Waldinventur: Der Wald am digitalen Röntgenschirm

Digitale Waldinventur- Wie viel Monitoring braucht unser Wald? Die Land&Forst Betriebe Steiermark haben im Rahmen einer Fachexkurion Antworten auf diese Frage gesucht. Je nach Zielsetzung und Situation des jeweiligen Forstbetriebes gibt es unterschiedliche Antworten.

Ein Blick in den „virtuellen“ Wald mit bereits durchnummerierten Stämmen.

Digitale Revolution im Wald. Neue technische Methoden zur Waldinventur versprechen mehr Genauigkeit bei wesentlich geringerem Arbeits- und Zeitaufwand. Technologien wie Künstliche Intelligenz, digitale Zwillinge und Machine Learning sind damit auch in der Forstwirtschaft enorme Treiber der Effizienz.
Bei der diesjährigen Österreichischen Forsttagung in Bad Ischl sowie jüngst auch bei einer Fachexkursion der Land&Forst Betriebe Steiermark standen moderne Technologien zur digitalen Waldinventur im Mittelpunkt.

Wetterextreme als Herausforderung

Wie notwendig effizientere Verfahren der Waldinventur sind, das wurde in Mautern in der Steiermark am Revier „Wilder Berg“ der Prinz Reuss’schen Gutsverwaltung deutlich. Heinrich Reuss für die Eigentümerseite und Karl Goritschnig als Betriebsleiter beschrieben die aktuelle Situation der bewirtschafteten Flächen wie folgt: „Der Klimawandel macht die Waldbewirtschaftung zunehmend herausfordernder und kostenintensiver. Die heurigen Extremwetterereignisse ab April haben die Bewirtschaftungspläne außer Kraft gesetzt.“ Eine digitale Wald-inventur, die dynamisch abbildet, wie sich die Bestände entwickeln, könne helfen, den Herausforderungen proaktiv zu begegnen, so die Forstmänner. Die digitale Erfassung von Forststraßen, Gebietsgrenzen und einzelnen Bäumen würde bei der Planung einer klimafitten Waldbewirtschaftung enorm unterstützen. Welche Antworten auf diese Wünsche der Forstpraxis derzeit technisch möglich scheinen, das erörterten in der Folge Experten der Universität für Bodenkultur (Boku) und des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW).

Forschungsbereich „Digitaler Waldzwilling“

Dr. Christoph Gollob von der Boku erläuterte das Verfahren der lasergestützten Datenerhebung, das bereits die Erstellung „digitaler Waldzwillinge“ ermöglicht. Stichproben der Waldflächen können dabei mit Lasertechnologie schneller als von Hand erhoben werden, um forstliche Kennzahlen großflächig zu errechnen. Einzelbaumdaten wie Höhe, Durchmesser, Biomassegehalt und Kohlenstoffspeicherung lassen sich ebenfalls erfassen. Trotz dieser weitreichenden Möglichkeiten sind die hohen Anschaffungskosten in der Praxis ein Hindernis. Gollob blickt dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft: ‚‚Die Entwicklung neuer Methoden zur Berechnung klimarelevanter, forstökonomischer Parameter schreitet laufend voran. Schon jetzt lassen sich mit Smartphones und Tablets einfache Laserscans durchführen und ermöglichen den Forstbetrieben den niederschwelligen Zugang zu einer digitalen Inventur. Dabei bleibt es abzuwarten, welche Möglichkeiten der technologische Fortschritt in Zukunft bringen wird. Die größte Herausforderung wird jedenfalls die Transformation der Methoden von der Theorie in die Praxis.

Auch Biodiversität soll abgebildet werden

Ein Trend in der Waldinventur ist zudem, Parameter der Biodiversität verstärkt zu berücksichtigen, um den Waldzustand ganzheitlich abzubilden. Martin Steinkellner vom BFW nannte Baumartenmischung und Totholzbestand als zentrale Biodiversitätsfaktoren. Die Erhebung dieser Faktoren werde für die forstliche Praxis zunehmend relevanter. Eine automatisierte Erhebung über digitale Methoden sei bis dato nur begrenzt möglich. Gerade durch das steigende Interesse der Öffentlichkeit am Thema Waldbiodiversität sei es für die Praxis dennoch ratsam, auch Daten zu diesen Kennzahlen zu sammeln.

Zuerst Ziele definieren, dann Daten sammeln

Laut Steinkellner sind die Möglichkeiten zur Datenerhebung im Wald vielfältig. In Bezug auf die Sinnhaftigkeit für einzelne Betriebe ist entscheidend, dass Forst-betriebe nicht blind Daten sammeln. Eine effektive Inventur, ob digital oder traditionell, ist nur dann von Nutzen, wenn die erhobenen Daten gezielt verwendet werden. Durch zielgerichtete Datenerhebung können Kennzahlensysteme und Analysen aufgebaut werden, die den Betrieben helfen, ihre Ziele zu erreichen und somit einen echten Mehrwert für die Zukunft zu schaffen.
Die Frage an die Referenten, wie viel Monitoring unser Wald brauche, haben alle beinahe gleichlautend be-antwortet – welche Daten benötigt werden, sei stets abhängig von den Betriebszielen des jeweiligen Unternehmens. Die besten Daten seien nichts wert, wenn sie nicht interpretiert und verwendet werden.
Der Obmann der Land&Forst Betriebe Steiermark, Carl Prinz von Croy, unterstrich: „Jeder Waldeigentümer muss seinen Wald genau kennen. In diesem Sinne können uns digitale Methoden in Zukunft weitreichend unterstützen.“

Digitaler Waldatlas

Dem Bedarf der forstlichen Praxis an digitalen Informationen über den Wald kommt das Forstministerium im Rahmen einer Digitalisierungsoffensive nach. Erster grundlegender Schritt war die Erstellung eines digitalen Waldatlas, der allgemein und kostenfrei zugänglich ist. Abrufbar sind Daten und Karten zu Österreichs Wäldern aus verschiedensten Gesichts- und Interessenspunkten. Zudem sind weitere Forschungsprojekte im Laufen wie z. B. Waldinventur mit personengetragenen Laserscannern oder Digitalisierung der Österreichischen Waldinventur mit terrestrischem Laserscanning. Damit lassen sich digitale Zwillinge in hoher Auflösung erstellen, woraus üblicherweise manuell gemessene Parameter wie Baumposition, Baumdurchmesser, Baumhöhe und Kronenansatz aus den Punktwolken automatisch extrahierbar sind. 

www.waldatlas.at

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  • 2441 W RevoWood Baum Nummern: RevoWood
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QuelleH.M.
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