Baumarten an Klima anpassen

Elfriede Moser ist seit sechs Monaten im Amt. Das Forstgesetz ist quasi ihre ?Bibel? in allen Belangen der Forstwirtschaft. ©BZ/Mursch-Edlmayr
Elfriede Moser ist seit sechs Monaten im Amt. Das Forstgesetz ist quasi ihre ?Bibel? in allen Belangen der Forstwirtschaft. ©BZ/Mursch-Edlmayr
Wie fällt Ihre Bilanz über die ersten sechs Dienstmonate im OÖ. Landesforstdienst aus? Welche Vorhaben konnten Sie bereits verwirklichen und welche Arbeitsziele verfolgen Sie in absehbarer Zukunft?
Moser
: Etwa 30 Prozent der oö. Waldfläche ist Schutzwald. Die Bestände sind teilweise überaltert und weisen keine ausreichende Verjüngung auf. Zudem haben wir gerade im Gebirge auch in höheren und teilweise unerschlossenen Lagen größere Kahlflächen durch Windwürfe und Käferkalamitäten. Das erhöhte Augenmerk liegt daher in der Wiederbewaldung dieser teilweise seichtgründigen Kalk- und Dolomit-standorte, die durch den Verlust der geringmächtigen Bodendecke sehr ero-sionsgefährdet und unwiederbringlich verloren sind. Die Begründung eines vitalen Bergmischwaldes ist unmittelbar mit der richtigen Baumartenwahl aber auch mit einem angepassten Schalenwildstand verbunden. Ich habe im Sommer bereits zahlreiche Begehungen im Schutzwald mit den betroffenen Waldeigentümern durchgeführt. Zudem wurden genaue Erhebungen der verjüngungsnotwendigen Stammzahlen durchgeführt, um auch entsprechende behördliche Maßnahmen in die Wege zu leiten. Zu den mittelfristigen Arbeitszielen gehört die zweckmäßige Walderschließung, die bodenschonende Holzernte und der Waldumbau in standortsangepasste, naturnahe und stabile Laubmischwälder.

Worin sehen Sie die größten zukünftigen Herausforderungen in der Waldbewirtschaftung?
Moser: Neben dem Schutzwald haben wir den Wirtschaftswald. Für die Zukunft ist es einerseits wichtig, dass die Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden, gesund und stabil sind und andererseits den Rohstoff Holz hervorbringen. Der Wald ist in der Leistungsbilanz Österreichs einer der wichtigsten Aktivposten. Der Produktionswert der österreichischen Forst- und Holzwirtschaft beträgt zwölf Milliarden Euro. Gemeinsam mit den Waldeigentümern muss der Wald im Sinne der multifunktionalen Forstwirtschaft bewirtschaftet werden. Mittelfristig müssen alle Wirkungen des Waldes, sprich Schutz-, Wohlfahrts-, Erholungs- und ganz besonders die Nutzwirkung, erfüllt werden.

Welche Rolle spielt die Waldbewirtschaftung beim Thema Klimaschutz?
Moser: Holz ist der ökologische Rohstoff unserer Zeit, hat kurze Transportwege, ist in der Naturfabrik hergestellt und bindet das klimaschädliche CO2. Wenn Holz verrottet bleibt kein negativer Restwert. Wald hat in Bezug auf die Wohlfahrtswirkung eine sehr stark ausgleichende Wirkung auf Luft-, Wasser- und Bodenhaushalt. Er vermag nicht nur CO2 aufzunehmen sondern auch die Luft zu filtern. Zudem ist er ein Sichtschutz, hat ein sehr gutes Wasser-Rückhaltevermögen und wirkt sich positiv auf die Wasserqualität und das Grundwasser aus.

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf den heimischen Wald?
Moser: Wenn die Jahresmitteltemperatur zunimmt und die Niederschläge gleichbleibend oder rückläufig sind, dann bewirkt das einerseits Trockenstress für die Bäume und in der Folge eine Schwächung der Baumvitalität. Andererseits wird durch die Wärmesumme die Vermehrungsrate der Borkenkäfer begünstigt. Damit wir gesunde und leistungsfähige Wälder heranziehen können, ist es wichtig, dass wir die Baumarten an die Klimaänderungen anpassen und rechtzeitig die Wälder mit trockenresistenteren Baumarten umbauen, um die Borkenkäferschadholzmengen zu reduzieren. Dazu ist es notwendig, dass wir in unseren Beratungen auch hofferne Waldbesitzer erreichen.

