Almgeschichten Folge 7: Auf der Alm hat sich auch vieles zum Guten verändert

Der Weerberger Bauer Hans Hirschhuber verbringt heuer den 50. Sommer auf der Nafingalm.

Hahn im Korb: Hans mit der jungen Generation Almbäuerinnen.

Ungefähr 14 kurvenreiche Forststraßen-Kilometer sind es von Weerberg bis zum Nafingalm-Niederleger. Dort steht etwas oberhalb des Alpenvereinshauses Weidener Hütte auf 1.800 Meter, umgeben von anderen  Almgebäuden, eine bescheidene Hütte mit der Adresse „Nafingalm 11“. Es ist Hans Hirschhubers Almbleibe. Neben dem Leachhof in Weerberg, den er mittlerweile an einen seiner Neffen übergeben hat, ist die Hütte sein wahres Zuhause, denn er verbringt heuer seinen 50. Sommer auf der Nafingalm.

Hans ist hier Hirte und Melker und als langjähriger Obmann der Agrargemeinschaft auch bestens vertraut mit allen organisatorischen Belangen. Die sieben Bauern der Agrargemeinschaft Nafingalm, von denen fünf ihr Vieh auftreiben, nennen ihn ihren „Oberboss“, denn keiner hat so viel Erfahrung mit dem Almgebiet und kann so gut mit dem Vieh umgehen wie Hans. Heuer sind es insgesamt 158 Stück Vieh, davon 93 Milchkühe, die er mit den anderen Hirten und Bauern zu betreuen hat. 

„Den 50er feiern? Das ist nicht wichtig!“, sagt der 1961 geborene, durchaus leutselige Hans. „Für mich ist es das schönste Geschenk, dass ich gesund bin und die Almarbeit ordentlich erledigen kann. Es ist auch eine große Freude, dass alle Bauern unserer Almgemeinschaft so fest zusammenhalten, die Alten wie die Jungen. Wir haben auf der Alm in den letzten Jahrzehnten einige Modernisierungen vorgenommen, deshalb ist jetzt auch die junge Generation wieder voll dabei. Das waren gute Entscheidungen, denn so, wie wir früher gearbeitet haben, wäre das für niemanden mehr zumutbar!“ 

Quelle: Agrargemeinschaft Nafingalm
Die Kühe auf dem Weg zur Hochalm.

Besonders steile Bergweiden

Droben am Hochleger über der Baumgrenze auf 2.300 Meter gefällt es Hans besonders gut, weil sich hier das Tal noch einmal weitet, bevor es am Geiseljoch endet, von wo aus man auf die Tuxer Gletscher schauen kann. Die atemberaubend steilen Hänge, auf denen die Kühe und Kälber im Hochsommer weiden, können Hans auch jetzt im fortgeschrittenen Alter nicht schrecken. Er kennt hier jeden Steig und jeden Stein. Mittlerweile sei die Arbeit auf der Alm ja schon fast bequem, meint Hans schmunzelnd und verweist u. a. auf die Zäune, die das Vieh daran hindern, bis in die ganz gefährlichen Regionen zu grasen. Früher stürzten dort immer wieder Kühe ab. Auch durch den Bau des Melkstands im Jahr 2014 und des bis weit hinauf befahrbaren Forstweges sei die Arbeit sehr viel leichter geworden.

Hans erzählt, wie er als junger und auch nicht mehr ganz junger Mann im freien Gelände mit der Hand zweimal täglich bis zu 40 Kühe gemolken hat. „Die Milch haben wir in Zumbeln hinunter zum Niederleger getragen. Eine Zumbel fasste 80 Liter, wir waren damit eine Dreiviertelstunde unterwegs.“ Ein Rücken- und Kniebrecherjob also, „aber als Junger hab ich nichts gespürt und der Arzt hat zu mir gesagt, ich kann mich gefasst machen, das kommt dann im Alter. Er hatte recht, aber noch geht’s!“ 

Quelle: Prugger
Hans Hirschhubers Sommerrefugium: Seine Hütte auf der Nafingalm.

Wundermittel Milch und Melkarbeit

Manchmal hat Hans die Ärzte überrascht, wie damals, als er sich durch einen kleinen Kratzer am Finger eine schlimme Infektion zuzog und sein Arm beängstigend anschwoll. Die Operation war nicht zu vermeiden, die Almarbeit musste für sechs Tage unterbrochen werden. Eigentlich hätte der Krankenstand länger gedauert, aber Hans wollte unbedingt zurück auf die Alm. „Ich komme zur Kontrolle, aber die Therapie mach ich mir selber“, sagte er zum Arzt.

Dieser war sehr erstaunt, als Hans ihm nach ein paar Wochen seine gelenkigen Finger zeigte. Wie er das bewerkstelligt habe? Das tägliche Training beim Handmelken und Einreibungen mit Milch seien die Wundermittel, erklärte ihm Hans. Heute erinnert er sich: „Das Melken mit der operierten Hand und den steifen Fingern hat sehr weh getan und ich musste die Zähne zusammenbeißen, aber dadurch heilte meine Hand schneller als gedacht.“   

Die schlimmste Almsaison, an die Hans sich erinnern kann, war der Sommer 1977. „Da kam fast jede Woche Schnee und wir mussten mit dem Vieh ein paarmal hinauf und hinunter. Der Sommer 1976 war viel zu trocken, aber ab 2. September war tiefster Winter und der Almsommer vorbei.“  Mit dem heurigen Almsommer war Hans bis zu meinem Besuch Anfang August sehr zufrieden. „Genügend Wasser, saftiges Weidegras, gute Milch!“ Bleiben eigentlich keine Wünsche mehr offen, oder doch? „Dass mir noch etliche gute Almsommer auf der Nafing-alm gegönnt sind, das wäre fein!“

Quelle: Privat
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  • PHOTO 2023 08 16 17 46 05: Agrargemeinschaft Nafingalm
  • IMG 7036: Prugger
  • I.Prugger 2sp: Privat
  • Schnapstrinken: Foto: Alois Gruber, Nafingalm
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AUTORIrene Prugger
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