ÖVP-Chef Stocker: „Das Ergebnis ist einfach gut“

Die Parteichefs von ÖVP, SPÖ und NEOS haben heute ihr gemeinsames Regierungsprogramm für die nächste Bundesregierung präsentiert. Christian Stocker hob dabei auch die besondere Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft hervor.

Andreas Babler, Christian Stocker und Beate Meinl-Reisinger mit dem 211 Seiten starken Programm.

Das Motto der künftigen Zusammenarbeit der Dreierkoalition lautet: „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich“. Laut ÖVP-Chef Stocker stand bei den Verhandlungen in den vergangenen zwei Wochen der „Konsens der konstruktiven Kräfte für das Land“ im Vordergrund. Damit sei Österreich schon in der Vergangenheit gut gefahren. Und das sei „in Zeiten der Umbrüche“, angesichts eines geopolitisch und wirtschaftlich schwierigen Umfeldes, umso mehr erforderlich.

Bei der Erarbeitung des Programms seien Parteipolitik wie auch Einzelinteressen hintangestellt worden. „Das Ergebnis ist einfach gut“, betonte Stocker.

In seiner ersten Aufzählung der wichtigsten Eckpunkte des Programms nannte der künftige Bundeskanzler auch die Verständigung aller drei Parteien darauf, speziell die Bauern zu unterstützen, etwa durch Erhalt der GAP-Mittel zur Absicherung der vielen Familienbetriebe und der kleinstrukturierten Landwirtschaft.

Das bisherige Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasser bleibt weiterhin ein Ressort der ÖVP, künftig wieder zuständig auch für den Klima- und Umweltschutz.

Was im Programm über die Landwirtschaft steht

Der BauernZeitung liegt auch schon das insgesamt 211 Seiten fassende Regierungsprogramm vor. Hier einige der wichtigsten Vorhaben aus dem Agrarkapitel, die von der künftigen Dreierkoalition darin festgehalten werden:

  • „Unsere Land- und Forstwirtschaft mit ihren bäuerlichen Familienbetrieben ist ein strategisch bedeutender Sektor. Zudem möchten wir unser Wasser schützen und nachhaltig nützen. Gleichzeitig bekennen wir uns zu einem sorgsamen Umgang mit der Ressource Boden und zur Reduktion des Bodenverbrauchs.“
  •  „Wir setzen uns für eine wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltige Agrarpolitik ein, die betriebliche Einkommen sichert und multifunktionale Leistungen für die Gesellschaft festlegt.“

GAP-Finanzierung

  • „Die Finanzierung der derzeitigen GAP (bis 2027) wird auf dem bisherigen Niveau (samt Impulsprogramm) gewährleistet.“
  • „Die Bundesregierung setzt sich für den Erhalt der GAP-Mittel auf europäischer Ebene in ausreichender Höhe ein, insbesondere der Ländlichen Entwicklung. Zudem wird die nationale Kofinanzierung fortgeführt.“
  • „Bei der künftigen Ausgestaltung der Agrarpolitik wird insbesondere auf die praxisnahe Umsetzung bzw. Weiterentwicklung der Maßnahmen bei Aufrechterhaltung der hohen Standards Wert gelegt.“
  • „Auf EU-Ebene setzt sich Österreich insbesondere dafür ein, dass Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) europaweit einheitlich verpflichtend an wirksame ökologische Voraussetzungen geknüpft werden.“
  • „Das erfolgreiche österreichische Modell der Ländlichen Entwicklung wird auf europäischer Ebene gestärkt, insbesondere das Agrarumweltprogramm und die Bergbauernförderung, der weitere marktkonforme Ausbau der Biolandwirtschaft basierend mit flächen- und projektbezogenen Maßnahmen.“

Wichtig sind der Bundesregierung auch Tierwohl, Biodiversität und Naturschutz, auch Investitionsförderungen für die Modernisierung der Betriebe und für tiergerechte Haltungsformen, ebenso die Unterstützung der Hofübernehmer sowie Bildung und Beratung.

Versorgungssicherheit

  • „Bei allen gesetzlichen Regelungen und Fördermaßnahmen ist eine Orientierung auf das zentrale Ziel der stabilen Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu bedenken.“
  • „Wir setzen die EU-Rechtsvorschriften für die Land- und Forstwirtschaft so praktikabel wie möglich um. Gleichzeitig sichern wir die hohen österreichischen Standards, auch mittels Digitalisierung.“
  • „Handel muss unter fairen Regeln stattfinden. Das bedeutet insbesondere, dass die EU-Qualitäts- und Produktstandards bei Handelsabkommen Voraussetzung für eine Agrarmarktöffnung sein müssen bzw. Nachhaltigkeitsaspekte und Quoten für sensible Produkte in den Abkommen mit berücksichtigt sind.“

Volle Solidarität mit der Ukraine erfordert aus Sicht der Dreierkoalition auch „Fairness gegenüber der europäischen Landwirtschaft“. Daher seien Schutzklauseln zur Sicherung der EU-Lebensmittelproduktion und -standards zu entwickeln.