Welche Baumarten sind davon am meisten betroffen?
Moser: In erster Linie ist mit der Fichte der Brotbaum der Forstwirtschaft davon betroffen. Bei einer Jahres-mitteltemperatur von elf Grad Celsius kann sie keine geschlossenen, zu-sammenhängende Waldbestände mehr ausbilden. Zu Beginn der Aufzeichnungen 1762 lag die Jahresmitteltemperatur in Kremsmünster bei 7,8 Grad. Seit den 70er-Jahren (Anm.: 8,3 Grad) steigt die Temperatur rapide an, schneller als sich die Baum­arten anpassen können. Derzeit liegt die Jahresmitteltemperatur bei 9,5 Grad.

Wie kann man die Wälder klimafit machen?
Moser: Wir brauchen Baumarten, die mit wärmeren Verhältnissen zurechtkommen und die keinen Schädling haben. Tanne, Buche, Eiche und Douglasie sind eine interessante Alternative. Zudem hat auch die Waldpflege eine große Bedeutung: Rechtzeitige Durchforstung, Standraumregulierung vor der Durchforstung, Förderung der Naturverjüngung, sorgsame Pflanzung bereits bei der Bestandesbegründung sowie teilweise auch eine Herabsetzung der Umtriebszeit.

Stichwort Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker – inwieweit soll der Wald für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden?
Moser: Gemäß den Bestimmungen des Forstgesetzes dienen Forststraßen klar der Waldbewirtschaftung.
Eine generelle Forststraßenöffnung würde daher die Waldbewirtschaftung behindern und teilweise auch den Interessen anderer Naturnutzer, wie jene der Jagdausübung oder beispielsweise von Erholungssuchenden im Wald zuwiderlaufen.

In Österreich wächst jährlich mehr Holz nach als entnommen wird. Sollte es nicht ein Ziel sein genau so viel zu nutzen wie nachwächst?
Moser: Der Holzvorrat im Oö. Wald beträgt 160 Millionen Vorratsfestmeter. Gerade im Bauernwald liegt die Nutzung mit 8,7 Festmeter pro Hektar deutlich unter dem Zuwachs. Der Bauernwald wird auch als grüne Sparkasse gesehen. Das ist sozusagen eine sichere Anlage. Der forstliche Zinsfuß im Wald ist zur Zeit sicher höher als jener der Bank. Daher wird auch Holzvorrat aufgebaut. Wir müssen den Waldbesitzern aber schon auch immer wieder vor Augen führen, dass man im Wald durchaus positive Deckungsbeiträge erzielen kann.

Wie sehen Sie als Jägerin die Wald-Wild-Frage?
Moser: Im dicht besiedelten und forstwirtschaftlich genutzten Naturraum Österreichs muss das Schalenwild re-guliert werden. Ohne Ausübung der Jagd kann der Jungwald nicht wachsen. Forstleute und Jäger müssen daher die Wald-Wild-Frage gemeinsam wahrnehmen, damit wir tragbare an die Waldverjüngung angepasste Wilddichten haben und die ökolo-
gisch wertvollen Mischbaumarten aufkommen können.

Welcher Baum ist Ihr Lieblingsbaum und warum?
Moser: Mein Lieblingsbaum ist die Eiche. Sie ist ein schöner und mächtiger Baum, der wärmeliebend ist und gutes Holz hervorbringt. In der Baumkrone ist zudem eine sehr große Artenvielfalt an Lebewesen beherbergt. Auch die Eicheln sind eine schöne Frucht, die wiederum dem Wild als Äsung dienen.

Zur Person

Landesforstdirektorin Elfriede Moser ist auf einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Mühlviertel aufgewachsen. Nach dem Studium der Forst- und Holzwirtschaft arbeitete sie als Assistentin an der Universität für Bodenkultur, bei den Land- und Forstbetrieben in Wien und war als Forstliche Amtssachverständige in forst- und jagdrechtlichen Berufungsverfahren beim Land Oberösterreich in Linz tätig. Zuletzt leitete sie den Forsttechnischen Dienst der Bezirkshauptmannschaft Perg. Mit April 2016 hat die 47-Jährige die Leitung des Oö. Landesforstdienstes in Linz und somit die Forstaufsicht über die oö. Waldfläche von 500.000 Hektar übernommen.

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