Für die Filteranlagen des Schweinezuchtbetriebes wird das gesamte Dachflächenwasser in einer eigens errichteten Zisterne gesammelt.

Wer in Kruisem, südwestlich von Gent gelegen, den Betrieb von Filip Van Laere betritt, den überkommt zunächst Skepsis. Rund 1.800 Zuchtsauen stehen in den für Belgien typischen Ställen in Klinkerbauweise gleich hinter dem idyllisch gelegenen Wohnhaus der Besitzerfamilie. Einzig, man riecht sie nicht. Der Grund dafür: Vor gut zwei Jahren hat der Landwirt seine Stallbauten kernsaniert und unter anderem sechs Abluftreinigungsanlagen installiert. Doch eins nach dem anderen.

Duroc für mehr Fleischqualität

Quelle: European Union - Cornelia Smet
Stolz auf sein Konzept: Filip Van Laere

Van Laere hat den Hof vor 25 Jahren von seinem Vater als klassischen Ferkelproduktionsbetrieb übernommen. Nach wie vor bewirtschaftet er etwa 40 Hektar Land.Neben sieben Hektar Grünland werden Mais, Winterweizen, Gerste und auch vier Hektar Kartoffeln angebaut. Jedoch wurde dem Bauern vor einigen Jahren klar, dass sich im Stall etwas ändern muss. So entschied er sich zu einer Kooperation mit einem Berufskollegen, um die Ferkel seiner 1.800 Zuchtsauen vollständig selbst zu veredeln. Seither belegt er die Edelschwein x Landrasse-Sauen mit reinrassigen Duroc- Ebern, „wegen des intramuskulären Fettanteils“.

50.000 Schweine pro Jahr

In der Futterration, die er von regionalen Landhändlern mischen lässt, setzt Filip Van Laere auf zwei Prozent Olivenöl als Fettkomponente. „Das verbessert den Fleischgeschmack, macht es zarter und saftiger“, ist der Belgier überzeugt. Damit war auch die Marke „Duroc d´Olives“ geboren. Mittlerweile beschäftigt Van Laere vier Vollzeitarbeitskräfte. Bis zu 50.000 Schweine werden jedes Jahr an bis zu 400 Fleischhauer in Belgien, Nordfrankreich und den Niederlanden sowie im kleineren Umfang über einen Webshop vermarktet.

“Es gibt einen Markt zwischen Bio und konventionell. Man muss ihn nur bedienen.”
– Filip Van Laere

Preislich liege sein Schweinefleisch etwa zehn Prozent über konventioneller Ware, so der Züchter. Damit bediene man die Nachfrage nach mehr Tierwohl und höherer Qualität „für all jene, die nicht zum Bio-Produkt greifen können oder wollen“. Van Laere bezeichnet sich durch sein Vermarktungskonzept als deutlich unabhängiger, denn er selbst bestimmt die Preise für seine Abnehmer. „Nimm es oder lass es bleiben“, soll er gelegentlich zu den Kunden sagen.

Freie Abferkelung

Quelle: European Union - Cornelia Smet
Auf Kastenstände wird bewusst verzichtet.

Das bereits erwähnte verbesserte Tierwohl gewährleistet Filip Van Laere auch durch freie Abferkelung. Er sei der einzige konventionelle Mäster in Belgien, der gänzlich auf den Kastenstand verzichtet. Möglich sei das dank Schweizer Genetik. „Die Schweizer haben Schweine über Jahre auf ruhiges Verhalten selektiert“, und das mache sich bezahlt. Im Wartestall stehen seine Sauen in Großgruppen von etwa 80 Tieren.

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Im Wartestall stehen die Sauen in Großgruppen von bis zu 85 Tieren. Mittig die einzeltierbezogene Futterstation.

Im teilperforierten Stall findet sich gehäckseltes Stroh als Beschäftigungsmaterial am Boden und in Raufen. Die Fütterung erfolgt einzeltierbezogen über Transponder. Auch im Deckzentrum wird vollständig auf eine Fixierung verzichtet. Das Duroc-Sperma wird am Betrieb selbst gewonnen und im hauseigenen Labor untersucht. „Sieben bis neun Zyklen machen die Sauen im Schnitt“, erklärt der Bauer. Die Ferkel werden mit fünf Wochen abgesetzt und auf den kooperierenden Mastbetrieb verbracht, wo sie mit 6,5 Monaten ihr Schlachtgewicht erreichen.

Quelle: European Union - Cornelia Smet
Einer der eigens eingerichteten Gänge für Besucher.