Pflanzenschutz

Insbesondere bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werde in Österreich ein EU-einheitlicher risiko- und gefahrenbasierter Ansatz basierend auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien fortgesetzt und das Binnenmarktprinzip gestärkt. Gleichzeitig will sich Österreich für eine Stärkung des Einsatzes von schonenden Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln europaweit und national einsetzen und Pflanzenschutzmethoden mit Lösungen im Bereich Digitalisierung, Precision Farming Tools, Sensoren, Robotik und anderem mehr forcieren.

  • „Eine vereinfachte Zulassungsmöglichkeit für Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in kleinen Kulturen wird nach Vorbild anderer EU-Staaten geprüft.“

AMA-Gütesiegel

  • „Die Transparenz bei Lebensmitteln hinsichtlich Regionalität und Qualität soll weiter verbessert werden. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels. Auch die enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Gastronomie und Tourismus soll gestärkt werden.“
  • „Wir setzen uns für eine umfassende Evaluierung der Agrarförderungen durch unabhängige Institutionen ein. Ziel ist es, die Effektivität der Mittelverwendung zu erhöhen.“

Bürokratieabbau

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, wird die Bundesregierung bürokratische Hemmnisse ohne Nivellierung der Standards in der Landwirtschaft überprüfen und abbauen. Vorangetrieben werden soll die Digitalisierung in den zuständigen Behörden, um Förderanträge und Verwaltungsprozesse einfacher und effizienter zu gestalten.

  • „Digitale Lösungen sollen den Aufwand für Landwirtinnen und Landwirte reduzieren und die Interaktion mit Behörden erleichtern, bei gleichzeitiger analoger bzw. persönlicher Hilfestellung.“
  • „Der Agrardiesel wird entsprechend den budgetären Festlegungen fortgeführt. Eine Neuregelung wird geprüft.“

Forciert werden soll die stärkere Verbreitung der Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie.

Tierschutz

Im Bereich Tierschutz will man „fokussiert Mittel für das Tierwohl von Nutztieren bereitstellen, insbesondere für Stallumbauten. Erklärtes Ziel ist „ein einheitliches System zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Haltungsstandards und der Herkunft von tierischen Produkten“. Und das in einem gesetzlichen Rahmen, der sowohl inländische als auch ausländische Produkte umfassen soll und praxisnah umgesetzt werden kann.

Für AMA-Gütesiegel-Betriebe wird der vollständige Ausstieg aus der „Vollspaltenhaltung“ bei Schweinen verstärkt vorangetrieben – parallel dazu wird das Tierwohlsegment ausgebaut. Angekündigt wird auch die erste ressortübergreifende „Tierwohlstrategie im Nutztierbereich“ mit dem Ziel, den Status quo der Nutztierhaltung in Österreich im EU-Vergleich zu erfassen und mögliche praxisnahe Verbesserungspotenziale für Tierhaltungsstandards zu erarbeiten.

Geplant ist auch die rasche Sanktionierung von Betrieben nach europarechtlichen Vorgaben, die Tierhaltungsbestimmungen (inkl. Tierhaltungsförderkriterien) übertreten, samt Rückforderung von zu Unrecht ausbezahlten Geldern.

Forstwirtschaft

Im Bereich Forstwirtschaft setzt sich die Bundesregierung für eine praxisnahe Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung „ohne bürokratischen Mehraufwand“ ein. Der Waldfonds wird fortgeführt, evaluiert (inkl. Ausbau der Transparenz, Obergrenzen) und entsprechend den budgetären Möglichkeiten weiterentwickelt.

  • „Wir setzen die klimafitte Aufforstung von Waldflächen, welche durch den Klimawandel geschädigt wurden, weiter fort.“

Die bisherigen Ansätze zur Kalamitätsbekämpfung werden zu einer bundesweiten Schädlingsstrategie insbesondere gegen den Borkenkäfer gebündelt.

Das Regierungsprogramm zum downloaden.

- Bildquellen -

  • KOALITION: PRÄSENTATION DES REGIERUNGSPROGRAMMS VON ÖVP, SPÖ UND NEOS BABLER/STOCKER/MEINL REISINGER: HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com
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AUTORRed. BW
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