Zehn Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, das ist in der Schweinemast seit geraumer Zeit das spezielle Merkmal des AMA-Gütesiegels Schwein. Dazu kommen erweiterte Bestimmungen bei der Bereitstellung von Beschäftigungsmaterial.
Im Rahmen des Tierwohlpakets 2022 wurde nach langen Verhandlungsrunden zwischen dem Verband Schweinhaltung Österreich und der Bundesregierung ein mittelfristiger Entwicklungsplan beschlossen, der im Rahmen des Gütesiegels ab dem Jahr 2025 das Platzangebot in der Mast auf 15 % über dem Mindeststandard erweitert.
Angleichung mit Deutschland
In die Zwickmühle kommt das heimische Gütesiegelprogramm nun aber durch die enge Verflochtenheit des heimischen Marktes mit Deutschland. Dort hat sich, getrieben durch Lebensmittelhandel und Politik, ein 5-stufiges System der Haltungsformen etabliert. Auch in Österreich kristallisiert sich ein vergleichbares 5-stufiges System heraus, welches sich wie folgt darstellt:
• unterste Ebene mit gesetzlichen Mindestanforderungen,
• AMA-Gütesiegel Basisstufe mit 10% bzw. ab 2025 mit 15 % mehr Platz,
• AMA TW60, u. a. mit um 60 % erhöhtem Platzangebot,
• AMA TW100 mit verdoppeltem Platzangebot und
• Bio-Schweinehaltung.
Die Umsetzung dieser österreichischen Tierhaltekennzeichnung ist von Regierungsseite noch für heuer vorgesehen.
21 % mehr Platz und Raufutter
In der Abstimmung mit der deutschen Haltungskennzeichnung ergibt sich für die Basisstufe des AMA-Gütesiegels allerdings die Herausforderung, dass diese konform mit der Haltungsstufe 2 in Deutschland gehen müsste. Die deutsche Stufe 2 verlangt allerdings 0,844 m² pro Mastschwein zwischen 85 und 110 kg Lebendgewicht, was umgelegt auf heimische Regeln um 20,6 % über dem gesetzlichen Standard liegt sowie ein zusätzliches Raufutterangebot.
Der Druck, das AMA-Gütesiegel derart „scharfzustellen“ kommt von Seiten der großen Handelsketten genauso wie aus der heimischen Fleischindustrie. Man argumentiert, dass die haltungstechnisch besser eingestufte deutsche Ware sogar Preisvorteile hätte und man sich tendenziell vom AMA-Gütesiegel verabschieden würde. Darüberhinaus besteht das Gefahrenmoment, dass die Reputation des AMA-Gütesiegels in der Öffentlichkeit durch massive Angriffe seitens der Tierschutz-NGOs leiden würde.
In Anbetracht der öffentlichen Relevanz des AMA-Gütesiegels und der Kräfte des internationalen Warenhandels wird es wohl keinen anderen Weg geben, als sich mit der AMA-Gütesiegel-Basisstufe auf das Niveau der deutschen Haltungsstufe 2 zu begeben.
Obligate Einbindung der Ferkelstufe
Neben diesem auf die Mastphase fokussiertem Kriterium ist weiters die Einbindung der Ferkelstufe in das AMA-Gütesiegelprogramm obligatorisch. Dies erfolgt seit Jahren im Bereich der geschlossenen Betriebe. Die Herausforderung bestünde hier für den freien Ferkelmarkt bzw. für Mäster, die vom freien Ferkelmarkt zukaufen, wo bis dato keine Einbindung stattfindet. Für eine Vielzahl an Gütesiegelbetrieben ist das eine weitere Herausforderung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit angegangen werden muss.
Höhere Ansprüche erfordern Abgeltung
Für die heimischen Schweinehalter stellt sich die Frage, was kostet es und wie viel wird abgegolten? Die Festlegung der Zuschläge wird rein am Markt entschieden. Schwierige Verhandlungen zwischen Österreichischer Schweinebörse, Fleischwirtschaft und Handel laufen und werden wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
| Dr. Johann Schlederer
Österr. Schweinebörse|
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