Wenn ein Zukunftsforscher mit positiven Nachrichten daherkommt, kann die Stimmung nur gut sein. Und das war sie auch beim Agrarinnovationstag des Agrarressorts vergangene Woche in der Landwirtschaftsschule Schlierbach. Tristan Horx, junger Zukunftsforscher und „größter Konkurrent von Gerda Rogers“, wie er sich selbst nannte, sagte in seinem Vortrag dem Land eine rosige Zukunft voraus: „Jetzt ist die Chance, eine eigene Identität für das Land zu kreieren. Der Trend steht verdammt gut für Sie nützen Sie ihn.“ Das gefiel den mehr als 250 Bäuerinnen und Bauern, Vertretern aus Agrarpolitik, Verwaltung und Verbänden, aus dem Schul- und Forschungsbereich und Schülerinnen und Schülern. Sie nickten und schmunzelten, denn Horx hielt einen sehr launigen, kurzweiligen und unterhaltsamen Vortrag. Es war aber nicht allein der Zukunftsforscher, der gute Stimmung verbreitete.
„Der Agrar-innovationstag zeigt, wie mutig man sein muss, den eigenen Weg zu gehen.“ Michaela Langer-Weninger
Das Konzept des Agrarinnovationstages schien aufzugehen: Nämlich den zuhörenden Menschen Mutfür neue Wege zu machen: mit spannenden Vorträgen und Beispielen aus der Praxis (siehe Berichte unten). So sagte Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger: „Eine Innovation kann vieles sein und vieles bewirken. Indem sich Bäuerinnen und Bauern einen offenen Geist und den Mut Neues auszuprobieren erhalten, können sie besser und schneller auf veränderte Bedingungen in Gesellschaft und Wirtschaft reagieren.“
Das Land Oberösterreich unterstützt mit EU-Investitionsförderungen, die Wolfgang Löberbauer aus der Abteilung Land- und Forstwirtschaft vorstellte. Speziell warb er für die neue Förderung für agrarische Innovation, bei der im neuen Jahr wieder Projekte eingereicht werden können.
Gegentrend Lokalisierung
Aber kommen wir nochmal zu den Gründen für den Optimismus des Zukunftsforschers zurück. Jeder Trend bewirkt einen Gegentrend, lehrt die Vergangenheit. Für die Zukunft heißt das: „Die Globalisierung funktioniert nicht mehr“, sagte Horx und nannte das im Suezkanal stecken gebliebene Schiff als Beispiel, wie schnell dieses System versagen kann. Der Gegentrend heiße „Lokalisierung“ oder noch besser „Glokalisierung“. Der „Widerspruch zwischen Stadt und Land“ löse sich auf; vor allem deshalb, weil man „nicht mehr unbedingt dort arbeiten muss, wo man lebt“ und dieses Faktum seit 2020 eine Stadtflucht bewirkt habe. Der Begriff der Heimat erlange eine neue Bedeutung als Ort der Verbundheit. Eine „progressive Provinz“ im Gegensatz zur „grantigen Provinz“ könne diese Veränderungen nützen.
Vorbild Bäuerin und Bauer
Apropos Veränderungen: Diese brauchen Zeit, Bewusstsein und Konsequenz. Darüber sprach Maria Fanninger, Mitgründerin des Vereins „Land schafft Leben“ und meinte vor allem eine Verhaltensänderung beim Lebensmitteleinkauf. Ihr Verein versucht diese unter dem Motto „Wer nichts weiß, muss alles essen“ beim Konsumenten zu bewirken. Fanninger sprach das Publikum vor allem auf die eigene Verantwortung von Bäuerin und Bauer an. Diese müssten beim Lebensmitteleinkauf Vorbild sein, also nicht nur Regionalität beim Griff ins Regal von den Konsumenten einfordern, sondern selbst vorleben.
