Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”
So viel Einigkeit war selten: Die einstimmigen Parlamentsbeschlüsse vom Sonntag, mit denen die Notgesetze zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie auf den Weg gebracht worden sind, dürfen zu Recht als „historisch“ bezeichnet werden. Historisch ist auch, dass sich die Sozialpartner rasch auf den Rahmen geeinigt haben. Historisch, dass die Opposition verstanden hat, dass mit Kritik an der Regierung derzeit nichts zu gewinnen ist. Was dabei weniger aufgefallen ist: Die ÖVP ist ebenso über ihren Schatten gesprungen. War sie jahrzehntelang darauf fixiert, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen und nur ja keine neuen Schulden zu machen, hat sie sich nun darauf festgelegt, ein milliardenschweres Hilfspaket freizugeben. Und es ist absehbar, dass die Republik noch weitere Pakete mit weiteren Milliarden wird nachlegen müssen, damit Österreich möglichst gut aus der Krise herausfindet.
Ist das eine Abkehr von der Budgetdisziplin, wie sich nun manche Linke freuen? Nein, das ist es eben nicht, sondern im Gegenteil: Der Staat muss Geld locker machen, wenn eine schwere Krise ausbricht. Und zwar nur dann: „Spare in der Zeit, so hast Du in der Not“, hat man uns seinerzeit beigebracht. Geld ist umso wirksamer, wenn man vorher eine verantwortungsvolle Budgetpolitik betrieben hat – angesichts niedriger Zinsen ist die Refinanzierung auch relativ günstig. Und anschließend? Dann braucht Österreich eine vernünftige Budgetstruktur (wahrscheinlich mit mehr Ausgaben für Sicherheit und Gesundheit), die dann wieder mit Spar-Disziplin verfolgt werden muss.