Für den Energiekonzern OMV bleibt der russische Gashahn vorerst zu. Experten rechnen beim Mineraldünger mit keiner Verknappung, aber steigenden Preisen.

Mitte November informierte die OMV Handelssparte die Öffentlichkeit, dass der staatliche russische Erdgasanbieter Gazprom seine Gaslieferungen trotz aufrechter Verträge mit dem langjährigen Kunden aus Österreich einstellt. Dem vorangegangen war das Urteil eines Schiedsgerichts, das der OMV 230 Millionen Euro Schadenersatz von Gazprom zugestand. Der heimische Energiekonzern gab daraufhin bekannt, die Summe über eine Einstellung der Zahlungen nach Russland eintreiben zu wollen.

Viel wurde in den Gazetten über die Gasversorgung der Privatkunden berichtet. Diese ist, laut Energieministerium und Regulierungsbehörde E-Control, jedenfalls gesichert. Doch wie steht es jetzt um die Versorgung der Düngerindustrie, die speziell für die sehr energieintensive Herstellung von Stickstoffdüngern auf Erdgas angewiesen ist?

Versorgungssicherheit gewährleistet

Österreichs einziger Stickstoffdünger-Hersteller, LAT Nitrogen (vormals LAT Borealis), der seit 2023 zum tschechischen Agrofert-Konzern gehört, gibt auf Nachfrage Entwarnung: „In puncto Gaslieferungen verfügen wir über diversifizierte Lieferanten, um die Versorgungssicherheit mit Mineraldüngern in Österreich zu gewährleisten.“ Das gilt laut Andreas Hochgerner, Leiter der Abteilung Düngemittel in der Raiffeisen Ware Austria, auch für andere Hersteller: „Die Düngerproduzenten kaufen Gas am freien Markt.“ Dort sei der Anteil an alternativen Gasquellen, etwa Flüssiggas, traditionell deutlich höher.

Nervöser Gasmarkt, wenig Düngerabsatz

Sehr wohl mit Auswirkungen sei aber an der Preisfront zu rechnen. Denn die Prognosekurve für Erdgas zeigt auf den Terminmärkten, etwa an der Europäischen Energiebörse in Leipzig, im kommenden Jahr konsequent nach oben. Bekanntlich läuft mit 1. Jänner auch der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine aus. Zwar führt die EU-Kommission Gespräche mit Aserbaidschan, um die dann fehlenden Mengen zu puffern. Bei LAT Nitrogen rechnet man aber bei alternativen Lieferanten jedenfalls mit höheren Preisen. „Aus heutiger Sicht deutet vieles darauf hin, dass höhere Gaspreise zu weiteren Düngemittel- Produktionseinschränkungen in Europa führen werden.“ Dies sei insofern problematisch, da die Nachfrage diesen Herbst im Vergleich zu den Vorjahren sehr gering sei.

Hochgerner: „Steigende Gaspreise ziehen steigende Preise bei Stickstoffdüngemitteln nach sich.“ 

Das bestätigt auch Andreas Hochgerner vonseiten der Händler: „Seit Mitte August ist die Düngernachfrage durch die Bauern sehr überschaubar.“ Viel Dünger sei bereits zu Beginn der Einlagerungssaison gekauft worden. „Die Einlagerungsquote bei Stickstoffdünger ist aber heuer deutlich geringer als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.“ Vor dem Hintergrund des Gaspreis-Trends warnt er: „Steigende Gaspreise ziehen steigende Preise bei Stickstoffdüngemitteln nach sich.“ Eine Preisrallye wie 2022 schließt der Marktkenner aber eher aus.

LAT-Nitrogen: „Jetzt alles auf fallende Gas- und Düngemittelpreise zu setzen, könnte sich als teurer Fehler erweisen.“

Jenen Bauern, die bisher keinen Dünger gekauft haben, rät Hochgerner nun dringend, „zumindest die erste Gabe zu decken und sich so die Warenverfügbarkeit zu sichern“. Ähnliches empfiehlt man auch bei LAT-Nitrogen: „Jetzt alles auf fallende Gas- und Düngemittelpreise zu setzen, könnte sich als teurer Fehler erweisen.“ Und das Unternehmen muss es wissen: Derzeit wird in Linz nämlich evaluiert, ob Produktionsanlagen durch die schwächelnde Nachfrage nach Wartungsarbeiten heuer erst verspätet den Betrieb aufnehmen sollen. Das derzeit ausbleibende Kaufinteresse berge „gewisse Risiken für die logistische Situation im Frühjahr“.

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  • Gasspeicher Haidach: SPITZI-FOTO - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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