Roller-Crimper-Saat in der Marktgärtnerei

Bei Ackerkulturen ist die Direktsaat in gequetschte Deckfrüchte, die „Roller-Crimper-Methode“, ein aktueller Trend. Marktgärtner Klaus Schmid aus Niederösterreich hat das Verfahren für seinen Bio-Intensivgemüsebau adaptiert und zeigt den Anbau von Zucchini in Roggenmulch.

Die Zucchini wurden direkt in den niedergedrückten und für vier Wochen abgedeckten Roggenbestand gepflanzt.

Direktsaat in Roggen-mulch. Was im großflächigen Ackerbau funktioniert, kann auch im kleinteiligen, biointensiven Gemüsebau der Marktgärtnerei vorteilhaft sein. Dabei wird im Herbst eine winterharte Begrünung gesät, die möglichst viel Biomasse bildet (etwa Grünschnittroggen oder Waldstaudenroggen).

Begrünung quetschen, nicht schneiden

Die Begrünung wird im folgenden Frühjahr zum Zeitpunkt der Blüte mit einer speziellen Quetschwalze (Crimper) niedergedrückt und mehrmals geknickt, um den Saftstrom der Zwischenfrucht zu unterbrechen und die Pflanzen absterben zu lassen. In derselben Überfahrt wird mit der Direktsaatmaschine im Heckanbau das Saatgut von Soja, Linsen oder Mais in den Boden geschlitzt. Ab diesem Moment gilt es nur noch abzuwarten, denn eine mechanische Beikrautregulierung ist aufgrund der entstandenen Mulchauflage nicht mehr möglich bzw. erforderlich. Im Bio-Landbau dürfen chemisch-synthetische Herbizide ohnehin nicht eingesetzt werden. Soweit das Prinzip aus dem Ackerbau, das hierzulande nun auch in den Kleinflächen des biointensiven Gemüsebaus erprobt wird. Ursprünglich entwickelt wurde die Methode am US-amerikanischen Rodale Institute, einer der weltweit ersten Forschungseinrichtungen für biologischen Landbau. Das Ziel war es, eine Form der Direktsaat für den Bio-Ackerbau zu entwickeln, die ohne Herbizide funktioniert.

Zucchini und Brokkoli in Mulchsaat

Marktgärtner Klaus Schmid von der Klauserei in Trumau bei Baden nahe Wien hat die Idee für die besonderen Bedingungen seiner Betriebsweise übersetzt. Statt mit einer am Traktor geführten Walze drückt er seinen Roggenbestand mithilfe seines eigenen Körpergewichts zu Boden. Um sicherzugehen, dass der Roggen auch ohne schwere Walze und entsprechendem Knick-Effekt verlässlich abstirbt, hilft er mit Silofolie nach. Und statt der Direktsaat von Soja oder Mais werden langstehende Kulturen wie Zucchini oder Brokkoli direkt in die entstandene Mulchschicht gepflanzt.

Schritt für Schritt: So macht es Schmid

• Zuvorderst wählt er Beete aus, die weitgehend frei von Wurzelunkräutern wie Quecke, Distel, Giersch oder Löwenzahn sind. Sie würden selbst durch die dichteste Mulchauflage durchwachsen und können dann nur händisch und mit viel Aufwand entfernt werden. Samenunkräuter sollten gründlich gejätet werden.

• Anschließend düngt er die Beete mit Kompost, der oberflächlich ausgebracht wird. Zum Teil nutzt bereits der Roggen die Nährstoffe, der größere Teil steht im folgenden Frühjahr rechtzeitig der Folgekultur zur Verfügung (etwa Zucchini oder Brokkoli). Das ist wichtig, damit das eher weite C/N-Verhältnis des Roggens zu keinem Stickstoffmangel bei der Folgekultur führt.

Quelle: Klaus Schmid
Roggen-Begrünung mittels Jang-Seeder etwa Mitte September in Dichtsaat. Auf den Gehwegen wurde Inkarnatklee eingesät.

• Die Aussaat der Begrünung (Waldstaudenroggen oder Grünschnittroggen) erfolgt etwa Mitte September in fünfreihiger Dichtsaat mittels Jang-Seeder. Möglich wäre auch eine händische Breitsaat. Die Saat­stärke sollte hoch sein, damit der Bestand dicht genug wird. Waldstaudenroggen kann auf diese Weise im Frühjahr zwei bis drei Meter hoch werden und bildet entsprechend viel Biomasse, die dann als Mulch zur Verfügung steht.

