Nur das wenige Zentimeter dicke Holztor trennt den Biohof Maurer vom Treiben der Millionenstadt. Schreitet man durch dieses, kann man seinen Augen kaum trauen. Man hört das Quicken von Schweinen, das Gemecker von Ziegen und der Duft nach frischem Heu tritt einem in die Nase. Der Hof, am Stadtrand des 21. Wiener Gemeindebezirks Floridsdorf, gehört Bauer Andreas Maurer und seiner Familie. Übernommen hat er diesen Traditionsbetrieb vor einigen Jahren. Dessen Geschichte geht bis ins 17. Jahrhundert zurück.
Nach seinem Studium der Nutztierwissenschaften an der Universität für Bodenkultur in Wien stellte der heute 33jährige Jungbauer den mittlerweile 40 Hektar großen Betrieb auf Bio um. Auch ein neuer Stall für die Schweine wurde gebaut. „Weil meine Frau Tierärztin ist, haben wir zudem entschieden, unseren Tierbestand zu erhöhen“, erzählt der Landwirt. Neben den zwei Katzen und dem Hofhund finden sich mittlerweile 22 Zuchtsauen, ein Eber, unzählige Ferkel, mehr als 400 Hühner sowie fünf Ziegen am Biohof Maurer.
Deren Futter produziert der Landwirt auf seinen Äckern selbst: Körnererbse, Gerste, Triticale, Soja und Mais werden geschrotet, vermengt und getrocknet per Hand an die Tiere verfüttert.
Schweinezucht im urbanen Gebiet
Seit vier Jahren tummeln sich nun schwäbisch-hällische Landschweine im Stall. Diese Rasse zeichnet sich vor allem durch die beste Fleischqualität und gute Eigenschaften der Muttertiere aus. Die Zucht der Ferkel erfolgt noch über Natursprung. „Im Durchschnitt haben wir jährlich 320 Ferkel“, so der 33- Jährige. Die meisten Jungschweine werden ab 35 Kilogramm weiterverkauft. Einige werden auch am Betrieb in Leopoldau gemästet und später auf einem Nachbarhof geschlachtet. Deren Fleisch wird entweder für den Eigenverbrauch zu Würsten oder auch Speck veredelt oder rund um die Uhr via Automaten in einer Seitengasse des Hofes verkauft.
“Teilweise verzeichnen wir Verkäufe sogar um 3 Uhr nachts.“
Andreas Maurer
Dort können Floridsdorfer Konsumentinnen und Konsumenten auch Eier der etwa 440 Hennen neben weiteren Produkten anderer Biobauern angeboten. „Wir sind mit dem Absatz sehr zufrieden. Teilweise verzeichnen wir Verkäufe sogar um 3 Uhr nachts.“ Für die Vermarktung seiner Hofprodukte sei wohl auch die Hoflage in der Stadt ein Vorteil, meint Maurer, „denn unsere Kunden wohnen praktisch vor der Haustür“.
Erlebnis Bauernhof
Bis zu 90 Schulklassen und Kindergartengruppen besuchen seien Biohof jedes Jahr, freut sich der Stadtlandwirt. Diesen einen Bezug zur Landwirtschaft zu vermitteln gehört damit ebenfalls zum Job. „Wir erzählen ihnen das Wachstum vom Ferkel zur Sau oder Eber und erläutern mit praktischen Beispielen die Funktion der landwirtschaftlichen Kreislaufwirtschaft.“ Bei den Stadtkindern besonders beliebt sind natürlich die fünf Streichel-Ziegen. Diese möchte Maurer künftig auch als „Bodyguard“, sprich Beschützer, seiner Hühner vor dem Fuchs einsetzen.
Ackern in der Stadt
Die Anzahl von Bauernhöfen wie seinem in Großstädten wie Wien schrumpft seit Jahrzehnten. Für Andreas Maurer ist deshalb die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Wien essentiell: „Wir haben Pachtflächen, die der Stadt gehören und auf die wir angewiesen sind. Daher lege ich auch Wert auf regelmäßige Kontakte zu den Magistratsabteilungen. Damit diese auch wissen, was wir auf ihren Flächen machen und wie wir diese bewirtschaften.“ Denn das Begehren um Flächen für Baugründe ist enorm und so verlieren die Stadtlandwirte immer öfter solche Pachtflächen. Gerade als auf Futterflächen angewiesener Tierhalter ist das auch für Maurer eine große Herausforderung.
Probleme mit den Nachbarn habe der Biobauer indes keine. „Im Gegenteil, unsere Hühnerweide im Freiland wirkt auch wie ein Kindermagnet“. Auch der stets durchlüftete Offenstall in Verbindung mit dem alleinigen Einsatz von Stroh als Einstreu sorgt nur für eine geringe Geruchsentwicklung. Weniger Verständnis zeigen die Anwohner dagegen für seine Ackerflächen. „Ein Weizenfeld sieht im Frühling wie eine Wiese aus. Für viele Hundebesitzer ist das offenbar wie eine Einladung zum Durchspazieren. Da fehlt öfters das Wissen, aber auch der Respekt für unser Tun“, sagt der Biobauer.
Für seinen Betrieb ist Andreas Maurer dennoch zuversichtlich: So will er die Hühnerzahl verdoppeln. Angedacht ist auch ein eigener Schlachtraum. All das unter dem besonderen Fokus auf das Tierwohl. Denn was den Konsum speziell von Fleisch angeht ist der Biolandwirt durchaus differenzierter Ansicht: „Wir Menschen nehmen uns das Recht heraus, Tiere zu nutzen, obwohl wir es eigentlich nicht müssten, weil wir uns auch vegetarisch ernähren könnten. Weil wir es dennoch tun, ist mir eine artgerechte Haltung meiner Schweine und Hühner wichtig.“
- Bildquellen -
- Biohof Maurer: Berger/BZ