Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.
Englands Politikerkaste hat es geschafft: Selbst Queen Elisabeth II., die sich bislang noch nie in ihrer 67jährigen Amtszeit in die profanen Niederungen britischer Tagespolitik begeben oder geschweige denn eingemischt hat, ist angesichts des irrwitzigen Brexit-Dramas „not amused”. Bemerkenswert scharf grollt sie den Spitzenpolitikern des Vereinigten Königreichs und spricht von deren „Unfähigkeit, zu regieren”, liest man in der Sunday Times.
Am 31. Oktober ist es soweit. Londons neuer Premier Boris Johnson steuert auf den „harten” Brexit ohne Austrittsvertrag mit Brüssel zu. Mit schwerwiegenden Folgen. Für England und die EU. London, so Wirtschaftsexperten, müsse sich auf einen Wertverlust von 25 Prozent des britischen Pfund einstellen. Ebenso auf den Verlust hunderttausender Arbeitsplätze (Autoindustrie, Finanzbranche) sowie massive Exportprobleme. Mittlerweile hat die britische Bevölkerung längst mit Hamsterkäufen (in Höhe von vier Mrd. Euro) begonnen. Die EU wiederum verliert mit England ihren zweitgrößten Nettozahler – das Vereinigte Königreich überwies 2017 netto 5,6 Mrd. Euro nach Brüssel (2015 waren es durch Sondereffekte noch über elf Mrd. Euro). Diesen Fehlbetrag werden die verbliebenen EU-Nettozahler (also auch Österreich) mit zusammen vielleicht bis zu zehn Mrd. Euro auszugleichen haben, oder es kommt zu EU-Ausgabenkürzungen in dieser Höhe. Fazit: Noch bleiben knapp zwei Monate bis zum D-Day in Sachen Brexit. Soviel steht fest: Es wird mit Sicherheit ein Herbst mit schweren Stürmen. Für England, aber auch für die EU.