Klimakapriolen, demografischer Wandel, geopolitische Verschiebungen, volatile Märkte und endendwollende Ressourcen die Landwirtschaft sieht sich mit einer Zeitenwende konfrontiert. „Die Liste an Herausforderungen, mit denen wir Bäuerinnen und Bauern konfrontiert sind, ist lang“, betonte Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger im Zuge eines Feldtages Anfang dieser Woche in Wilhering. Aber auch die Art und Weise, wie Höfe mittlerweile bewirtschaftet werden, ändert sich gerade enorm. Melkroboter und Fütterungscomputer im Stall, Tablets am Traktor und Drohnen, die über die Felder schweben der Einsatz von modernster Technologie hat auch in der oberösterreichischen Landwirtschaft längst Einzug gehalten. Und das unabhängig von der Betriebsgröße. „Die Künstliche Intelligenz stellt Lösungen bereit, wirtschaftlich und zugleich klimapositiv zu arbeiten“, so Langer-Weninger.
Um KI in der Landwirtschaft einsatzfähig zu machen, zukunftsweisende Ideen zur Umsetzung zu bringen und innovative Projekte zu fördern, wurde vom Land Oberösterreich der Zukunftsfonds aufgelegt. „Mit dem Zukunftsfonds, der jährlich mit zwei Millionen Euro dotiert ist, wollen wir die Landwirtschaft an der Entwicklung der Digitalisierung und neuer Technologien teilhaben lassen, die Produktion verbessern, das Tierwohl steigern und die Wettbewerbsfähigkeit heben. Dieser Fonds ist wörtlich gesprochen unser Werkzeug, um das Feld der Zukunft zu beackern“, betont die Agrarlandesrätin.
Vor Kurzem endete der dritte Fördercall mit spannenden neuen Projektanträgen von der Tierhaltung bis zum Ackerbau. Diese werden gerade gesichtet und anschließend ausgewählt. Überzeugt haben dagegen schon die vier eingereichten Forschungsprojekte der Innovation Farm, die am Feldtag live vorgeführt wurden.
Pflanzenschutzmittel einsparen
Ein Projekt untersucht die Nutzung von „Spot Spraying“ zur punktgenauen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, um den Einsatz von Chemikalien gemäß der „Farm-to-Fork-Strategie“ bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Durch Drohnenaufnahmen werden Pflanzenbestände erfasst, und mithilfe von „maschinellem Lernen“ können Unkräuter gezielt erkannt und bekämpft werden. Dadurch können nicht nur Pflanzenschutzmittel sondern damit einhergehend auch Kosten eingespart werden. Der Forschungsfokus liegt auf dem Einsatz von „teilüberwachtem Lernen“ zur Verbesserung der Erkennungsrate von Unkräutern in Luftbild-Aufnahmen. Das Projekt unterstützt die praktische Umsetzung und hebt das Einsparungspotenzial hervor, das in der Literatur auf bis zu 80 Prozent bezogen auf die behandelte Fläche geschätzt wird.
Ein weiteres Projekt aus dem Bereich chemischer Pflanzenschutz konzentriert sich auf die Entwicklung eines Modells zur biomasseabhängigen Anwendung von Wachstumsreglern im Getreideanbau. Ziel ist es, den Einsatz von Kürzungsmittel effizienter zu gestalten, indem deren Mengenanwendung an die vorhandene Biomasse angepasst wird. Durch eine optimierte Dosierung sollen Ertrags- und Qualitätsverluste vermieden und gleichzeitig Umweltbelastungen reduziert werden. Über drei Jahre hinweg werden am Versuchsbetrieb Kastenhuber in Bad Wimsbach-Neydharting verschiedene Wachstumsreglervarianten getestet und mit Daten aus Reflexionsmessungen (über Drohnen oder Satelliten) abgeglichen. Diese Daten bilden die Grundlage für die Erstellung bio-masseabhängiger Applikationskarten, die es Landwirten ermöglichen, Wachstumsregler präzise und standortangepasst auszubringen.
Dünger präziser ausbringen
Das dritte Projekt untersucht den Einsatz von Sensorik (Nahinfrarotspektroskopie und Kernspinresonanzspektroskopie) zur präzisen Erfassung der Nährstoffwerte in Wirtschaftsdüngern, um eine verlustarme und gezielte Pflanzenernährung zu ermöglichen. Da herkömmliche Berechnungen der Nährstoffgehalte auf Durchschnittswerten basieren und stark schwanken können, soll die kontinuierliche Sensorüberwachung die Genauigkeit der Düngerausbringung verbessern. In Kooperation mit oberösterreichischen Landwirten und Güllegemeinschaften werden die Ergebnisse zur weiteren Anwendung und Beratung bereitgestellt. Das Projekt umfasst Projektmanagement, Daten- und Sensorerprobung sowie die Integration der Anwendung.
Das Projekt „TerraZo“ entwickelt Düngealgorithmen zur präzisen und nachhaltigen Nährstoffversorgung, speziell für die landwirtschaftlichen Bedingungen in Oberösterreich. TerraZo ist eine frei zugängliche Datenplattform, auf der georeferenzierte Applikationskarten erstellt werden können. Diese Karten lassen sich in Farm-Management-Systeme und Düngeplaner integrieren oder direkt im Feld anzeigen, was die praktische Anwendung unabhängig von technischer Ausstattung ermöglicht. Zur Verbesserung der Algorithmen werden umfangreiche Wachstums- und Managementdaten an mindestens 100 ausgewählten Ackerstandorten über drei Jahre hinweg erhoben. Die Ergebnisse fließen in ein KI-gestütztes Modell ein, das eine standortangepasste Düngung ermöglicht und so die Nährstoffeffizienz steigert.
„Diese neuen Technologien können die Arbeitsprozesse verbessern. Sie sind aber kein Ersatz für menschliches Handeln. Die Bäuerin und den Bauer wird es
immer brauchen.“ Michaela Langer-Weninger
Durch die enge Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer OÖ werden die Erkenntnisse zur direkten Anwendung in der Praxis gebracht. „Heute ist der Startschuss gefallen. Ziel ist eine Anwendung der Modelle in den nächsten zwei bis drei Jahren. Wir wollen etwas zustande bringen, dass bei den Landwirten auch ankommt“, betonte Markus Gansberger, Leiter der Innovation Farm in Wieselburg.
Die vorgestellten Projekte zeigen jedenfalls wie Landwirtschaft in ein paar Jahren aussehen kann und verdeutlichen, wie innovationsgetrieben und modern die Branche ist.
- Bildquellen -
- 0L4A3867: Land OÖ