Gute Deckungsbeiträge und dennoch abnehmende Anbauflächen. Auf diese paradoxe Situation des Rapsanbaus hat Helmut Feitzlmayr, Leiter der Abteilung Pflanzenbau der LK Oberösterreich, in seinem Vortrag bei den Österreichischen Pflanzenschutztagen Ende November in Wels hingewiesen. Anhand des Beispiels Raps hat Feitzlmayr die Grenzen des integrierten Pflanzenschutzes aufgezeigt.
Erdflöhe nehmen zu, der Anbau nimmt ab
Gerade der Raps wäre durch die Attraktivität der Pflanze für Schadinsekten und der praktikablen Befallskontrolle mittels Gelbschale ein Musterbeispiel für den integrierten Pflanzenschutz. Mit dem Wegfall der Neonicotinoide als Beizmittel fehlt seit dem Jahr 2013 aber ein wesentlicher Baustein des integrierten Pflanzenschutzes. Da gegen stark ertragsmindernde Schädlinge, insbesondere den Erdfloh, keine wirksamen alternativen Mittel zur Verfügung stehen, ist eine klare Bekämpfungsstrategie über Warndienstmeldungen nicht mehr möglich. Feitzlmayrs Fazit: „Der Erdfloh nimmt zu, der Rapsanbau nimmt ab.“
Erntemenge mehr als halbiert
Wie drastisch sich das Verbot der Neonic-Beizen auf den Rapsanbau ausgewirkt hat, zeigt ein Blick in die Statistik. Von ehemals rund 56.000 ha in der Saison 2013/14 sind 2022/23 nur noch 26.000 ha übrig. Die jährliche Erntemenge ist im selben Zeitraum von 198.000 t auf 86.000 t um mehr als die Hälfte (minus 57 %) zurückgefallen. In der EU hat die Rapsproduktion von knapp 25 Mio. t im Jahr 2015 bis 2020 um etwa 10 Mio. t abgenommen, in den zurückliegenden drei Jahren gab es hier aber eine Trendumkehr, durch die etwa die Hälfte des Produktionsrückgangs wieder aufgeholt werden konnte.
Die Lücke beim Pflanzenschutz hat in Österreich auch sinkende Rapserträge zur Folge. Feitzlmayr kann dies mit Auswertungen durch 540 Ackerbau-Arbeitskreisbetriebe in Oberösterreich nachweisen. Ausgehend von etwa 40 dt/ha im Jahr 2014 ist der Hek-
tarertrag bis 2022 im Schnitt jährlich um etwa 36 kg/ha zurückgefallen. Bei alternativen Kulturen wie Weizen (+13 kg/ha), Gerste (+77 kg/ha) und Soja (+102 kg/ha) standen dem durchwegs Ertragssteigerungen gegenüber.
Vergleichsweise hoher Deckungsbeitrag
Umgelegt auf Markterlöse ist es jedoch bemerkenswert, dass der Winterraps im mehrjährigen Mittel (2017 bis 2021) die deckungsbeitragsstärkste Kultur war, im Vergleich zu Sojabohne, Wintergerste und Winterweizen. Dennoch sagen laut Feitzlmayr viele Landwirte zum Rapsanbau: „Das tu ich mir nicht mehr an!“ Vor allem in Ballungsräumen, wo die Bevölkerung kritisch zum Pflanzenschutz eingestellt ist, zähle dieses Argument.
Statt Raps werde deshalb vielfach Sojabohne angebaut. Die Sojafläche in Österreich habe sich von 2013/14 bis 2022/23 auf 87.000 ha verdoppelt. Die Landwirte schätzen das gute Sortenmaterial bei der Sojabohne, zudem sei Soja im Vergleich zu Raps eine Low-Input-Kultur.
Blütenbehandlungen möglichst vermeiden
Landwirten, die dem Rapsanbau treu bleiben, empfiehlt Feitzlmayr, die Beratungsempfehlungen des Pflanzenschutzwarndienstes zu nutzen, ergänzt um eigene Beobachtungen. Behandlungen sollten außerhalb der Bienenflugzeit erfolgen, generell sollten bienenungefährliche Produkte zum Einsatz kommen. Eine weit gestellte Fruchtfolge kann den Befallsdruck geringer halten.
Zu den seit Dezember 2013 verbotenen Neonic-Beizen gibt es wirkungsschwächere Alternativen. Möglich ist die Beizung von Rapssaatgut mit Lumiposa (Wirkstoff: Cyantraniliprole) und mit Buteo Start (Flupyradifurone). Da diese Produkte in Österreich nicht zugelassen sind, muss die Beizung in EU-Nachbarstaaten erfolgen.
Gegen den Erdfloh wirken die Beizen allerdings nur kurz – bis zum zweiten Laubblatt-Stadium. Ab zehn Prozent Blattflächenverlust werden synthetische Pyrethroide (Trebon 30 EC, Mavrik Vita) eingesetzt, die allerdings nur die Käfer erfassen und nicht die in die Blattstängel eingebohrten Larven. Gegen die Larven ist eine Spritzung der Mittel Mospilan 20 SG und Carnadine (Wirkstoff Acetamiprid) zugelassen. Allerdings ist hier eine vollständige Wirkung nur schwer zu erzielen. Im Frühjahr ist eine Bekämpfung meist nicht mehr möglich. Frustrierend für die Landwirte ist, dass statt eines Minimaleingriffs mittels insektizider Beize mehrere Spritzungen notwendig sind.
Neonic-Raps ist weiter auf dem EU-Markt
Die EU hat bei pflanzlichen Ölen nur etwa 30 bis 40 Prozent Eigenversorgung. Die Importmenge an Rapssaat in die EU beträgt jährlich zwischen 5 und 7 Millionen Tonnen. Hauptlieferländer sind Australien, Kanada und die Ukraine. Letztere ist im laufenden Jahr bisher der dominierende Lieferant. Sämtliche Lieferländer setzen weiter auf die in der EU verbotene Neonic-Beize. Ein rascher EU-Beitritt der Ukraine könnte auch dort zu einem Neonic-Verbot führen, was aber eine spekulative Annahme sei so Feitzlmayr. Statt die Eigenversorgung zu forcieren, setze die EU mehr auf Importe von Palmfett, Soja-, Raps- und Sonnenblumenöl. Weltweit ist der Rapsanbau im Steigen. In der EU hat er sich vom Verbot der Neonic-Beizen nicht mehr erholt.
- Bildquellen -
- 2349 W Rapserdfloh: agrarfoto.at