Zwei eher ungewöhnliche Lebenswege haben Maria und Dariusz Radziwon zusammengeführt und schließlich ins Mölltal auf einen kleinen Bergbauernhof verschlagen. Diesen bewirtschaften sie mit viel Begeisterung im Nebenerwerb: nicht als exotische Aussteiger, sondern als überzeugte Einsteiger.
Andreas Humer
Nein, hier ist nicht von tollen Hochleistungskühen, vielen Hektar bewirtschaftetem Land oder besonderen Produktionszweigen die Rede. Vielmehr geht es um eine Familie, die mit einem typisch städtischen Hintergrund aus ehrlichen Motiven den Weg in die Landwirtschaft gewagt hat.
Doch der Reihe nach: Maria stammt aus Innsbruck, absolvierte nach der Matura die Ausbildung zur Volksschul- und Sonderschullehrerin und unterrichtete sogleich in Vorarlberg. Schon damals wuchs ihr Interesse an der Krankenhausseelsorge. So entschied sie sich auch für ein Theologiestudium neben ihrem Beruf.
Schon als Kind hatte sie viel Zeit am Hof ihrer Großeltern in Mörtschach in Kärnten verbracht: „Ich war nie so glücklich wie damals“, erinnert sich Maria. Ihre Mutter bekam schließlich den Hof überschrieben und verpachtete diesen. Maria schloss ihr Studium ab und machte ihr Praktikum als Pastoralassistentin im Osttiroler Seelsorgeraum Anras/Strassen/Abfaltersbach. Im Sommer 2008 beschlossen Maria und ihr Mann Dariusz, ins Mölltal zu ziehen und den Hof selbst zu führen. „Der erste Winter war hart: keine Heizung, kein Warmwasser. Das war schon ein Kulturschock!“ Wertvolle Hilfe leistete den beiden ein älteres Bauernpaar aus der Nachbarschaft, wofür sie diesem heute noch dankbar sind.
Nach knapp sechs Jahren als Pastoralassistentin in Ainet bewarb sich Maria 2014 am Krankenhaus Lienz als Seelsorgerin, wurde prompt ausgewählt und begann dort im September ihre Tätigkeit.
Eine ebenso ungewöhnliche Laufbahn hat auch Dariusz hinter sich: Gebürtig aus Bialystok im Nordosten Polens, durchlief er die Ausbildung zum Priesterkandidaten im Orden der Comboni-Missionare. Das Studium verschlug ihn an die Universität Innsbruck, wo es später zwischen ihm und Maria „gefunkt hat“. Heute sagt Dariusz: „Der Heilige Geist hat mich durch ganz Europa bis nach Mörtschach geführt, wo ich gesehen und verstanden habe, dass Gott mir eine schöne Mission vorbereitet hat, allerdings nicht in Afrika, Asien oder Amerika, sondern mitten in Europa, in Kärnten. Und sogar mit einer Familie: mit meiner Frau und vier Kindern.“
Zunächst verdienste sich Dariusz als Pflegehelfer in Obervellach, später als Pastoralassistent in Lienz. Heute ist er in Teilzeit beim Roten Kreuz in Lienz angestellt. Daneben hat er in Lienz die Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter absolviert und in Klagenfurt den Facharbeiter für Bienenwirtschaft gemacht. Vier Kinder vervollständigen ihr Glück: Während die elfjährige Sophia bereits das Gymnasium in Lienz besucht, gehen Marlena und Luisa, achtjährige Zwillinge, sowie der sechsjährige David in die Volksschule in Mörtschach.
Ihre Landwirtschaft umfasst etwa 2,5 Hektar Nutzfläche. Zehn Krainer Steinschafe, vier Ziegen und 15 Altsteirer Hühner samt Hahn bevölkern den Hof, dazu kommen noch acht Bienenvölker. Aus Überzeugung verschreib man sich von Anfang der biologischen Bewirtschaftung. Im Wesentlichen ist ihr Hof ein Selbstversorger-Betrieb mit Vermarktung von Eiern, etwas Honig und Ziegenmilch.
Seelsorgerin und Autorin
Für Maria ist die Arbeit auf ihrem Hof ein guter Ausgleich zu ihrer durchaus belastenden Tätigkeit als Seelsorgerin im Spital, wo sie sich auch sehr für das Gedenken an während der Geburt oder sehr früh verstorbener „Sternenkinder“ und deren würdige Einnerungsstätte am Lienzer Friedhof engagiert. „Aber wenn ich über den Iselsberg heimfahre, kann ich vieles davon hinter mir lassen und mich auf meine Familie freuen“, erzählt Maria. Zudem findet sie Zeit, als Organistin in Mörtschach und Winklern aktiv zu sein und journalistisch zu arbeiten, vor allem für den „Tiroler Sonntag“, die Wochenzeitung der Diözese Innsbruck.
Auch mehrere Bücher hat sie verfasst: „Das neue Hausbuch für die ganze Familie“, einen Frauen-Kalender, „Raus in die Natur“ sowie ein Erstkommunion-Messbuch. Rückblickend meint sie: „Es hat alles seinen Sinn …“