Die Bundesregierung hat sich vor Weihnachten auf den nationalen GAP-Strategieplan ab 2023 geeinigt. Worauf aber haben sich die Koalitionspartner im Wesentlichen verständigt? Ein erster Überblick.
Der Einigung waren intensive Verhandlungen und Diskussionen vorangegangen, die das Landwirtschaftsministerium mit Experten, Bauernvertretern und Politikern der Grünen geführt hat. Vorweg: Dieser Strategieplan muss erst von der EU-Kommission genehmigt werden.
Für die Bäuerinnen und Bauern bringt der Plan die weitgehende Stabilität ihrer Direktzahlungen aus der 1. Säule. Abgesichert sind die Ausgleichszulagen, die Förderung im Berg- und benachteiligten Gebiet können weiter vergeben werden. Gestärkt werden betriebsindividuelle Möglichkeiten in der 2. Säule der Ländlichen Entwicklung durch das neue Modulsystem sowie die Unterstützung der Jungbauern mit rund 3 Prozent des GAP-Budgets. Generell werden die Agrarförderungen stärker an öffentliche Leistungen geknüpft, heißt es aus dem Landwirtschaftsressort. Anreize durch Qualitätsprogramme wie „QPlus-Rind“ bleiben aufrecht, ebenso gibt es mehr Geld für „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“.
Mehr Klimaschutz
Laut Landwirtschaftsministerium (BMLRT) sind mehr als 40 Prozent der Förderungen klimarelevant. Das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) wird ausgebaut, das Budget dafür um 25 Prozent oder 125 Millionen Euro pro Jahr erhöht. Künftig stehen somit rund 575 Mio. Euro pro Jahr für den Klima- und Umweltschutz bereit.
Das künftige Modulsystem soll Umweltleistungen besser sichtbar machen und sieht mehr Prämien für messbare Umweltmaßnahmen vor. 15 der 19 neuen ÖPUL-Maßnahmen verbessern die biologische Vielfalt. Zusätzlich gibt es vier Ökoregelungen bei den Direktzahlungen. Für das Basismodul müssen mindestens 7 Prozent der genutzten Fläche als Biodiversitätsfläche angelegt werden, bis zu 20 Prozent solcher Flächen werden gefördert.
Erklärtes Ziel ist es, über das ÖPUL Begrünungen und extensive Tierhaltung zu erhöhen und weniger Düngemittel einzusetzen. Generell soll die Kreislaufwirtschaft gefördert werden.
Mehr Tierwohl
Investitionen in tiergerechte Schweine- und Putenställe sollen stärker als bisher gefördert werden, Neubauten die nur mehr Mindeststandards einhalten überhaupt nicht mehr. Schweinehaltern, die nur noch EU-Eiweißfutter einsetzen und auf das Schwanzkupieren verzichteten, sollen die Mehrkosten dafür abgegolten werden.
Auf Kleinbauern wird geschaut, indem 10 Prozent der Direktzahlungen auf sie umverteilt werden sollen. Auch 46 Euro je Hektar mehr an Grundförderung für bis zu 20 Hektar stand bis zuletzt im Raum, ebenso die deutliche Erhöhung der Almauftriebsprämie für Rinder, Ziegen und Schafe.
Und für Bio stehen zusätzlich 40 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung, die durch eigenständige Maßnahmen im ÖPUL flexibel kombiniert werden kann. Für die Waldbewirtschaftung werden die bewährten Förderungen fortgesetzt und um biodiversitätsfördernde Maßnahmen ergänzt.
