Die abschließende Veranstaltung von Forum Land im letzten Jahr stand ganz im Zeichen des Klimas. „Von den Auswirkungen des Klimawandels sind wir alle betroffen, wie man auch in Österreich in diesem Jahr ganz klar gesehen hat. Von den Überschwemmungen in Niederösterreich bis hin zu Hagelschäden in der Landwirtschaft – der Klimawandel geht uns alle etwas an“, so die einleitenden Worte von Forum Land-Landesobmann Hermann Gahr. Der Gebirgsforscher Dr. Wolfgang Gurgiser von der Universität Innsbruck ist Koordinator des Forschungsschwerpunktes Alpiner Raum und zieht Bilanz über das vergangene Jahr.
Wachstumsschub durch Wärme
„Im Jänner war es, nach einer eher winterlichen Phase, bereits feucht und warm mit Tagesmitteltemperaturen um zehn Grad. Das ist sehr ungewöhnlich und passt nicht zur Jahreszeit. Das löste in kurzer Zeit eine starke Schneeschmelze aus, die niedrige Skigebiete in diesem Jahr selbst in schattigen Bereichen zum ersten Mal gefordert hat. Im Februar kam es zu massiven Abweichungen von plus sechs Grad im Vergleich zum Mittel in ganz Tirol – da waren einige Talabfahrten nicht mehr zu halten. Auch die Obstbäume reagierten auf diese Temperaturen und begannen zu wachsen“, leitet Gurgiser ein.
Ende März bis Anfang April war man mit Temperaturen konfrontiert, die typischerweise zum Juni passen: Sehr hohe Tagesmittelwerte von über 20 Grad begünstigen einen massiven Wachstumsschub für die Vegetation. Sehr viele überdurchschnittlich warme Tage und ein Kälteeinbruch im April erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Frostschäden, die sich in Tirol aufgrund großteils bewölkter Nächte in Grenzen hielten. Es folgt ein überdurchschnittlich warmer, aber über weite Strecken nicht extremer Sommer. Die Bilanz für die Landwirtschaft: Relativ guter Niederschlag bis Mitte August, dann eine kurze, heiße Periode, Wasserknappheit ist Großteils kein Thema. Anders stellen sich die Auswirkungen auf Gletscher dar. Über die Gesamtfläche sind trotz sehr großen Schneemengen im Winterhalbjahr ca. 1.000 Kilogramm Eis pro m² verloren gegangen.
Steigende Schäden zu erwarten
Zwei neue, negative Temperaturrekorde hebt Wolfgang Gurgiser als größte Auffälligkeit hervor: „Das ist absolut außergewöhnlich und ich hätte mir nicht gedacht, dass das noch möglich ist. Die Konsequenzen daraus sind Lawinengefahr und große Schneemengen im September, die schlussendlich auch zu den frühzeitigen Almabtrieben geführt haben. Glücklicherweise ist das überall rechtzeitig gelungen.“ Zu erwähnen sei auch der Felssturz am Pitztaler Gletscher. Gesichert ist, dass warme Temperaturen im Sommer und im Herbst dazu führen, dass Permafrost sich nicht neu bilden bzw. regenerieren kann und das Gestein nicht mehr zusammenhält – ohne gefrorenes Wasser ist die Stabilität geringer.
Auch das Hagelunwetter in Schwoich Anfang Juni war aufgrund der Intensität ein außergewöhnliches Ereignis. Warme Luftmassen aus dem Süden und Annäherung einer Kaltfront bewirkten das Unwetter.
Bis Mitte August vermeldete die Hagelversicherung bereits 200 Millionen Euro an Schäden, in den Schatten gestellt wurde diese Summe durch die großflächigen Überschwemmungen in Niederösterreich. „Die wertmäßigen Schäden steigen generell stark, wenn Wohn-, Industrie- und Gewerbegebiete betroffen sind. Global belaufen sich die Schäden 2024 auf etwa 300 Milliarden Euro. Versichert waren davon allerdings nur 135 Milliarden. Diese Summe liegt über dem Schnitt der letzten Jahre, Experten gehen von einer weiteren Steigerung der Schadenssummen aus. Generell gilt: Der Klimawandel ist eine Tatsache, auch wenn diese in letzter Zeit wieder öfter angezweifelt wird. Meine Empfehlung ist, sich an Fakten zu halten, denn gute Entscheidungen für die Zukunft können nur auf Fakten basieren“, so Wolfgang Gurgiser abschließend.
- Bildquellen -
- Wolfgang Gurgiser 2024: Christian Lamprecht
- Csm 20240918 Feuerwehr Tirol NOE 1 9cfa334dee: Landesfeuerwehrverband Tirol