In den vergangenen 16 Jahren ist die Zahl der im österreichischen Straßenverkehr getöteten Rehe um sieben Prozent gestiegen, bei Rotwild gibt es ein Plus von drei Prozent. Der Crash mit einem wuchtigen Tier birgt auch ein höheres Verletzungsrisiko.

Vor der Zeitumstellung kommenden Sonntag, die auch heuer zu mehr gefährlichen Kontakten der Verkehrsteilnehmer mit Wild sorgen wird, fand vergangene Woche eine Pressekonferenz des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV)und des NÖ Jagdverbandes statt. Sie stand ganz im Zeichen der Wildunfallgefahr.

Sie ist groß. Laut den dort vorgestellten Zahlen ereignen sich in Österreich im Schnitt rund 73.000 Wildunfälle pro Jahr (Durchschnitt 2019/20 bis 2023/24). Das sind acht Wildunfälle pro Stunde. In den meisten Fällen kollidieren die Kraftfahrzeuge mit einem Reh (55 %) oder mit einem Hasen (26 %). Christian Schimanofsky, Direktor des KFV, verweist auf ein interessantes Phänomen: In den vergangenen 16 Jahren ist die Anzahl der bei Verkehrsunfällen getöteten Rehe um sieben Prozent gestiegen und bei Rotwild gibt es ein Plus von drei Prozent. Hasen wurden hingegen um 55 Prozent weniger getötet und bei Fasanen gibt es einen Rückgang von 63 Prozent. Schimanofsky warnt: „Eine Kollision mit einem wuchtigen Reh oder Hirsch bedeutet natürlich auch ein größeres Gefahrenpotenzial für die Menschen am Steuer.“

Quelle: KFV/APA-AUFTRAGSGRAFIK
Wildunfälle in Österreich: Hierzulande ereigneten sich 2023/24 acht Wildunfälle pro Stunde. Die Mehrzahl betrifft Kollisionen mit Rehen.

Richtig reagieren beim Auftauchen von Wild

In den letzten fünf Jahren wurden in Österreich insgesamt 1.586 Personen bei Wildunfällen verletzt und sechs Menschen getötet. Das sind durchschnittlich 317 Verletzte pro Jahr. „Bitte seien Sie im Herbst wegen des früheren Dämmerungseinbruchs besonders achtsam, denn rund 47 Prozent aller Wildunfälle mit Personenschäden ereignen sich bei Dunkelheit und zehn Prozent bei Dämmerung“, appelliert Schimanofsky. „Und denken Sie immer daran, dass ein Ausweichmanöver in der Regel mehr Risiken birgt als ein möglicher Zusammenstoß“, so der Verkehrssicherheitsexperte weiter. Wenn ein Wildtier vor dem Fahrzeug auftaucht, lautet daher die klare Empfehlung des KFV: abblenden, hupen, stark bremsen und das Lenkrad gut festhalten. Sollte die Kollision dennoch unvermeidbar sein: keinesfalls unkontrolliert ausweichen. Ganz wichtig sei auch, sich beim Fahren immer auf das Verkehrsgeschehen zu konzentrieren und auf eine angepasste Geschwindigkeit zu achten. Denn die häufigsten Unfallursachen bei Wildunfällen mit Personenschäden seien Unachtsamkeit und Ablenkung (54 %) sowie eine nichtangepasste Geschwindigkeit (39 %).

Niederösterreichs Landesjägermeister Josef Pröll verweist auch auf das richtige Verhalten der Verkehrsteilnehmenden bei einem Wildunfall: „Die Fahrzeuglenkenden müssen das Fahrzeug abstellen und die Unfallstelle absichern. Dann folgen die generellen Abläufe nach einem Verkehrsunfall, also die Versorgung von verletzten Personen und die Verständigung der Polizei und im Bedarfsfall auch der Rettung.“ Jeder Unfall – auch wenn das Tier flüchtet – müsse der Polizei gemeldet werden. „Sie nimmt den Unfall auf und informiert die Jägerschaft, die die Bergung übernimmt. Hier arbeiten Exekutive und Jägerschaft beim Projekt ‚Gemeinsam. Sicher‘ zusammen, um eine raschere Versorgung verletzter Tiere zu ermöglichen und Tierleid zu mindern. Das Tier darf keinesfalls mitgenommen werden“.

Jägerschaft sorgt vor

Auch für den Wandel bei den Tierarten beim Unfallgeschehen hat Pröll eine Erklärung: „Die Zunahme bei Rehwild ist dem Klimawandel und auch der zunehmenden Freizeitnutzung geschuldet. Wir beobachten, dass Rehwild auf der Suche nach wasserhaltiger Nahrung immer weitere Strecken zurücklegt.“ Dabei quere es zwangsläufig auch Straßen häufiger. Einer der Hauptauslöser für Wildunfälle dürfte aber auch der Druck durch Freizeitnutzer sein, die Wild aufscheuchen. „Rehe flüchten dann oftmals über Straßen in die nächsten Einstände und Deckungen, während Niederwild auf seine Deckung vertraut und nur die Flucht ergreift, wenn sich Menschen weiter direkt annähern“, so Pröll.

Generell sind laut ihm beim Wildunfallrisiko zwei Faktoren entscheidend: Wie oft Wild für die Aufnahme von Futter oder den Wechsel in einen Einstand Straßen queren muss sowie die Zahl der Verkehrsteilnehmenden. Die Zahlen würden dabei belegen, dass Wildunfälle „kein saisonales Phänomen“ mehr seien, sondern ganzjährig auftreten könnten.

In Niederösterreich arbeiten das Bundesland NÖ, der NÖ Jagdverband und die Land&Forst Betriebe Österreich bereits intensiv zusammen und bringen etwa Wildwarngeräte entlang von Straßen an, die die Wahrscheinlichkeit verringern sollen, dass Wild beim Herannahen von Fahrzeugen Straßen quert. Zudem werden jagdwirtschaftliche und wildökologische Maßnahmen gesetzt. „Aber es braucht vor allem die Mithilfe der Verkehrsteilnehmenden. Die blauen Wildwarnreflektoren an den weißen Pflöcken, das Verkehrszeichen Wildwechsel und bewachsene Straßenränder zeigen ein erhöhtes Risiko für querendes Wild an. Hier sollte das Tempo angepasst und die Straßenränder im Blick behalten werden. Das trägt zur Reduktion des Wildunfallrisikos bei“, so Niederösterreichs Landesjägermeister.

- Bildquellen -

  • Wildunfaelle: KFV/APA-AUFTRAGSGRAFIK
  • Wild: creativemariolorek – stock.adobe.com
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AUTORRed. MS
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