Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zur nie dagewesenen Krise wegen Covid-19. Das Interview wurde via Video-Telefon geführt.
BauernZeitung: Österreich befindet sich derzeit in einer sehr schwierigen Situation. Was bedeutet das für die heimische Landwirtschaft?
KÖSTINGER: Zuerst: „Danke“ an unsere Bäuerinnen und Bauern. Sie sorgen jetzt dafür, dass unsere Lebensmittelversorgung gesichert ist. Speziell in Krisenzeiten wird immer mehr Menschen bewusst, wie wichtig heimische, regionale Produktion ist. Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln war für viele von uns bisher immer selbstverständlich. Nun wissen wir, wem wir sie zu verdanken haben: unseren Bäuerinnen und Bauern, die diese Lebensmittel herstellen und dafür jeden Tag in den Stall oder aufs Feld gehen. Aber um es klar auszusprechen: Die Corona-Krise ist die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Situation ist in vielerlei Hinsicht sehr ernst. Die Bundesregierung trifft alle Vorkehrungen, um die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Alle Behörden auf Bundes- und Landesebene arbeiten sehr eng zusammen. Ich bin täglich in Kontakt mit den Landwirtschaftskammern und den Agrarlandesräten der Bundesländer. Wir werden alles dafür tun, dass die Lebensmittelversorgung in Österreich weiterhin gesichert ist.
Ist die Versorgung der Bevölkerung notfalls auch über längere Zeit gesichert?
Entscheidend dafür ist das weitere Funktionieren der Versorgungs- und Lieferkette. Es braucht hier nun das Zusammenspiel von Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitern und dem Lebensmittelhandel. Seit einigen Tagen kommt es zu einer deutlich erhöhten Nachfrage nach Lebensmitteln. Unsere Landwirtschaft sichert aber auch in dieser kritischen Phase die Versorgung.
Wie sicher sind generell unsere Lebensmittel und unser Wasser?
Das Coronavirus kann nicht über Lebensmittel oder Wasser übertragen werden. Das ist wichtig, dass wir das der Bevölkerung immer wieder sagen.
Ist garantiert, dass die Landwirte ihrer Arbeit nachgehen können? Welche Einschränkungen gelten auch für diese Berufsgruppe?
Bäuerinnen und Bauern können ihrer Tätigkeit auf den Betrieben möglichst uneingeschränkt nachgehen. Die Landwirtschaft zählt zur unverzichtbaren Versorgungsinfrastruktur. Die damit verbundene, systemrelevante Infrastruktur, wie etwa der Agrarhandel, hat weiter geöffnet, um Saatgut oder andere Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen. Wir stellen auf unserer Homepage (www.bmlrt.gv.at) täglich aktualisiert die wichtigsten Informationen für alle Bauern bereit. Dort kann und sollte man sich regelmäßig informieren. Wobei auch die Bäuerinnen und Bauern ihre sozialen Kontakte möglichst reduzieren sollten.
Auch die bäuerlichen Betriebe werden von den wirtschaftlichen Folgen von Corona nicht verschont bleiben – nicht zuletzt durch die enge Verbindung mit dem Tourismus. Kann auch die Landwirtschaft mit Unterstützung rechnen?
Eine Krise wie diese hat das Land seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Unser oberstes Ziel ist es, die Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten und die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Um die Wirtschaft in Österreich aufrecht erhalten zu können, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz sofort einen Krisenfonds in der Höhe von 4 Milliarden Euro aufgestellt, um jetzt jenen Branchen zu helfen, die komplett zusammengebrochen sind, sowie jenen, die von heute auf morgen ihr gesamtes Einkommen verloren haben. Wir müssen jetzt alle zusammenhalten. Meine dringende Bitte: Jetzt ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen und offene Rechnungen mit Handel und Wirtschaft zu begleichen! Auch stehen wir erst am Beginn einer noch nie dagewesenen Ausnahmesituation. Wir beobachten die Agrarmärkte und werden nach Möglichkeit Maßnahmen treffen, um im Falle von Problemen das Notwendigste abzufedern.
Wie soll ein landwirtschaftlicher Betrieb damit umgehen, wenn ein Coronavirus-Fall in der Familie auftreten würde?
Verdachtsfälle wie auch bestätigte Infektionen müssen sofort unter der Telefonnummer 1450 gemeldet werden. Die Behörde trifft dann alle erforderlichen Maßnahmen. Den Anweisungen der Gesundheitsbehörde ist unbedingt Folge zu leisten.
Gerade auf Bauernhöfen leben sehr oft noch mehrere Generationen in einem Haus, wie Kinder und besonders gefährdete ältere Personen. Wie sollen Familien mit dieser Situation umgehen?
Zusammenhalten und zu Hause bleiben. Vor allem bei älteren Menschen ist der Verlauf des Coronavirus meist ein schwerer! Deshalb unsere eindringliche Bitte: Jeden Kontakt zwischen Kindern und älteren Menschen verhindern, auch wenn das im Familienverband sehr schwer ist. Es gibt nur noch drei Gründe, um das Haus zu verlassen: Um Arbeiten am Betrieb zu erledigen, die nicht aufschiebbar sind, um anderen Menschen zu helfen, weil sie es selbst nicht können oder um dringend notwendige Besorgungen, wie Lebensmittel, zu machen. Für ältere Menschen sollte man Einkäufe miterledigen.
Wie gehen Sie persönlich mit der außergewöhnlichen Situation um?
Mein Team und ich sind rund um die Uhr im Einsatz. Unsere Krisenstäbe bewerten die Lage mehrmals jeden Tag, um sofort reagieren zu können. Besprechungen haben wir, wenn möglich, auf Video- oder Telefonkonferenzen umgestellt. Das Ministerium und seine Dienststellen sind nur mehr von dringend notwenigem Schlüsselpersonal besetzt. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Und Kontrollen und Antragstellungen sind ausgesetzt.
Ihr Botschaft an die Bäuerinnen und Bauern?
Im Namen von Kanzler Sebastian Kurz und der gesamten Bundesregierung ein aufrichtiges “Danke” an alle. Und bitte helft uns, gemeinsam durch diese Krise zu kommen. Unser Land braucht und dankt euch!
- Bildquellen -
- Bundesministerin Elisabeth Köstinger: BMLRT/Paul Gruber