Ein neues Schadinsekt der gefräßigen Art – der aus Japan stammende Blatthornkäfer Popillia japonica, zu deutsch „Japankäfer“, breitet sich in Europa aus. Nach Befallsherden in Norditalien, der südlichen und nördlichen Schweiz und einzelnen Funden in Baden-Württemberg gibt es nun auch hierzulande Alarm. Die AGES hat seit Anfang August eine Meldeplattform eingerichtet, auf der Käferfunde unverzüglich gemeldet werden sollten.
Ein „Allesfresser“, der schwer zu vertreiben ist
Gerechtfertigt ist der Alarmismus, weil der Japankäfer vor allem im Obst-, Gemüse- und Gartenbau sowie auch im Grünland schwere Schäden verursachen kann. Zudem ist das Insekt schwierig zu bekämpfen. Hat sich der Japankäfer in einer Region einmal festgesetzt, dann ist er kaum mehr auszurotten.
Unter den heimischen Klimabedingungen kann der Japankäfer eine Generation pro Jahr entwickeln. Die Käfer kommen hierzulande etwa ab Juni bis Mitte September aus dem Boden und fressen in mehreren Zyklen an Blättern, Blüten und Früchten.
Bei der Wahl der Nahrungsquellen sind sie nicht wählerisch, an die 400 Pflanzenarten kommen infrage. Für die Landwirtschaft relevant darunter sind: Wein, Apfel, Kirsche, Pfirsich, Marille, Zwetschke, Beerenobst, Haselnuss, Mais, Sojabohne, Rosen und viele mehr. Außerdem frisst der Japankäfer auch noch an Laubbäumen, wie beispielsweise Ahorn, Linde, Ulme und Pappel.
Eiablage in Wiesen und gepflegten Rasen
Sobald sich die Käfer verpaaren, legen die Weibchen jeweils 40 bis 60 Eier in feuchtem Boden sowie Wiesen und Weiden ab. Auch gepflegte und bewässerte Rasenflächen wie z. B. Golf- oder Fußballplätze sind attraktiv zur Eiablage. Aus den Eiern schlüpfen die Larven. Die Larven fressen unterirdisch an den Wurzeln von Gräsern und krautigen Pflanzen sowie auch an einer Vielzahl von Gemüse, Garten- und Zierpflanzen.
Die Larven überwintern im dritten Larvenstadium in ca. 15 bis 30 cm Bodentiefe. Im Frühjahr ab ca. +10 °C Außentemperatur wandern sie wieder in die oberen Bodenschichten, wo sie weiterfressen, sich schließlich verpuppen und sich zu einem neuen Käferjahrgang entwickeln.
Ausbreitung entlang von Straßen
Die lokale Verbreitung durch den Flug beträgt je nach Umweltbedingungen bis zu etwa 20 Kilometer pro Jahr. Durch Handel und Transport von Erntefrüchten, Grüngut oder Lebensmitteln kann der Japankäfer aber als „blinder Passagier“ weite Distanzen überwinden. So etwa nach der Etablierung in Norditalien im Jahr 2014, wo bereits drei Jahre später die ersten Käfer im südlichen Tessin in der Schweiz gefangen wurden.
Nach weiteren drei bis vier Jahren hatte das Insekt die Schweiz durchquert – 2021 wurden im Kanton Basel-Stadt erste Käfer gefangen. Ein weiterer Befallsherd im Norden der Schweiz ist in Zürich-Kloten in einer Sportanlage entstanden. Nach aktuellem Stand wurden dort seit Mitte Juni rund 1.500 Japankäfer gefangen. Erste Bekämpfungsmaßnahme war die Abdeckung der Fußballplätze mit Plastikfolie. Um eine Ausbreitung auf das nahe gelegene Gelände des Flughafens Zürich zu verhindern, wurden Bäume und Gebüsche um den Befallsherd sowie entlang der Autobahn zum Flughafen gezielt mit Insektizid behandelt.
Als weitere Bekämpfungsmaßnahmen wurde in der Region ein Bewässerungsverbot für Rasen und Grünflächen verhängt. Zudem dürfen Grüngut, Kompost und Oberboden nicht aus dem Befallsherd hinaustransportiert werden.
Aus der Region Basel ist der Japankäfer heuer auch in das angrenzende deutsche Bundesland Baden Württemberg übergesprungen. Der dortige Pflanzenschutzdienst ist alarmiert und hat entlang der Hauptverkehrswege ein Überwachungsnetz aufgebaut.
Nematoden und Pilze wirken nur schwach
Bezüglich der passenden Bekämpfungsstrategien ist die Forschung noch im Gange. Die Bekämpfung der Larven im Boden mit parasitierenden Pilzen, ähnlich wie bei den Engerlingen, wäre naheliegend, brachte aber in Italien noch keine wirklichen Erfolge. Mehr verspricht man sich von parasitierenden Nematoden, die ebenfalls im Boden auf die Larven wirken. Theoretisch sind hier Wirkungsgrade bis etwa 40 Prozent möglich, der Einsatz erfordert Fachwissen und ist aufwendig. Auch Bio-Insektizide (z. B. Azadirachtin) schaffen nur Wirkungsraten von maximal zehn Prozent.
Mit hohen Mortalitätsraten (bis 90 %) wirken leider nur umweltgefährdende Insektizide. In Italien dürfen Wein- und Obstbauern gegen die adulten Tiere Acetamiprid und Deltamethrin einsetzen. Gegen die larvalen Stadien sollen auch noch Cypermethrin und Chlorantraniliprole erlaubt sein, allerdings nur regional und sehr eingeschränkt.
Funde sofort melden
Hohe Bekämpfungsraten sind wichtig, um die Ausbreitung des Japankäfers zu verhindern. Weil natürliche Gegenspieler fehlen, vermehrt sich das Insekt in der Anfangsphase exponentiell. Bereits ein bis zwei Jahre nach Etablierung ist eine jährliche Verzehnfachung der Populationen möglich. Umso wichtiger ist vor diesem Hintergrund die Meldung erster Käferfunde.
- Bildquellen -
- 2437 w02 Japankaefer C Ages Anna Moyses: AGES / anna moyses
- 2437 W01 Popillia Brombeere Tanja Graf Agroscope Zuerich: AGES.at / Tanja Graf, Agroscope, Zürich