Kein politisches Experimentierfeld, sondern ein wesentlicher Faktor der heimischen Wirtschaft: Das sei die Landwirtschaft, betonte Oberösterreichs LK-Präsident Franz Waldenberger kürzlich bei einer Pressekonferenz zum Agrarausblick 2025, zu der er gemeinsam mit LK-Direktor Karl Dietachmair geladen hatte. „Daher braucht es faire politische Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene sowie ein klares Bekenntnis zur Produktionsfunktion der Landwirtschaft“, so Waldenberger. Daran zu arbeiten habe für 2025 Priorität. Politische Entscheidungen auf europäischer Ebene würden oft hinter den Erwartungen zurückbleiben. „Dabei hängen bäuerliche Familien mit ihrer wirtschaftlichen Existenz wesentlich von politischen Entscheidungen ab“, so Waldenberger. Der Fokus sei daher wieder mehr auf die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu legen.
Es ist unverständlich, warum nationale Zulassungen zusätzlich zum EU-weiten Zulassungsprozess erforderlich sind. Franz waldenberger
Wiederkäuer: Teil eines natürlichen Kreislaufs
Herzstück der oberösterreichischen Landwirtschaft ist die Tierhaltung. Fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Bundeslandes ist Grünland- und Ackerfutterfläche. Weniger Tierhaltung würde dem Agrarstandort Oberösterreich schaden und die Versorgungssicherheit gefährden. Wer aus Klimaschutzgründen einen Abbau der Tierhaltung fordert, sitze einem „Konstruktionsfehler“ auf, so Waldenberger: „In der Klimabilanzierung wird der Ausstoß der Treibhausgase nur linear bilanziert. Was nicht betrachtet wird, ist der Kohlenstoffkreislauf.“ Zunehmend mehr Experten bestätigten das mittlerweile. Natürliche Produktionsprozesse erfordern daher auch eine Neubewertung der Klimabilanzierungsregelungen. Auch renommierte Wissenschafter würden das so sehen, insbesondere im Bereich Methan, das in einem natürlichen Kreislauf steht. Landwirtschaftskammer-Direktor Karl Dietachmair ergänzt, dass Österreich bei der Klimaeffizienz in der Milch-, Rind- und Schweinefleischproduktion im absoluten Spitzenfeld liege: Ein Kilogramm Rindfleisch etwa wird hierzulande mit dem Ausstoß von 14 Kilogramm (kg) CO2 produziert. Im EU-Schnitt sind es 22 kg, in Brasilien gar 80 kg CO2.
Pflanzenschutz: Fairen Wettbewerb ermöglichen
Ein fairer Wettbewerb sei auch im Pflanzenschutzmittelbereich notwendig. Trotz der Vorteile des EU-Binnenmarktes stoßen Bäuerinnen und Bauern immer wieder auf Herausforderungen bei der Zulassung. „Es ist unverständlich, warum nationale Zulassungen zusätzlich zum EU-weiten Zulassungsprozess erforderlich sind“, ärgert sich der LK-Präsident, „das verstehen wir nicht und das führt auch zu immer mehr Frustration bei den Bauernfamilien.“
In Richtung EU-Mercosur-Abkommen werde die künftige Bundesregierung aufgefordert, an der bisherigen Position der Ablehnung weiterhin konsequent festzuhalten. Gleichzeitig sei es legitim und auch notwendig, Exportmärkte zu bearbeiten. Das betrifft vor allem die heimische Milch- und Rindfleischproduktion, die jeweils knapp 50 Prozent über dem Inlandsbedarf liegt. „Es ist unsere Pflicht, zur Ernährungssicherheit in Krisenregionen beizutragen. Das ist auch ein vorsorgender Beitrag für die Migrationspolitik“, so Waldenberger. Im Zusammenhang mit der EU-Renaturierungs-Verordnung fordert er zusätzliche finanzielle Anreize, die den Bäuerinnen und Bauern für freiwillige Einschränkungen bei der Bewirtschaftung zukommen sollen. „Freiwilligkeit und finanzielle Anreize sind unerlässlich, daher muss der zukünftige EU-Finanzrahmen zusätzliche Mittel für den Erhalt von Ökosystemen bereitstellen“, so der LK-Präsident. „Vorgaben ohne Sinn“, wie sie etwa die EU-Entwaldungsverordnung für Österreich sei, müssten einer Deregulierung unterzogen werden.
Verteilungsdiskussion vielleicht neu entfacht
Landwirtschaftskammer-Direktor Karl Dietachmair warf den Blick noch ein Stück weiter in die Zukunft, schließlich soll im ersten Halbjahr 2025 auch der neue mehrjährige Finanzrahmen für den Zeitraum ab 2028 von der EU-Kommission vorgelegt werden. Im Raum stehen dürfte dabei auch, dass die Verteilung der EU-Finanzmittel noch stärker an die EU-Mitgliedsstaaten zurückverlagert wird. „Die Landwirtschaftskammer spricht sich mit Nachdruck gegen derartige Entwicklungen aus. Wir fordern vielmehr eine Stärkung und bessere finanzielle Dotierung der Gemeinsamen Agrarpolitik“, so Dietachmair. Ebenso sei eine Inflationsanpassung bei den EU-Mitteln für Direkt- und Ausgleichszahlungen unabdingbar, damit die EU-Landwirtschaft auch international wettbewerbsfähig bleibt.
Eine stärkere Renationalisierung der EU-Agrarpolitik würde die Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des EU-Binnenmarktes weiter erhöhen. karl dietachmair
Weiterentwicklung trotz Investitionsstillstands
Die ausgeprägte Investitionszurückhaltung in der heimischen Landwirtschaft sei vor allem in den unsicheren politischen Rahmenbedingungen begründet. „In der Bildungs- und Beratungsarbeit merken wir aber, dass sich die Bäuerinnen und Bauern trotzdem intensiv mit der Weiterentwicklung ihrer Betriebe beschäftigen“, so Dietachmair.
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- Agrarpolitischer Jahresauftakt LK OÖ (16)kleiner: LK OÖ
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