Trotz oder auch dank massiver Preissprünge bei Energie und Rohstoffen als Folge des Ukraine-Krieges hat Österreichs größtes Agrarhandelshaus, die Raiffeisen Ware Austria, im vergangenen Jahr ein außerordentliches Geschäftsergebnis erzielt.
Laut RWA-Generaldirektor Reinhard Wolf wurde der Konzernumsatz erstmals auf 4,03 Mrd. Euro gesteigert, ein Plus von 19 Prozent. Das Ergebnis vor Steuern beträgt 54,2 Mio. Euro. 2021 erzielte man 28,4 Mio. Euro. 2022 sei alles andere als banal verlaufen, so Wolf, speziell im Agrarbereich, jener Sparte, die mehr als die Hälfte des Konzerngeschäfts dominiere. Der Raiffeisen-Manager: „Landwirtschaftliche Betriebe haben für ihre Produkte zwar gute Erlöse erzielt, wir alle waren aber auch mit hohen Kosten konfrontiert.“ Enorme Preissprünge habe man bei Dünger und Treibstoffen erlebt, auch bei Getreide und Ölsaaten. Gleichzeitig galt es bei Verknappungen weiterhin lieferfähig zu bleiben. Das habe bei der RWA die Preisrisiken und den Finanzierungsaufwand erhöht. Dennoch habe man stets die Versorgung der Landwirte mit Saatgut, Dünger, Treibstoff und anderen Betriebsmitteln sicherstellen können. „Jenen, die uns stets verlässliche Partner waren, waren wir nun ein ebensolcher.“
Strategische Weichen wurden auch in Krisenzeiten gestellt: 2022 durch Übernahme des größten Mischfutterherstellers am Balkan, der Firma PatentCo in Serbien, durch Baubeginn einer Getreideaufbereitung ebendort in Novi Sad oder Lagersilos in Rumänien und der Slowakei nahe der Grenze zur Ukraine, um von dort, wie von der UNO oder der EU für die globale Ernährungssicherheit gewünscht, bisher rund 50.000 t Getreide über den Grünen Korridor zu übernehmen. Generell tragen die acht RWA-Töchter in Mittel- und Osteuropa mittlerweile zu rund einem Viertel vom Gesamtumsatz des Konzerns bei.
In Österreich habe sich derweil das Geschäft mit Landtechnik auch mit der Exklusivmarke John Deere „auf gutem Niveau“ normalisiert, bei Traktoren über 150 PS sei das Lagerhaus TC Marktführer. Herausfordernd sei das Geschäft mit Dünger (nach teils Vervierfachung etwa der Stickstoffpreise) wie auch mit Pflanzenschutzmitteln. Vor allem das Verbot oder baldige Auslaufen von Zulassungen verschiedener Wirkstoffe beobachtet der Agrarmanager mit Sorgenfalten auf der Stirn: Das Aus für Neonic-Beizen bei Raps habe zu einer Beinahe-Halbierung der Anbauflächen dieser Kultur in Österreich geführt. „Deshalb ist Speiseöl aus Raps mittlerweile dreimal so teuer, weil mittlerweile auch vorübergehende Ukraine-Importe fehlen.“ Ähnliches drohe möglicherweise bei Ölkürbis. Für rund ein Dutzend Wirkstoffe laufen die Zulassungfristen teils heuer, spätestens in ein bis zwei Jahren aus. „Wir haben mittlerweile sogar Zulassungsprobleme bei Beizen für die Biolandwirtschaft“, warnt Wolf.
Als laut eigenen Angaben größter Projektentwickler für Photovoltaikanlagen im Land (derzeit sind mit Unterstützung der RWA Projekte insgesamt über 40 MW in Umsetzung) ist Wolf auch mit dem Ausbau am Sektor Erneuerbare Energien wenig zufrieden: „Da ginge mehr. Limitierender Faktor ist der Netzzugang. Das könnte deutlich schneller gehen.“
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- Wolf: Weber