Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Damit trotz Corona-Ausbreitung die heimische Lebensmittelversorgung sichergestellt bleibt, muss die Arbeit auf Österreichs Bauernhöfen, auf den Feldern, in den Ställen, in den Gemüse- und Obstbetrieben trotz aller immer strenger werdenden Quarantäneauflagen weitergehen. Die Landwirtschaft hat in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten neben der medizinischen Versorgung eine ganz besondere strategische Rolle als Rohstofflieferant. Noch kaum überschaubare Probleme könnten drohen, wenn nun Aussaat und Kulturpflege, der Futterbau, die Tierhaltung, vor allem aber die Ernte nicht abgesichert werden. Besondere Herausforderungen kommen auch auf die Verarbeitung zu: Viele (Saison-)Arbeitskräfte aus mittel- und osteuropäischen Nachbarländern, nicht nur Mitarbeiter auf Agrarbetrieben und Erntehelfer, sind Hals über Kopf nach Hause gereist oder fallen wegen der gesperrten Grenzen aus, auch in der Fleischverarbeitung, in Gemüsebetrieben, in der Logistik.
Jetzt sind helfende Hände allerorts gefragt. Die Bäuerinnen und Bauern packen täglich an. Die große Frage ist: Wer aber packt mit ihnen an? Die Landwirtschaftskammern von Niederösterreich und Wien haben das Problem nicht nur sofort erkannt, sondern auch prompt reagiert. Seit Dienstagabend gibt es eine Online-Plattform für die Arbeitskräftevermittlung, binnen weniger Stunden auch abgestimmt und ausgedehnt auf andere Bundesländer (alle Details dazu auf noe.lko.at). Verantwortungsvolle Bauernbündler auf allen Ebenen arbeiten trotz aller technischen Schwierigkeiten, die der überhastete Umstieg auf Homeoffice für manche mit sich bringt, an raschen Lösungen. Jetzt ist Solidarität unter allen Bevölkerungsgruppen und Berufen gefragt.
Umso ärgerlicher ist da der Aufruf in den Sozialen Medien, den etwa in Deutschland durchgeknallte Aktivisten von „Land schafft Verbindung“ verbreiten. „Liebe Friday-for-Future-Jünger, jetzt habt ihr die Chance, einmal aktiv und tatsächlich etwas für die Gesellschaft zu tun (…) Ihr habt keine Schule, ihr habt auch mal wirklich Zeit! Also erwarten (wir) Euch zu Hunderten auf den Feldern unserer Landwirte! Macht mal was Sinnvolles! Und keine Angst, der CO2-Wert auf dem Land ist gering!“
Sprechen wir es unmissverständlich aus: Liebe „Land schafft Verbindung“-Aktivisten, so schafft man keine Verbindungen, sondern kappt diese. Euer Posting ist absolut vertrottelt und verwerflich. Was die Landwirtschaft jetzt braucht, sind keine Anpöbelungen von Kindern und Jugendlichen (die sich im Übrigen nicht auf Corona-Ferien befinden). Setzen wir besser auf sympathische Ermunterungen. Nach dem Motto: Wer packt mit (uns) an?! Übrigens: Längst haben auch viele Jugendliche und Studierende den Bäuerinnen und Bauern ihre Unterstützung und Hilfe angeboten. Darunter würde man mit Sicherheit wohl auch einige Fridays-for-Future-Sympathisanten finden. Aber ist das derzeit wirklich relevant?