Gegenüber der Tageszeitung Die Presse erklärte Susanne Rosenkranz, als Landesrätin zuständig für den Naturschutz und damit für die Renaturierung: „Was uns vorgeschrieben wird, wird auch schwer umzusetzen sein. Wir laufen de facto ins nächste EU-Vertragsverletzungsverfahren hinein. Die Bundesregierung wird wohl enteignen müssen.“
Empörung
Bei Politikern des Bauernbundes sorgte diese Aussage der Juristin für Empörung. „Rosenkranz ist die erste Politikerin, die rund um die Renaturierung in Österreich das Wort ‚Enteignung‘ in den Mund nimmt“, erklärte etwa Andreas Kühberger, VP-Abgeordneter zum Nationalrat. Er erinnerte die Landespolitikerin an die Zuständigkeit der Länder in Sachen Naturschutz und damit auch an die Umsetzung der Renaturierung. Kühberger: „Der FPÖ-Politikerin sollte bewusst sein, welches Gewicht ihre Worte haben. Mit Grundeigentum spielt man nicht.“ Die freiheitlichen „Enteignungsfantasien“ werden von der ÖVP und vom Bauernbund klar abgelehnt, so der Vizeobmann der ARGE Bauernbund im VP-Parlamentsklub. „Enteignungen für Naturschutz? Das kommt für den Bauernbund nicht infrage! Für die FPÖ ist das aber offenbar durchaus denkbar“, meldete sich prompt auch Bauernbund-Direktor David Süß zu Wort.
Süß: „Enteignung für Naturschutz? Für die FPÖ ist das offenbar durchaus denkbar.“
Und stellt unmissverständlich klar: „Das wird es mit uns nicht geben. Naturschutz mit Hausverstand muss das Ziel sein, nicht aber die blaue Enteignungs- Keule.“
Tabubruch
Als „Tabubruch“ und zudem als „Angriff auf die bäuerlichen Familien“ wird die Aussage von Rosenkranz im NÖ Bauernbund gesehen. Für Johannes Schmuckenschlager, Präsident der LK Niederösterreich, offenbart die gelernte Juristin damit auch „die wahre Geisteshaltung der FPÖ“. Für die Blauen scheine „die Umsetzung einer ideologisch motivierten EU-Verordnung wichtiger zu sein als der Schutz der verfassungsmäßig garantierten Eigentumsrechte unserer bäuerlichen Familien“, so der VP-Agrarpolitiker. Das sei umso unverständlicher, weil gerade Niederösterreich in der Vergangenheit schon zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen erfolgreich umgesetzt habe. „Immer mit den betroffenen Grundbesitzern, mit Sinn und Hausverstand, auf Augenhöhe und vor allem ohne Enteignungen“, wie Schmuckenschlager betont.
Ausgleich
Der Kammerpräsident fordert indes einen eigenen Budgettopf für die Renaturierung: „Aber ganz sicher keine Enteignungen. Die Leistungen und Mehrbelastungen müssen ausgeglichen werden.“ Der Bauernbund stehe für Versorgungssicherheit und Eigentum und für die ökosoziale Marktwirtschaft. „Dank dieser wurden in Österreich viele Projekte zum Klima-, Umwelt-, Wald-, Tier- und Bodenschutz realisiert, lange bevor andere darüber nachgedacht haben“, führt Schmuckenschlager ins Treffen.
Zurückrudern
Das sieht auch Kühberger so: „Sämtliche Leistungen, die von Bäuerinnen und Bauern erbracht werden, müssen auch abgegolten werden.“ Mit den Aussagen der FPÖ-Politikerin – sie ist die Ehefrau von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz – habe sich die FPÖ klar ins Abseits der bäuerlichen Interessen gestellt. Indes ruderten die Blauen bereits zurück: „Nicht die FPÖ oder Susanne Rosenkranz wollen die Landwirte enteignen. Die Renaturierungsverordnung verdanken wir ausschließlich dem unautorisierten Alleingang von Leonore Gewessler“, hieß es in einer Presseaussendung nach dem ersten Wirbel.
Erste Reaktion aus Niederösterreich: Unbeirrt von den Aussagen der FP-Landesrätin hat der NÖ Landtag einen Antrag zur Renaturierungsverordnung beschlossen. Darin wurde zur Finanzierung festgehalten: Weder die Länder noch die Betroffenen dürfen auf den Kosten sitzen bleiben. Auch ist in dem Antrag keine Rede von Enteignungen. „Der Antrag auf Initiative des NÖ Bauernbundes zeigt indes klar auf, wer die bäuerlichen Interessen am stärksten und effizientesten vertritt“, erklärte der VP-Umweltsprecher und Bauernbund-Abgeordnete Josef Edlinger. Mit der demnächst aus ihrem Amt scheidenden Umweltministerin Leonore Gewessler geht Edlinger hart ins Gericht: „Durch ihr eigenmächtiges Handeln wurde ganz Europa in Geiselhaft genommen, etwas umzusetzen, mit dem unsere Ernährungssicherheit aufs Spiel gesetzt wird.“ Nun müsse die Renaturierung zumindest mit Hausverstand umgesetzt werden. Edlinger: „Enteignungen gehören nicht dazu.“
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- Collage Renaturierungsdebatte: MICHAEL INDRA/SEPA.MEDIA/PICTUREDESK.COM, BAUERNBUND, PARLAMENTSDIREKTIONT/HOMAS TOPF, NÖ BAUERNBUND