Erste Reaktionen
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger meinte noch am frühen Abend gegenüber der BauernZeitung: „Damit entwickelt sich die Gemeinsame Agrarpolitik deutlich weiter, wird gleichzeitig grüner und gibt den Bauern Stabilität und Planungssicherheit. Unsere Zukunft liegt in der Qualitätsproduktion mit hohen Klima- und Umweltambitionen.“
Bauernbundpräsident Georg Strasser sagte in einer ersten Stellungnahme: „Unser nationaler GAP-Strategieplan stellt sicher, dass jene, die mehr zu Umwelt- und Klimaschutz oder Tierwohl beitragen, auch mehr Geld erhalten. Mit dem Modulsystem können sie standortangepasst handeln. Nun gilt es, die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wichtig war mir auch mehr Geld für die Jungbäuerinnen und Jungbauern. Rund 3 Prozent der GAP-Gelder gehen gezielt an die nächste Generation.“
Die Agrarsprecherin der Grünen, Olga Voglauer, sagte heute bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt: „Diese GAP verteilt von den Großen zu den Kleinen“; mit besonderem Augenmerk auf einen Flächensockel von 20 Hektar. „Auch mehr Tierwohl ist nun verankert. Erstmals wird es eine Förderung für Schweine-Freilandhaltung geben, die gentechnikfreie Fütterung und die Haltung von unkupierten Schweinen werden zusätzlich gefördert.“
Der Präsident der LK Österreich, Josef Moosbrugger, erklärte ebendort: „Wir wissen, dass es höchst herausfordernd war, die unterschiedlichsten Prioritäten unter einen Hut zu bringen. Wir haben gleichzeitig sehr darauf gepocht, dass neben den ökologischen auch die ökonomischen GAP-Ziele erfüllt und umgesetzt werden können. Nur Bäuerinnen und Bauern, die von ihrer harten Arbeit leben können, werden weiterhin umwelt- und klimafreundlich wirtschaften können. Andernfalls werden sie zum Aufhören gezwungen.”
Für Moosbrugger ist der nationale GAP-Strategieplan „ein breiter, zukunftsweisender Maßnahmenmix und akzeptabler Kompromiss.”
Weniger optimistisch sehen Vertreter der Biobranche die geplante Umsetzung der GAP in Österreich. In einem offenen Brief kritisieren etwa Andreas Eder von der Bio-Hofbäckerei Mauracher, Julia Fandler von der gleichnamigen Ölmühle, Kräuter- und Gewürzhändler Johannes Gutmann von Sonnentor, der Biofleischer Herbert Stava oder Biobauer und Chocolatier Josef Zotter den Strategieplan. Dieser würde für die biologische Wirtschaftsweise „eine Kürzung der Prämien bedeuten, mit dramatischen Folgen für die Bio-Landwirtschaft in Österreich.“ Schon jetzt würden viele Biobauern um ihre Existenz fürchten, andere gar nicht erst auf Bio umsteigen. Die Folgen seien „weniger Bio-Rohwaren, Engpässe für die Verarbeitungsbetriebe und ein Bangen um Arbeitsplätze in einer ganzen Branche.“ Noch sei bis 31. Dezember 2021 Zeit, um den Strategieplan hinsichtlich Bio zu verbessern, bevor dieser nach Brüssel übermittelt werden muss, fordern die Verfasser des offenen Briefes.
Wirklich unzufrieden mit dem rotweißroten „Kompromisspapier“ zur GAP-Umsetzung sind indes die „Land&Forst“-Betriebe Österreich. Sie lehnen es strikt ab. Die Kritik von Präsident Felix Montecuccoli und seinem Stellvertreter Zeno Piatti-Fünfkirchen fällt mehr als harsch aus: „Die Regierung trägt damit den Ackerbau zu Grabe.“ Die Koalition von ÖVP und Grünen „degradieren den heimischen Ackerbau endgültig zu einem Hobby“. Mit den nun eingezogenen nationalen Obergrenzen schließe man vor allem Ackerbaubetriebe im Osten Österreichs „ab einer gewissen Summe“ von Direktzahlungen der ersten Säule aus. Und entgegen anderslautender bisheriger Beteuerungen sei künftig die Anrechnung der Lohnkosten für Angestellte auf diesen Betrieben nicht mehr möglich. Die Regierung betreibe damit „Symbolpolitik mit Scheinmaßnahmen“. Wenige Euro würden an Kleinbetriebe verteilt, ohne Perspektive für die Betroffenen, aber eine existenzielle Bedrohung für viele Vollerwerbsbetriebe. „Die politisch Verantwortlichen werden für dieses Versagen gerade stehen müssen, dass die verbleibenden Ackerbauern gezwungen werden, intensiver, weniger ökologisch zu wirtschaften“, grollen die größeren Land- und Forstwirtschaftlichen Grundbesitzer.
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- Köstinger: BMLRT/Paul Gruber