BauernZeitung: Ist Tierwohl ein Trend, der gekommen ist, um zu bleiben?
VOITHOFER: Ja, natürlich. Es gibt immer mehr mündige Konsumenten, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Die „Geiz-ist-geil“-Mentalität gerät – Gott sei Dank – allmählich in den Hintergrund. Gerade beim Preis besteht aber Handlungsbedarf. Denn der Konsument fordert Tierwohl, zahlen will er es vielfach aber nicht.
Beim Jungbauernagrarforum hat Tierethiker Christian Dürnberger gemeint, der Durchschnittsbürger braucht zwei Formen der Landwirtschaft – eine fürs Gemüt und eine für die Geldbörse. Würden Sie dem zustimmen?
Das ist sehr treffend formuliert. Es gibt in der Bevölkerung leider sehr viel Meinung über Landwirtschaft, aber relativ wenig Wissen. Jeder Landwirt will, dass es seinen Tieren gut geht und dafür tut er auch alles. Aber die Bäuerinnen und Bauern sind halt nicht nur Landschaftsgärtner, sondern auch Lebensmittelproduzenten. Zum aktuellen Verkaufspreis kann nicht alles gefordert werden. Das gilt auch für die zum Teil praxisfremden und untauglichen Vorgaben des Green Deals oder der Biodiversitätsstrategie.
Glauben Sie, dass Konsumenten im Supermarkt ihre Forderung nach mehr Tierwohl vergessen?
Ich bin mir nicht sicher, ob die Forderung überhaupt vom Konsumenten kommt und nicht in erster Linie von der Marketingmaschinerie der Handelsketten initiiert wird. Der Durchschnittsösterreicher greift nur zum Bio- oder Tierwohl-Produkt, wenn der Preis passt.
Salzburg ist ein sehr „milchbetontes“ Bundesland? Gibt es hier überhaupt Potential für mehr Tierwohl?
Noch mehr Tierwohl geht eigentlich nicht. Die Salzburger Milchviehbetriebe haben jetzt schon entweder Weide-, Auslauf- oder Laufstallhaltung. Die wenigen Betriebe, die noch Anbindehaltung haben, sind meist sehr klein und in Bergbauernzone drei oder vier. Von diesen Betrieben kann man keinen Umbau erwarten.
Ihre Meinung zum Tierwohlpakt in einem Satz verpackt?
Der Tierwohlpakt zeigt uns, dass wir mit Elisabeth Köstinger eine starke Unterstützerin der Bäuerinnen und Bauern für die Herausforderungen der Zukunft haben.
Können Tierwohlprogramme bzw. der Tierwohlpakt zum Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe beitragen?
Ja, vor allem in Bereichen wie der Schweinemast oder der Geflügelhaltung, wo international gesehen Wettbewerbsnachteile bestehen. Hier werden öffentliche Mittel wirtschaftsnah eingesetzt um Anreize zu schaffen, durch die heimische Landwirte ökonomisch produzieren können.
Die Corona-Pandemie wird für viele Österreicher auch finanzielle Auswirkungen haben. Wird sich das auf das Einkaufsverhalten und den Tierwohl-Trend auswirken?
Ich glaube, dass wir hier, wie überall im Land, eine Spaltung haben werden. Viele Bürger sagen sich nun: Wir kaufen regional ein, unterstützen die heimischen Produzenten und sichern Arbeitskräfte. Aber es gibt auch eine ganz große Masse, die wie zuletzt kurz vorm Lockdown, sobald sie von minus 20 oder 50 Prozent hören, in Heerscharen zu den Geschäften laufen. Diese Konsumenten werden sich im und nach dem Lockdown nicht anders verhalten. Nichtsdestotrotz wird es immer Menschen geben, die bewusst auf Regionalität und Produktionsbedingungen schauen. In den vergangenen Jahren ist der Prozentsatz dieser Konsumenten gestiegen. Ich hoffe, dass der Aufwärtstrend nach der Pandemie so anhält und wir ihn noch verstärken können.
- Bildquellen -
- Alexandra Voithofer: Sbg Bauernbund/ Susi Graf