Egal ob am Christkindlmarkt oder Zuhause: Am ersten Adventsonntag stehen traditionell Bratwürstel am Tisch. Ein Brauch, der sich in Oberösterreich gefestigt hat und seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch als „Bratwürstelsonntag“ bezeichnet wird.
Über die genaue Herkunft des Brauches gibt es unterschiedliche Überlieferungen. Eine mögliche Erklärung ist, dass Fleischhauer damals an diesem Tag Bratwürstel als Geschenk an ihre Kunden geliefert haben. Es könnte jedoch auch damit zu tun haben, dass die Adventzeit früher eine strenge Fastenzeit war und deshalb noch einmal „gesündigt“ wurde. Eine weitere mögliche Erklärung ist, dass früher Bauern im Winter nicht für alle Tiere genug Futter vorrätig hatten und deshalb einige geschlachtet werden mussten. Das Fleisch wurde dann unter anderem zu Würsten verarbeitet.
Auch wenn der Ursprung des Brauches und dessen Verbreitung nicht ganz klar ist, ist der Ansturm auf die beliebte Speise mit Beginn der Adventzeit bis heute deutlich spürbar. Dabei handelt es sich in gewisser Weise um ein oberösterreichisches Ritual. In keinem anderen Bundesland ist die Tradition so stark verankert.
Advent ist Bratwürstelzeit
„In den letzten 20 Jahren ist der Bratwürstelsonntag wieder mehr in den Vordergrund gerückt“, so der Innungsmeister-Stellvertreter des Lebensmittelgewerbes Rudolf Wegschaider, der selbst als Fleischer tätig ist. „In der Woche vom Bratwürstelsonntag verkauft man das Fünf- bis Sechsfache an Bratwürstel“, ergänzt er.
Auch Johann Rudlstorfer sieht in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg bei der Nachfrage von Bratwürsteln im Advent. Der Bio-Bauer aus dem Mühlviertel, der auch als „Baiernaz“ bekannt ist, bietet unterschiedliche Fleisch- und Wurstprodukte aus eigener Erzeugung an: „Alleine für den Bratwürstelsonntag verkaufen wir 150 Kilo Bratwürstel in unserem Hofladen und mehr als 1000 Portionen beim Wintermarkt am Linzer Pfarrplatz.“
“Alle sind gierig auf Bratwürstel. Der Konsument sieht das als Tradition und möchte an diesem Tag seine Würstel haben.” Johann Rudlstorfer
Nach Weihnachten kaufe laut Rudlstorfer kaum jemand die Würste. Die Nachfrage konzentriere sich vor allem auf den Advent mit Höhepunkten zum Bratwürstelsonntag und Weihnachtsfest.
Als Grund, warum genau die Bratwürstel im Winter so beliebt sind, nennen Wegschaider und Rudlstorfer die klassische Beilage – das Sauerkraut. „Als Vitamin-C-Quelle wird das Sauerkraut im Winter gern gegessen“, betont Wegschaider. Er sieht auch den Vorteil der kalten Jahreszeit als Antrieb für die Wurst-Begeisterung. „Die frischen, rohen Bratwürstel sind geschmacklich etwas ganz besonderes, jedoch sind diese nicht lange haltbar und müssen durchgehend gekühlt sein. Das ist in dieser Jahreszeit einfacher, weshalb diese meistens nur im Winter angeboten werden“, erklärt Wegschaider.
Heimische Spezialität
Die Herstellung der Würstel ist im österreichischen Lebensmittelbuch festgelegt. Die Bratwürstel werden entweder aus einer fein emulgierten Fleischmasse (Brät) oder aus mehr oder weniger grob geschroteten Fleisch- und Speckstückchen hergestellt. Verfeinert werden sie dann individuell mit Gewürzen und Kochsalz.
“Jeder Fleischhauer und jeder Betrieb hat sein eigenes Rezept für Bratwürstel und das ist auch gut so.” Rudolf WEgschaider
Unterschiede zu typisch-oberösterreichischen Bratwürstel gibt es dennoch: „Die Bratwürstel sind nicht zu verwechseln mit der Röstbratwurst oder der dicken Bratwurst, wie man sie in anderen Bundesländern kennt. Die oberösterreichischen Bratwürstel sind dünn, lang und in Schaf- oder Schweinedarm gefüllt“, so Wegschaider. Traditionell gibt es die Bratwürstel in roher oder gebrühter Variante.
Bei der Wahl der richtigen Bratwürstel rät Bauernbund-Direktor Wolfgang Wallner zum Griff zu regionalen Produkten. Wird nicht direkt vom bäuerlichen Betrieb gekauft, solle man auf die Gütesiegel achten. „Das AMA-Gütesiegel gibt es seit 30 Jahren. Es steht für österreichische Herkunft, höhere Qualität und unabhängige Kontrollen. Daher beim Lebensmitteleinkauf immer auf dieses verlässliche Zeichen achten“, betont Wallner.
Klassische Bratwürstel
Nach Empfehlung vom Biohof Rudlstorfer sollen die gebrühten Bratwürstel mit ein bisschen Öl in der Pfanne goldbraun gebraten werden. Rohe Bratwürstel müssen langsamer und länger gebraten werden.
Erdäpfelschmarrn, Sauerkraut mit Speck und eine Scheibe dunkles Gebäck oder Schwarzbrot dürfen bei der klassischen Speise nicht fehlen.
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