diese im Bundesschnitt stetig nach oben. Betriebe wachsen in der BRD somit vorwiegend durch Pacht statt durch Kauf, schrieb auch das Onlineportal Agrarheute kürzlich.
Verbraucher sichern Boden
Mit dem wachsenden Druck auf die Landwirte und ihren Boden nicht abfinden wollte sich die BioBoden Genossenschaft. 2015 aus einer Vorgängergesellschaft heraus gegründet, versucht die Genossenschaft Boden für die landwirtschaftliche Produktion zu erhalten, allerdings nur für Biobauern. Jasper Holler, Vorstand der Genossenschaft, erklärt das Konzept: „Engagierte Bürger werden bei uns Mitglied und zeichnen Genossenschaftsanteile. Mit dem Kapital können wir als Genossenschaft Land kaufen und dies dauerhaft und zu fairen Konditionen an Biolandwirte verpachten.“ Unter „fair“ wird dabei eine Pachtlaufzeit von 30 Jahren verstanden, welche sich alle zehn Jahre um weitere 30 Jahre verlängert. „So haben die Höfe eine langfristige Perspektive und Sicherheit“, betont Emma Baßner, Pressesprecherin der BioBoden. Bei der Pachtpreisfindung suche man dabei stets den Dialog, so Baßner, orientiere sich aber natürlich an den ortsüblichen Preisen.
4.000 Hektar für Bio-Produktion aufgekauft
Das Konzept scheint zu funktionieren, gut 4.000 Hektar Fläche für 77 Betriebe wurden bisher auf diese Weise gesichert. Möglich sei das nur wegen der knapp 7.000 Mitglieder, vorwiegend „urban lebende Menschen, die Interesse an einer zukunftsfähigen Landwirtschaft haben“, weiß Baßner. Die Landwirte selbst müssen dabei nicht Mitglied sein, wie Holler betont, „einige sind es aber trotzdem“. Große Gewinnausschüttungen dürfen sich BioBoden-Genossenschafter bei ihrer Investition allerdings nicht erwarten. „Die Rendite ist eine ökologische und eine soziale: eine fruchtbare und lebenswerte Zukunft mit gesunden Lebensmitteln“, so Emma Baßner. Auf Ausflügen oder bei Urlauben können sich die Teilhaber aber in Mitgliedershops der Partnerhöfe mit Bio-Produkten eindecken.
Jasper Holler: „Wir erhalten mehrere Anrufe pro Woche von Höfen, die nach einer Sicherung von Land durch uns fragen.“
Insgesamt stehe die BioBoden heute „durch die positiven Jahresergebnisse der vergangenen Jahre“ gut da. Alle Anfangsinvestitionen wurden getilgt und man verzeichnet eine positive kumulierte Jahresbilanz. Nichtsdestotrotz ist man bestrebt, weiter zu wachsen. Holler: „Wir erhalten mehrere Anrufe pro Woche von Höfen, die nach einer Sicherung von Land durch uns fragen.“ Deshalb freue man sich über jeden neuen Genossenschafter und ist auch im EU-weiten „AccesstoLand“- Netzwerk (zu Deutsch: Zugang zu Land) aktiv. Offenbar hat die Genossenschaft mittlerweile selbst Freude an der Öko-Landwirtschaft entwickelt. „Wir sind geschäftsbeherrschend bei drei Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern und unterhalten einen Hof in Brandenburg, insgesamt 2.300 Hektar“, so Pressesprecherin Baßner.
- Bildquellen -
- Luftbild Agrarlandschaft: MATHIAS WEIL - STOCK.ADOBE.COM