Demo-Mist

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Im Jänner zog das grünbewegte Bündnis „Wir haben es satt“ wie jedes Jahr durch Berlin und forderte brav eine Agrarwende in Richtung Bio ein. Vergangene Woche legten in Holland (wie zuvor in Belgien) Bauern mit Hunderten Traktoren nicht nur Den Haag und Brüssel lahm. Deren Protest richtete sich gegen Umweltauflagen. In Holland will Premier Mark Rutte den Stickstoff-Eintrag auf Felder, Wiesen und Weiden bis 2030 massiv reduzieren. Auch rechte Populisten und Corona-Gegner mischten sich unter die radikalen Demos, im Land der Deiche gingen Autos in Flammen auf, auf den Straßen wurde Mist verteilt.
Beiden Protestströmungen ist aus Sicht der Landwirtschaft in Österreich wenig bis nichts abzugewinnen. In Sachen Bio-, Umwelt- und Klimamaßnahmen müssen sich die Bäuerinnen und Bauern hierzulande im internationalen Vergleich alles andere als verstecken. Mit Ökolandbau allein die Lebensmittelversorgung sicherzustellen, mag zwar ein hehrer Wunsch sein, scheitert aber an der Zahlungsbereitschaft (und wohl auch den Möglichkeiten) der Mehrzahl der Menschen.
Hollands Agroindustrie mit Mega-Ställen dagegen baut auf der jahrhundertealten Handelstradition des Landes auf: Produzieren auf Teufel komm raus, um Märkte auch außerhalb der EU mit Fleisch, Käse, Milchpulver zu bedienen. Selbst Gülle wird teuer per Tankwagen außer Landes gekarrt, weil die Fläche dafür fehlt und hohe Nitratwerte im Grundwasser schaudern lassen.
Dass dem ein Umwelt-Riegel vorgeschoben werden soll, leuchtet ein. Auch wenn das für jeden vierten Landwirt in Holland das Aus seines bisherigen Betriebsmodells bedeuten würde.

bernhard.weber@bauernzeitung.at

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