• Der gewitzte Gärtner sät zusätzlich noch Inkarnatklee auf die Wege.

Quelle: Klaus Schmid
Der Bestand kurz vor der Blüte im Frühjahr. Dies ist auch der richtige Zeitpunkt zum Niederdrücken.

• Sobald der Roggen die Milchreife erreicht (kurz nach dem Pollenflug Ende Mai bis Anfang Juni), drückt Klaus ihn um. Dazu nutzt er eine kaputte Breitgrabegabel („Broadfork“), bei der die Zinken abgebrochen sind. Eine Alternative wäre ein Holzbrett, das mittels Seilen wie eine Ackerschleppe Schritt für Schritt über den Bestand gezogen und mittels Körpergewicht niedergedrückt wird.

Quelle: Klaus Schmid
Als Quetschwerkzeug verwendet Klaus Schmid eine angepasste Breitgrabegabel.

• Damit der umgedrückte Roggen sicher abstirbt, deckt ihn Klaus für rund vier Wochen mit einer Silofolie ab. Die dunkle Seite der Folie zeigt nach oben zur Sonne, um eine stärkere Erwärmung zu erreichen. Die Folie wird an den Rändern und in der Mitte beschwert, damit sich die Roggenpflanzen nicht mehr aufrichten können.

Quelle: Klaus Schmid
Damit die gequetschten Roggenpflanzen sicher absterben, werden sie noch etwa vier Wochen lang mittels Folie abgedeckt.

• Die Abdeckfolie hält die Beete auch unkrautfrei. Nach dem Abdecken ist eine optimale Mulchauflage vorhanden. Die Pflanzung der Kulturen erfolgt händisch direkt in die entstandene Mulchschicht – mit der Handschaufel oder mit einem kleinen Erdbohrer für den Akkuschrauber. Generell empfehlen sich Kulturen mit weiten Abständen und längeren Standzeiten – beispielsweise ein zweiter Satz Zucchini oder späte Sätze Brokkoli oder Spitzkraut. Zur Bestimmung des Pflanzabstands spannt Schmid eine Schnur, an der er ein Maßband entlang legt.

• Aufkommendes Unkraut kann jetzt nur mehr händisch oder in den Wegen mit der Radhacke entfernt werden. Es lohnt sich deshalb, diese Methode nicht auf stark verunkrauteten Flächen anzuwenden.

Quelle: Klaus Schmid
Das Ergebnis des Verfahrens ist eine optimale Mulchdecke, in der die Zucchinipflanzen beste Wuchsbedingungen vorfinden.

Sollte der Unkrautdruck auf der Fläche (dennoch) zu groß sein oder es kann aus anderen Gründen nicht direkt in die Mulchschicht gepflanzt werden, so kann das Mulchmaterial nach dem vierwöchigen Abdecken mit Silofolie mit dem Rechen entfernt und als Transfermulch für andere Flächen oder für die Kompostwirtschaft verwendet werden.

Viele Fliegen auf einen Schlag

Mit dieser einfachen Methode lassen sich mehrere Vorteile auf einmal nutzen. Zum einen haben wir damit ein praktisches Werkzeug, um winterharte Begrünungen (die den Boden viel effektiver beleben und verbessern, aber in der Marktgärtnerei schwerer zu
managen sind als absterbende Zwischenfrüchte) sinnvoll in die Fruchtfolge zu inte-grieren. Der Boden in Schmids Klauserei profitiert jedenfalls von einer monatelangen Durchwurzelung über den Winter, wo die Beete sonst oft leer stehen.
Die Folgekultur profitiert von einem optimal belebten Boden und von einer bereits vorhandenen Mulchschicht, die stetig Nährstoffe freisetzt, die Sommerniederschläge (oder Bewässerungswasser) länger im Boden hält und den Boden im Sommer optimal kühl hält. Diese Mulchschicht kann – vorausgesetzt, die Fläche ist nicht zu stark verunkrautet – auch noch für eine zweite oder sogar dritte Kultur liegen bleiben. In diesem Fall muss gegebenenfalls bei der Pflanzung erneut Kompost beigegeben werden, um ausreichend Nährstoffe bereitstellen zu können.
In jedem Fall lohnt es sich, die für die Marktgärtnerei optimierte Roller-Crimper-Methode unter verschiedenen Bedingungen zu testen und vielleicht sogar weiterzuentwickeln. Der Boden wird sich bereits nach kurzer Zeit sichtlich zum Positiven verändern und sich noch in den Folgejahren mit einer verbesserten Pflanzengesundheit bedanken.

