Am hinteren Ende des Ötz- tals liegt Obergurgl. Das bekannte Bergdorf auf 1.930 Metern Seehöhe erfreut sich als schneesicherer Wintersportort großer Beliebtheit. Zwischen schicken Bars und mondänen Hotels findet sich im Ort auch ein Stück Tiroler Tradition: der Bergbauernhof von Familie Grüner. Dieser wird mittlerweile in fünfter Generation bewirtschaftet.
Eigentlich hat Martin Grüner eine HTL für Holz- und Innenausbau besucht und sogar in Neuseeland als Skilehrer gearbeitet. Als die Übernahme der elterlichen Landwirtschaft zur Diskussion stand, entschied er sich für einen zweiten Karriereweg. „Für mich stand von Anfang an fest, dass ich versuchen werde, den Hof im Vollerwerb weiterzuführen. Neben- bei einen anderen Beruf auszuüben, um Bauer sein zu können, hat für mich keinen Sinn gemacht“, hält Martin fest.
Hochwertige Produkte
Ursprünglich wurden im Stall Rinder und Zuchtschafe gehalten. 2017 stiegen Martin und Maria Grüner auf reine Milchziegenhaltung um. „Vor allem gefällt mir an Ziegen ihr Charakter. Ich fand das für mich einfach passend. Natürlich ist auch die Wertschöpfung interessant, da wir Nischenprodukte mit Alleinstellungsmerkmal herstellen“, betont der Bergbauer. Heute zählt der Viehbestand zwischen 40 und 50 Milchziegen, zum überwiegenden Teil gemsfarbige Gebirgsziegen. Diese berggängige Rasse ist für das hochalpine Gelände bestens geeignet. Immerhin liegen die Bergwiesen der Grüners mit vitaminreichen Almkräutern auf bis zu 2.800 Metern Seehöhe. Im Winter bekommt die Ziegenherde ausschließlich Obergurgler Bergheu. Wohl und Gesundheit der Tiere haben für das Betriebsführer-Ehepaar höchste Priorität, sind diese Faktoren doch der Garant für beste Ziegenrohmilch.
2018 entstand die Hofkäserei mit eigenem Natur-Felsenkeller. Sie ermöglicht die Veredelung der Rohmilch. Dafür absolvierte Martin Grüner einen Grundkurs zur Milchverarbeitung in Rotholz. Später hieß es aus- probieren. „Wir sind auch ins Piemont und nach Südfrankreich gefahren.“ Speziell der französische Einfluss war dem Käsemacher wichtig. Das Endergebnis nach einjähriger Entwicklungsphase war „ein Ziegenweichkäse mit weißem Milchschimmel, aus dem sich die würzigen Aromen unserer blühenden Almwiesen schmecken lassen“, schwärmt Martin. 2020 wurde der erste Weichkäse verkauft. Fünf andere Sorten sind seither noch dazugekommen, darunter ein edler Ziegenkäse mit feiner Holzascheschicht, ein mindestens sechs Monate gereifter Hartkäse und auch ein Blauschimmelkäse.
Je nach Jahreszeit erhalten die Kunden bei Familie Grüner auch Kitzfleisch, „Goaswurzen“ und Speck von Hausschweinen, welche mit der Molke aus der Käseherstellung gefüttert werden. Das Angebot im Hofladen wurde mit erlesenen Produkten von Freunden und regionalen Erzeugern erweitert.
Qualität hat ihren Preis
Vertrieben werden die Produkte vor allem in der Direktvermarktung, durch Belieferung der Top-Gastronomie in der Region sowie ausgewählte Verkaufsstellen. An weiter entfernte Abnehmer werden die Erzeugnisse auch versendet. Nicht funktioniert hat indes ein Selbstbedienungsautomat, räumt Maria ein. „Auch für den Handel sind unsere bäuerlichen Qualitätsprodukte preislich uninteressant. Aber daran dürfen wir uns nicht messen lassen. Unterm Strich müssen wir davon leben können.“ Und das heißt streng kalkulieren.
„Als Landwirt darf man sich nicht unter Wert verkaufen. Viele Kunden schätzen den direkten Kontakt im Hofladen. Dort hat man auch Gelegenheit, sich zu unterhalten. Wenn Abnehmer den Herstellungsprozess und die Geschichte hinter unseren Produkten kennen, sind sie auch bereit, dafür mehr zu zahlen.“ Ihr sei vor allem diese Bewusstseinsbildung wichtig. „Dass man erkennt: Dieses Produkt ist seinen Preis wert“, sagt die gebürtige Südtirolerin.
Man müsse stets innovativ bleiben und Netzwerke aufbauen, meint Martin Grüner abschließend. Das ist eine allumfassende Aufgabe, bei der die gesamte Familie zusammenhilft. So ist der Ötztaler von November bis August täglich mit dem Käsen beschäftigt. Pausiert wird nur im September und Oktober. „Je frischer die Milch, desto mehr Qualität hat ein Produkt. 365 Tage im Jahre würde ich das nicht schaffen.“
Auf einen Blick
Die Bergbauern Maria und Martin Grüner halten auf ihrem Hof 40 bis 50 Milchziegen mit eigener Nachzucht (zwei Drittel gemsfarbige Gebirgsziegen, ein Drittel bunte Edelziegen) in Obergurgl. Der Betrieb auf einer Seehöhe von über 1.930 Metern wird bereits in fünfter Generation bewirtschaftet. Früher wurden Milchkühe und Zuchtschafe gehalten. Die Nutzfläche umfasst acht Hektar, davon werden zwei Hektar händisch bewirtschaftet. In der eigenen Käserei erzeugt werden hauptsächlich Ziegenmilchprodukte von höchster Qualität. Diese werden direkt im Hofladen und an die regionale Gastronomie vertrieben.
- Bildquellen -
- 3 Hofladen: Johannes Brunner
- 4 Goaskas: Johannes Brunner
- 2 Goas Im Stall: Johannes Brunner
- 1 Familie Grüner: Johannes Brunner