Flüssigdünger, etwa AHL-Stickstoffdünger zur Andüngung. Laut den Chemikern der Universität Stanford könnten Landwirte das benötige Ammoniak künftig selbst aus der Luft gewinnen.

Mineralischer Stickstoffdünger hat – seit seiner erstmaligen Synthese zu Beginn des 20. Jahrhunderts – entscheidend zur Sicherung der Welternährung beigetragen und durch die verbesserte Ertragsstabilität die Landwirtschaft regelrecht revolutioniert.

Kritik an hohem Energiebedarf

Doch das 1908 von den deutschen Chemikern Fritz Haber und Carl Bosch patentierte und nach ihnen benannte Haber- Bosch-Verfahren hat einen Nachteil. Für die industrielle Herstellung von Ammoniak (NH3) aus atmosphärischem Stickstoff werden Drücke von 150 bis 350 bar sowie Temperaturen von 400 bis 500 °C benötigt, was wiederum eines hohen Energieeinsatzes bedarf. Das weltweit für die Mineraldüngerherstellung benötigte Erdgas sollen heute zwei Prozent des globalen Energiebedarfs sowie ein Prozent der globalen CO2- Emmissionen ausmachen. An der Universität Stanford im US-Bundesstaat Kalifornien wollte man das in Zeiten des Klimawandels so nicht hinnehmen. Gemeinsam mit der saudi-arabischen „King Fahd University of Petroleum and Minerals“ hat sich ein Forscherteam rund um den Stanford- Chemiker Richard Zare näher mit dem Thema Ammoniakherstellung auseinandergesetzt und ein völlig neues Herstellungsverfahren entwickelt. Ihre beachtenswerten Ergebnisse stellten sie kürzlich in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Science Advances“ vor.

Geringe Konzentration, geringer Aufwand

Demnach haben die Wissenschaftler zwei Prototypen entwickelt, die Ammoniak schlicht aus Wasserdampf und Stickstoff direkt aus der Luft generieren. Funktionieren soll das so: Die Chemiker eruierten den geringstmöglichen Energieaufwand, ab dem Ammoniak entsteht. In einem speziellen Netz als Katalysator, welchem eine Ansaugpumpe ständig Umgebungsluft samt Wasserdampf zuführt, kommt es ohne erhöhten Druck zu einer Kontaktelektrifizierung, welche gerade so viel Energie bereitstellt, dass Ammoniak synthetisiert wird. Die entstehende, mit Ammoniak angereicherte wässrige Lösung wird anschließend von einer Kondensatorplatte aufgefangen, die sie von der Luft und dem Wasserdampf in der Kammer trennt.

Quelle: SONG ET AL., STANFORD-UNIVERSITY
Die Anlage zur Luftstickstoffgewinnung im Detail.

Unter Laborbedingungen erreichten die Chemiker binnen zwei Stunden Ammoniakkonzentrationen, welche zur Düngung von Gewächshauspflanzen ausreichten. Für Pflanzen mit höherem Stickstoffbedarf soll ein Filter aus Zeolith, einem speziellen Gestein, höhere Konzentrationen bringen. Mittlerweile seien auch Feldversuche im Laufen. „Dieser Durchbruch ermöglicht es uns, den Stickstoff in unserer Luft nutzbar zu machen und Ammoniak nachhaltig zu produzieren“, ist Professor Zare überzeugt.

Zwei Varianten

Quelle: SONG ET AL., STANFORD-UNIVERSITY
Der mobile Prototyp wird bereits im Freien erprobt.

Realisiert wurden zwei Anlagetypen: ein mobiles Gerät, welches lediglich auf Wind aus der Umgebung als Antrieb angewiesen ist, und eine stationäre Variante, die künftig auch für größere Kapazitäten geeignet sein soll. Auch letztere kommt durch eine elektrische Membranpumpe und einen geschlossenen Wasserkreislauf ohne fossile Energie aus.

Flüssigdünger zunächst nur unter Glas

Geht es nach den Forschern, sollen ihre Anlagen in der Mobilvariante zunächst in Bewässerungsanlagen von Glashäusern integriert werden. Bestens geeignet seien sie auch für Hydroponik- Verfahren, also den Anbau von Gemüsekulturen in Nährlösungen. Hier wollen die Studienautoren in zwei bis drei Jahren Marktreife erreichen. Für den Ackerbau könnte es allerdings noch deutlich länger dauern, wie die US-Forscher einräumen: „Das derzeitige System ist wirklich primitiv und muss verbessert werden, um den Anforderungen der Landwirtschaft und der Industrie gerecht zu werden.“ Man sei aber überzeugt, dass mit „geeigneter Technik“ noch erhebliche Steigerungen möglich seien. Dann stünde einer „grünen“ Stickstoffdüngerherstellung nichts mehr im Wege.

Ackerbauern werden sich also noch einige Jahre gedulden müssen, bis sie vielleicht autark ihren Düngerbedarf herstellen können. Bis dahin bieten etwa AHL-Flüssigdünger (Ammoniumnitrat- Harnstoff-Lösungen) eine Möglichkeit, um sich mit dem Flüssigdüngerverfahren vertraut zu machen. Auch wenn dessen Stickstoffkomponente noch aus dem bewährten Haber- Bosch-Verfahren stammt.

Hier der wissenschaftliche Originalartikel zur Nachlese.

- Bildquellen -

  • : SONG ET AL., STANFORD-UNIVERSITY
  • Mobiler Stickstoffsammler: SONG ET AL., STANFORD-UNIVERSITY
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AUTORClemens Wieltsch
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