Forst- und Jagdwirtschaft in ein Boot geholt

30 Jahre OÖ Abschussplanverordnung: Eine Verordnung etablierte sich erfolgreich als dynamisches System, welches im Laufe der Jahre immer wieder angepasst wurde. Die neue Art der Abschussplanung führte insgesamt zur Versachlichung und hat dazu beigetragen, dass eine Naturverjüngung nicht nur an-, sondern auch aufkommt. Es ist ein Weg, der weiter intensiviert werden soll.

Die Entwicklung der Verbissbelastung ist in Oberösterreich regional sehr unterschiedlich – Laubhölzer weisen höhere Verbissprozente auf.

Nach 30 Jahren zeigt sich ein erfreulicher Trend, der beweist, dass der gemeinsam eingeschlagene Weg der richtige gewesen ist. Darin bereits die Lösung des „Wald-Wild-Problems“ oder besser „Forst-Jagd-Problems“ zu sehen, entspricht allerdings nicht der Wirklichkeit zumal die Entwicklung der Verbissbelastung regional sehr unterschiedlich und die Verjüngungsnotwendigkeit aufgrund von Kalamitäten durch Trockenheit, Sturm und Borkenkäfer aktuell groß ist. Der erfolgreiche Weg sollte daher weitergegangen werden, und dort intensiviert werden, wo es erforderlich ist.

Wie alles begann

Praktisch flächendeckend wurde in den Jahren 1993/94 in Zusammenarbeit zwischen den Jagdausübungsberechtigten, den Waldeigentümern und den Bezirksforstinspektionen das Vergleichs- und Weiserflächennetz installiert. Zu Beginn wurden anhand von 4800 Einzelflächen jährlich etwa 800 bis 900 Jagdgebiete beurteilt und die notwendigen Abschussveränderungen und begleitenden Maßnahmen vereinbart. Damit stellt die OÖ Abschussplanverordnung einen wirkungsvollen Regelkreis dar, der Veränderungen und die Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen auf Jagdgebietsebene aufzeigt.

„Oberösterreich ist das Rehwildbundesland Österreichs.“

Die 1994 in Kraft getretene Abschussplanverordnung etablierte sich als dynamisches System. Im Laufe der Jahre wurde es immer wieder angepasst, um den vielfältigen Anforderungen und Veränderungen gerecht zu werden. So wurde zum Beispiel 2001 die Manipulation der Vergleichs- und Weiserflächen unter Strafe gestellt, 2002 die Verordnung um ein Sommerfütterungsverbot ergänzt, oder 2004 die Anrechnung von Fallwild auf den Abschussplan abgeschafft. Im Laufe der Jahre wurden auch die Flächen von vornehmlich Fichte und Buche auf die verbissbeliebten Baumarten Ahorn und Tanne ausgeweitet.

Insgesamt zeigt sich in Oberösterreich ein erfreulicher Trend. So konnte in den letzten 30 Jahren die Anzahl der Flächen mit Gesamtbeurteilung II und III von mehr als 50 Prozent (%) auf unter 10 % reduziert werden.

Ergebnisse regional unterschiedlich

Nach dreißig Jahren Lebensraumbeurteilung konnten im Alpenvorland und im Mühlviertel deutliche Erfolge erzielt werden. Im Bergland tritt eine klar stärkere, in großen Gebieten immer noch untragbare Verbissbelastung auf. Sicherlich tragen die zusätzlichen Schalenwildarten Gams- und Rotwild und die erschwerte Erreichbarkeit dazu bei. Gerade im Hinblick auf die Schutzwaldstandorte wäre hier eine Entlastung des Waldes dringend notwendig. Im Gebirge stehen in der Forst-Jagd-Diskussion nicht selten die (jagdlichen) Eigentümerinteressen mit den öffentlichen Interessen in Konflikt. Funktionierende Schutzwälder sind jedoch in unser aller Interesse, denn der Wald erfüllt gerade im Gebirge wichtige Funktionen für die Allgemeinheit.

