Die deutsche Schweinebranche steht einer bisher noch nie dagewesenen Herausforderung gegenüber. Die Corona-Krise am Markt und Afrikanische Schweinepest (ASP) bei sechs Wildschweinen verursachen allerdings nicht nur in der BRD Kopfzerbrechen und tägliche Millionenverluste, auch die internationalen Auswirkungen sind gigantisch. Praktisch das gesamte Exportvolumen Deutschlands nach Asien ist weggebrochen und muss nun längere Zeit am Binnenmarkt untergebracht werden. Da dieser schon bisher reichlich versorgt war, können die alternativen Absatzwege nur mittels billigem Preis gefunden werden. Mit dem Notierungsrückgang von 20 Cent in Deutschland wurde bereits die erste für Erzeuger unangenehme Duftmarke gesetzt. Die Mengen- und Preisdruckwelle zeigt auch in den übrigen EU-Ländern Wirkung. Besonders betroffen ist Belgien, das selbst wegen ASP-Wildschweinen für Exporte Richtung Asien gesperrt ist und nunmehr auch kaum Ware Richtung Deutschland absetzen kann. EU-Länder wie Holland, Dänemark, Frankreich und Spanien hoffen nun, das aktuell lukrative Chinaexportgeschäft ausbauen zu können und auf diese Weise in ihren Ländern einen Preisverfall zu verhindern.
Auch in Österreich beherrscht das deutsche ASP-Problem die Diskussion in der Branche. Wie bei Verunsicherung am Markt üblich, steigt das Schlachtschweineangebot schlagartig, während auf Abnehmerseite verhaltenes Taktieren einsetzt. Einerseits besteht im Fleischhandel kein besonderes Interesse die Preise zu drücken, da dies auch auf Kosten von Spannen und Umsatz geht. Andererseits wird auch versucht, im Wettbewerb mit internationalen Mitbewerbern weder Kunden noch Marktanteile zu verlieren, was aktuell nur mit Preiszugeständnissen gelingt. Definitiv hilfreich ist die Nachfrage der China-Exportbetriebe, die darauf hoffen, vom Ausfall Deutschlands zu profitieren. Vor diesem Hintergrund konnte man sich an der Ö-Börse zu einer Kompromissnotierung von –8 Cent einigen.
Preise KW 38-39 (Marktbericht vom 17. September 2020):
Mastschweine-Notierungspreis: 1,50 Euro (–0,08)
Berechnungsbasis: 1,40 Euro
Zuchten-Notierungspreis: 1,18 Euro (–0,05)
Berechnungsbasis: 1,08 Euro
Dr. Johann Schlederer