Um seine Kunden vom verbesserten Tierwohl überzeugen zu können, ohne die Biosicherheit seines Schweinebestandes zu gefährden, hat Van Laere seine Ställen mit Besuchergängen hinter großen Schaufenstern ausgestattet.

Die Zuluft der Stallungen wird mit Schwebstofffiltern der Stufe HEPA-10 auf Viren filtriert. „Das ist dieselbe Technik wie in Krankenhäusern“, erklärt der findige Landwirt. So spare er 70 Prozent der Impfungen bei den Saugferkeln ein.

Aus Stallluft wird Dünger

2021 wurde der Duroc d´Olives-Hof ein weiteres Mal umfangreich umgestaltet. Damals entschloss sich Van Laere, den Hof auch in Sachen Umweltwirkungen weiterzuentwickeln. Kurzerhand ließ er an den Stallungen sechs Abluftreinigungsanlagen einbauen, die 90 Prozent der Ammoniak-Emissionen samt Geruch und Staub binden. Im Gegensatz zu den bis vor einigen Jahren üblichen Systemen kommt das umgesetzte Filterkonzept völlig ohne chemische Zusätze aus und arbeitet rein mit Mikroorganismen und dem am Hof anfallenden Dachflächenwasser. Dieses wird in einer eigenen Brauchwasserzisterne aufgefangen.

Quelle: BZ / Wieltsch
Blick in die Abluftreinigungsanlage.

Das Ammoniak wird dabei im Wasser gelöst und wandelt sich in das Ammonium-Ion (NH4+). Die Mikroorganismen bauen dann das Ammonium in der sogenannten Nitrifikation zu Nitrit und schließlich kontrolliert zu Nitrat ab. „Ein Prozess, wie er auch in unseren Ackerböden stattfindet.“ Das Nitrat bleibt mit einer Konzentration von etwa sieben Kilogramm je Tonne im Wasser gebunden, das später als Dünger ausgebracht wird. Jährlich fallen am Hof von Van Laere etwa 150 bis 200 Tonnen dieses Ökodüngers an. Zu viel für dessen eigene Felder. Hier kooperiert Duroc d´Olives wie bei der Gülle mit umliegenden Betrieben. „Wirtschaftsdünger ist wegen sinkender Viehbestände auch in Flandern wieder gefragt“, weiß der Betriebsführer zu berichten.

Heiz- und Energiekonzept

Im Filtersystem wurde zusätzlich je ein Wärmetauscher installiert. „Damit heizen wir die Ställe.“ Ein anderes Heizkonzept gibt es am Hof nicht mehr. „Und es funktioniert“, wie der Bauer nicht müde wird zu betonen. Die für den Stallbetrieb benötigte Energie stammt mittlerweile auch von der Hofstelle. Eine PV-Anlage mit 600 kWp samt Speicher wurde auf den Stalldächern installiert. Der Strombedarf des Filtersystems liege jedoch nur bei etwa fünf Kilowatt, rechnet Van Laere vor. Angesprochen auf die Investitionskosten nennt der Belgier „etwa 15.000 Euro pro Einheit“ als Richtwert. Die Anschaffung wurde aber zu 30 Prozent aus belgischen und EU-Geldern gefördert.

Quelle: BZ/Wieltsch
Die Stromversorgung des Hofes wird mit einer 600 kWp PV-Anlage samt Speicher bewerkstelligt.

Um auch Skeptiker von der Abluftreinigung zu überzeugen, hat der Vermarktungsprofi auf einem seiner Stalldächer eine „Schnüffelbox“ eingerichtet. „Dort können sich Politiker und Nachbarn selbst ein Bild machen“ und ihre Nase in die Stallluft vor der Filtration stecken, meint der Landwirt mit einem Augenzwinkern. „In Sachen Stickstoff fühle ich mich die nächsten 20 Jahre jedenfalls auf der sicheren Seite“, sagt Van Laere gewohnt schlagfertig. Das ausgefuchste Absatzkonzept besorge den Rest.

durocdolives.com

- Bildquellen -

  • Filip Van Laere: European Union - Cornelia Smet
  • Freie Abferkelung: European Union - Cornelia Smet
  • Wartestall: European Union - Cornelia Smet
  • Schaugang: European Union - Cornelia Smet
  • Filteranlage: BZ / Wieltsch
  • PV-Anlage: BZ/Wieltsch
  • Stallanlage mit Zisterne: European Union - Cornelia Smet
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AUTORClemens Wieltsch
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