Wie macht man Landwirten in diesen schwierigen Zeiten Mut? Wie lässt sich ein höherer Ertrag für die Milch erzielen und wie die Herstellung qualitätsvoller regionaler Almprodukte ankurbeln? Am besten, indem man zusammen an einem Strang zieht. Und so schlossen sich vor fünf Jahren Milchbauern aus Matrei in Osttirol zu einer Genossenschaft zusammen, um die Almsennerei Tauer am Eingang zum Innergschlößtal neu zu beleben. In den 1930er und 1940er Jahren hatte es hier bereits eine Sennerei gegeben, wo die Milch der umliegenden Almen verarbeitet worden war. Das sehenswerte historische Steingebäude wurde von der Genossenschaft vorbildlich modernisiert und mit neuen Gerätschaften und einem einladenden Verkaufsraum ausgestattet. Im Sommer 2017 begann der Betrieb. Rund 35 Almbauern lieferten über Agrargemeinschaften bzw. direkt tagesfrische Rohmilch von 150 im Gschlößtal weidenden Kühen an. Der erfahrene Käser hatte mit seinem Team alle Hände voll zu tun, denn die neue Sennerei war für eine Tagesproduktion von bis zu 3.400 Litern ausgelegt. Und weil sie gleich hinter dem Matreier Tauernhaus und am Weg zu einem beliebten Wanderziel liegt, lief auch alles rund. Im Sommer. Da herrschte sowohl in der Produktion als auch im Verkauf Hochbetrieb, Butter, Käse und Joghurt fanden starken Absatz. Auch Osttiroler Lebensmittelhändler sowie Hotellerie und Gastronomie waren als Abnehmer eingestiegen. Aber um die ganze Milch zu verarbeiten, brauchte es viel Personal und im Winter war dann Schluss mit der Direktvermarktung und man musste komplett auf den Handel ausweichen, der die Preise drückte.
Außerdem waren die Bauern an bestehende Milchlieferverträge gebunden und sie mussten erkennen: Mit dem hohen Produktionsaufwand war der auf dreieinhalb Sommermonate ausgelegte Saisonbetrieb nicht rentabel. Als 2020 die Coronakrise die Situation noch verschärfte und nicht absehbar war, ob die Gäste bzw. Kunden kommen oder ausbleiben würden, war das Risiko einfach zu groß, die Produktion in der Sennerei hochzufahren. Der Betrieb wurde stillgelegt, die Bauern waren wieder zu Einzelkämpfern geworden. Die Almsennerei-Genossenschaft existiert zwar noch, aber ob sie Zukunft hat, ist mehr als fraglich und bislang noch ungeklärt.
Die Alm als wichtige
Existenzgrundlage
Gerhard Steiner, dessen Rieplerhof am Rand der kleinen Fraktion Berg oberhalb von Matrei in Osttirol liegt, war bei der Gründung der Genossenschaft mit dabei und fungierte zeitweilig auch als deren Obmann. „Es ist für viele Bauern natürlich eine Enttäuschung, dass es nicht funktioniert hat, aber zumindest probiert haben wir es.“ Nun liefert er wie die meisten anderen Bauern die Milch wieder an die Molkerei und verarbeitet zum anderen Teil im Sommer mit seiner Frau Theresia die Almmilch zu Weichkäse und Topfen. Dabei setzt er wie schon seit 20 Jahren auf Direktvermarktung der hofeigenen Produkte, außerdem pflegt er eine „Alm-und Sennereipartnerschaft“ mit einem Matreier Milchbauern, der ebenfalls Käse erzeugt.
Die Almmilch bildet dabei eine wertvolle Grundlage und wenn man sie wie Gerhard Steiner noch dazu von der familieneigenen Alm beziehen kann, umso besser. Die zwischen 1500 und 2000 Meter gelegene, ca. 200 Hektar große Riepleralm hat immer schon zum Rieplerhof gehört und stellt eine wichtige Ergänzung zur Berglandwirtschaft dar, denn sie liefert beste Futtergräser. 40 Milchkühe, 40 Rinder, fünf Noriker sowie 30 Schafe gehören der Familie Steiner, 40 Stück Lehnvieh kommt bei der Sömmerung dazu.
Für einen Hofladen
zu abgelegen
Bei der Almarbeit hilft die ganze Familie mit, Gerhards Eltern und sein Onkel kümmern sich ums Hüten und Melken, und auch die vier Kinder von Gerhard und Theresia packen mit an. Für einen Hofladen ist der Hof zu abgelegen, die Direktvermarktung erfolgt mittels aufgestellter Kühlschränke an frequentierten Orten sowie über die Belieferung kleiner Geschäfte und den Verkauf auf dem Stadtmarkt.
Auch der Gästebetrieb in den Ferienwohnungen läuft nach Corona inzwischen wieder zufriedenstellend. „Es schaut alles in allem recht gut aus“, sagt Gerhard. „Das gilt zum Glück auch für die meisten anderen unserer Bauern hier. Den Mut haben wir trotz des Rückschlags nicht verloren, aber die Sorgen sind halt auch nicht weniger geworden.“
Es sind Sorgen, die Gerhard mit den anderen Bauern teilt, egal, ob eingebunden in eine Genossenschaft oder als Einzelkämpfer: Als Schafbauer schaut er mit Sorge auf die Entwicklung mit dem Wolf, als Almbauer hofft er weiterhin auf stabile Förderungen und als Bauer insgesamt kann er nur zuversichtlich sein und alles dafür tun, dass die wirtschaftlichen Säulen seines Hofes – Viehhaltung, Almwirtschaft, bäuerliche Produkte, Gästebeherbergung – die Familie weiter sicher durch die Zukunft tragen werden.
- Bildquellen -
- Image002: Privat
- Bauernladen Rieplerhof: Privat
- Reportage Bergbauer Rieplerhof In Matrei Osttirol: Bergbauer
- Almsennerei Tauer C Major Maik: Major Maik