Biointensiver Gemüsebau

Marktgärtner Klaus Schmid (43) betreibt zwischen Trumau und Münchendorf, in der Thermenregion, die Marktgärtnerei „Klauserei“. Der Name steht für den Begriff Klause mit der Bedeutung „abgeschiedener Ort“. Auf nur rund einem Hektar Anbaufläche kultiviert Klaus neben Obstbäumen und Beeren vielerlei Gemüse, Kräuter und Jungpflanzen. Möglich ist dies durch den biointensiven Gemüsebau auch nach dem Vorbild der beiden Branchenpioniere Alan Chadwick oder Jean Martin Fortier – bekannt für sein Buch „Biogemüse erfolgreich direktvermarkten“ – mit völligem Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Auch Neemöl oder ähnliche „Biomittel“ kommen bei Schmid nicht zum Einsatz. „Intensiv“ ist das Verfahren, weil ein Beet jeweils mit bis zu vier Kulturen pro Jahr bepflanzt wird. Dafür werden die Jungpflanzen vorgezogen.
Gedüngt wird mit Kompost, Komposttee und Pflanzenjauche. Durch eine gezielte Mischkultur, eine ausgeklügelte Fruchtfolge, Insektenschutznetze und eine größtmögliche Artenvielfalt auf kleinstem Raum können sich Schädlinge und Krankheiten nicht so stark ausbreiten wie in Monokulturen.
Auch bei der Vermarktung geht Klaus Schmid neue Wege. Seine Erzeugnisse verkauft er als Ernteanteile, ab Hof oder auf diversen Bauernmärkten. Und er beliefert umliegende Restaurants mit regionaler, saisonaler und naturnahe Küche. Als „Öffentlichkeitsarbeiter“ zur Sensibilisierung für Natur- und Umwelt“ arbeitet Schmid auch mit Schulen zusammen und bietet Kurse über seine Wirtschaftsweise an. Mit der Klauserei ist er mit fünf weiteren Betrieben Teil der „Operationellen Gruppe Marktgärtnerei“.
www.klauserei.at

Infos zur Marktgärtnerei

Kleine Flächen, intensiv, effizient und ökologisch bewirtschaftet sowie Direktvermarktung der Erzeugnisse, das sind die augenscheinlichsten Charakteristika der Marktgärtnerei. Der intensive Gemüsekleinanbau hat in den Jahrzehnten des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg allenfalls in Bauerngärten überlebt. Aus Kanada und den USA kamen in der Folge die Impulse für eine Neuentdeckung. Heute ist das Anbauverfahren mit standardisierten Beetmaßen samt passender Geräte sowie einem großen Erfahrungsschatz professionalisiert und ermöglicht es, auch mit Kleinstflächen deutlich unter einem Hektar betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Aktuell zählt man in Österreich etwa 150 solcher Betriebe. Seit 2022 läuft ein EIP-Agri-Projekt mit dem Ziel, tragfähige Daten zu Kulturführung und Wirtschaftlichkeit zu ermitteln. Die organisatorische Drehscheibe ist die „Operationelle Gruppe Marktgärtnerei“, der Wissenschaftler, Berater und Praxisbetriebe angehören. Mittels Newsletter erhalten Mitglieder und Interessierte die neuesten Forschungsergebnisse und aktuelle Nachrichten zur Marktgärtnerei.
An der LK Niederösterreich betreut Biogemüsebauberaterin Andrea Pölz die Marktgärtnereien. Für Montag, 26. August, ist in Füllersdorf im Weinviertel ein ganztätiges Praxisseminar zum Thema „Spezialgeräte für den vielfältigen Gemüseanbau“ geplant. Nähere Infos gibt es per E-Mail: andrea.poelz@lk-noe.at
www.marktgärtnerei.info

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QuelleH.M.
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