Zur Erinnerung: In der EU wurde 2018 der Einsatz von drei neonicotinoiden Wirkstoffen (Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam) zur Behandlung von Saatgut verboten. In einigen Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, wurde die Verwendung von Neonicotinoiden seither in Form von expliziten Notfallzulassungen ermöglicht, hierzulande etwa bei Rüben konkret mittels Saatgutbeize zur Bekämpfung von Blattläusen als Überträger von Viruserkrankungen. 

Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass auch das – eigentlich Notfallzulassungen generell – nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Der EuGH war im Zuge einer Klage eines belgischen Imkers sowie zweier Umweltorganisationen damit befasst worden. Die Entscheidungen sind laut dem EuGH für die nationalen Instanzen bindend.

In Frankreich müssen die Zuckerrübenerzeuger daher künftig auf mit Neonicotinoiden behandeltes Saatgut verzichten. Landwirtschaftsminister Marc Fesneau gab vergangene Woche in Paris bekannt, man werde sich dem Urteil fügen und für 2023 keine Notfallzulassungen erteilen. Sicherstellen wollen die Franzosen außerdem, dass die Entscheidung des EuGH auch in den anderen Mitgliedstaaten „respektiert“, sprich eingehalten wird.

Anders als in Frankreich, immerhin Europas Rübenbaunation Nummer eins, bedeutet das EuGH-Urteil für einige EU-Staaten, allen voran Deutschland, Ungarn, die Slowakei oder Estland und Litauen, ein besonderes Dilemma. Dort wurden teils noch vor dem Jahreswechsel bereits Notfallzulassungen für verschiedene Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel erteilt. In Österreich wurden ebenfalls vier Notfallzulassungen bei der Bundesanstalt für Ernährungssicherheit (BAES) eingereicht, darunter eine vom Rübenbauernbund für eine Neonics-Beize von Zuckerrübensaatgut. 

Nach Bekanntwerden des EuGH-Urteils sagte der Sprecher des BAES in Wien, Roland Achatz: „Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis. Inwiefern es für Österreich bindend ist, gilt es jetzt juristisch zu bewerten und zu analysieren.“ Man warte nun eine Einschätzung der EU-Kommission ab, heisst es im Landwirtschaftsministerium. 

„Inwiefern das Urteil für uns bindend ist, gilt es jetzt juristisch zu bewerten.“

Roland Achatz, Sprecher BAES

Für den NÖ Bauernbund warnten Bauernbunddirektor Paul Nemecek und der EU-Abgeordnete Alexander Bernhuber prompt vor einem drohenden Aus für das Neonics-Beizmittel. Sollte es keine Notfallzulassung im speziellen Fall für den Rübenanbau mehr geben, würde wohl die nötige Rübenfläche für den wirtschaftlichen Betrieb der Zuckerfabriken in Tulln und Leopoldsdorf nicht erreicht werden. Damit würden mitten in der Krise auch Arbeitsplätze verloren gehen. 

Ebenso wenig begeistert zeigte sich erwartungsgemäß der Verband der Rübenerzeuger in Frankreich (CGB). Der warnte ebenso vor einem Rückgang des Anbaus und sieht damit die Ernährungssouveränität der EU bedroht. „Absolut notwendig“ ist für den CGB vor diesem Hintergrund auch die Entschädigung für Ertragsverluste im Rübenbau.

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AUTORBernhard Weber
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