Michaela Sandmayr: Mission, Vision und Werte der Landwirtschaft
Michaela Sandmayr kommuniziert gerne; und zwar am liebsten über die Landwirtschaft und in der Landwirtschaft mit den Bäuerinnen und Bauern. Auch ihre Masterarbeit an der Agrar-FH Steyr hat sie diesem Thema gewidmet und in einer Studie mit 400 Bäuerinnen und Bauern Mission, Vision und Werte der Landwirtschaft definiert. Die wichtigsten Ergebnisse, die Sandmayr beim Agrarinnovationstag präsentierte: Der Nutzen der landwirtschaftlichen Betriebe Österreichs liegt in der Landschaftspflege (das haben 28 Prozent angegeben) und in der Lebensmittelproduktion (23 Prozent). Bei den Werten, nach denen produziert wird, wurden vor allem Qualität, die vorhandene Betriebsstruktur sowie das Wirtschaften im Einklang mit der Natur genannt. Und: Bäuerinnen und Bauern wünschen sich vor allem Wertschätzung und Anerkennung für ihren Beruf.
https://landwort.at
Petra Schmuckenschlager: Wein, Wertschätzung und weibliche Visionen
Familie, zwei Berufe und ein Ackerbaubetrieb. Das war einige Jahre der Alltag von Petra und Florian Schmuckenschlager. Dann stellten sie um und begannen 2015 etwas auch für Oberösterreich Neues: den Weinbau. „Es gab die betriebliche Vision, nämlich oberösterreichischen Qualitätswein zu produzieren“, erzählte Petra Schmuckenschlager in ihrem Vortrag, und die „weibliche Vision“, wie sie es nannte. Die hieß: Vom Nebenerwerb in den Vollerwerb und „mit der Familie gemeinsam leben und arbeiten“. Der Mut hat sich gelohnt. Die „Schmuckis“ produzieren Qualitätswein, verkaufen ihn vor allem in der eigenen Buschenschank und erhalten dort viel Wertschätzung für das, was sie tun. Den Kindern vermitteln sie ein positives Bild der Landwirtschaft und die beiden genießen „die zwar oft stressige, aber immer selbstbestimmte Arbeit in unserem Betrieb.“
www.hofweingut.at
Regina Priglinger-Simader: Von Milchkühen zur Cocktailmanufaktur
„LoRe“ der Markenname für die Cocktailmanufaktur und Gin-Destillerie in Waxenberg im Mühlviertel ist eine Art Hommage an den Hofnamen „Lorenz“, den der Betrieb früher hatte. Ein Milchviehbetrieb, den Regina Priglinger-Simader mit ihrem Mann von dessen Eltern 2012 übernahm. „Daneben“ noch zwei Jobs und die Familie. „Das war zuviel“, erzählte die junge Unternehmerin. Ihr Körper zeigte es ihr unmissverständlich: Sie entwickelte eine Kuhhaarallergie. Also überlegte sie, was sie wirklich wollte (diesen Schritt gab sie auch als Empfehlung mit) und heraus kam der Wunsch, Hochprozentiges regional herzustellen. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an Destillaten, spezialisiert hat sich Priglinger-Simader auf Basics für Mixgetränke, allen voran auf Gin. Im Schaubetrieb kann man ihr bei der Arbeit zusehen und auch feiern kann man dort in edlem Ambiente.
www.waxenberger-edelbrände.at
Marlene Perndorfer: Die Liebe zur (Blech)-Kuh und zu Social Media
Den Milchautomaten gibt es bei den Perndorfers in Altschwendt schon seit 1995. Marlene Perndorfer, die junge Hofübernehmerin, hat das Konzept aber 2016 in Zeiten schlechter Milchpreise neu belebt. Sie taufte ihn die „Blechkuh“, machte Flyer, Transparente, Heckscheibenaufkleber und eine eigene Facebookseite. Mit Erfolg: Der Absatz steigerte sich und die Facebookseite entwickelte sich zu einer „richtigen Aufklärungsseite“, wie Perndorfer in ihrem Vortrag zeigte. Fast 3000 Follower hat sie dort und sie erzählt sympathische Geschichten vom Hof. Das letzte Video über die Kuh-Besichtigung des neuen Auslaufbereiches zählt 70.000 Aufrufe, über 1000 Likes und 140 Kommentare. Ihr Anliegen an die Politik: „Man muss die jungen Menschen arbeiten lassen“, und meinte damit etwa die oft schwierigen Rahmenbedingungen und Vorschriften für landwirtschaftliche Betriebe.
www.facebook.com/Blechkuh
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- Sandmayr: landwort
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- LoRe 057: Netzwerk Kulinarik
- Perndorfer: Perndorfer
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