Problemorientierte Abschussplanung

Oberösterreich ist praktisch „das Rehwildbundesland“ Österreichs. Ein Blick in die Jagdstatistik bestätigt dies eindrucksvoll. In den vergangenen Jahren wurden in diesem Bundesland jährlich circa 80.000 Stück Rehwild erlegt. Zum Vergleich: In ganz Österreich waren es insgesamt circa 280.000 Stück. Daraus ergeben sich in Oberösterreich die höchsten Rehwildabschussdichten Österreichs, wahrscheinlich auch ganz Europas. Dieser Umstand ist den günstigen land(wirt)schaftlichen Strukturen mit zahlreichen Randlinien, dem hohen Niederschlag (Nordstaulage) und den gemäßigten Temperaturen sowie dem daraus resultierenden hohen Biomasseaufkommen (Nahrungsgrundlage) und vor allem der konsequenten Hege der Jägerschaft geschuldet. Unter diesem Vorzeichen ist es daher wenig verwunderlich, dass Oberösterreich trotz seiner Abschussplanverordnung beim bundesweiten Verbissmonitoring dem Wildeinflussmonitoring (WEM) in etwa gleich schlecht wie seine Nachbarbundesländer abschneidet. Die positiven Effekte der Abschussplanverordnung werden jedoch auch durch das WEM sichtbar.  So verfügt Oberösterreich über eine hohe Anzahl verbissener Tannenverjüngung. Luft nach oben gibt es nach wie vor bei der Eiche.

„Forst- und Jagdwirtschaft sitzen im selben Boot. Es heißt Lebensraum Wald.“

Rehwildtypisch ist auch das Hauptproblem in der Forst-Jagd-Frage nämlich der selektive Verbiss und damit verbunden der schleichende Ausfall verbissbeliebter Mischbaumarten. Gerade diesen Prozess der verbissbedingten Baumartenmischung sollen die Vergleichsflächen erkennbar machen.

Laubhölzer weisen höhere Verbissprozente auf, weil sie verbissbeliebter sind.
Tanne und Laubhölzer werden zur Beurteilung herangezogen, weil sie als Trendzeiger gut geeignet sind. Der Trend von 1997 bis 2007 zeigte eindeutig eine Verbesserung des Verbisses an. In den Jahren 2006 und 2007 kam es aufgrund der besonderen Winterverhältnisse (schneereicher Winter) und dem kurzfristigen Aussetzen der Abschussplanung (Abschusserfüllung) erst zu einem Abfall der Verbissprozente und später wieder zu einer höheren Verbissbelastung. Diese negative Auswirkung dauerte sechs bis sieben Jahre an. Von 2013 bis heute konnte die Situation von durchschnittlich 30 % Verbiss (Tanne und Laubholz) auf durchschnittlich rund 15 % verbessert werden. Die kritischsten Flächen sind im Allgemeinen nicht jene mit Tanne (unabhängig ob stammzahlreich oder stammzahlarm), sondern jene mit stammzahlarmer Naturverjüngung. Sie neigen am schnellsten zu schlechten Beurteilungen.

Forst und Jagd im selben Boot

Teile der Öffentlichkeit betrachten heute sowohl das forstliche, als auch das jagdliche Handeln zunehmend kritisch. Auch in dieser Hinsicht sitzen Forst- und Jagdwirtschaft im selben Boot. Dieses Boot heißt Lebensraum Wald. In beiden Fällen geht es um die Nachhaltigkeit, vor allem in ökologischer Hinsicht. Die Jägerinnen und Jäger haben mit der OÖ Abschussplanverordnung ein modernes Instrument, um auf Revierebene an den Lebensraum angepasste Schalenwildbestände zu etablieren. Zentraler und wichtigster Punkt ist und bleibt daher die gemeinsame Beurteilung der Lebensräume durch die Jagdausübungsberechtigten, die Grundeigentümer und den Forsttechnischen Dienst. Damit kann die Beurteilung rasch und einfach erfolgen und auch mit einem relativ groben Raster eine zutreffende Revierbeurteilung erarbeitet werden. Gemeinsam beurteilen heißt aber vor allem, gemeinsam Verantwortung für den Lebensraum Wald zu übernehmen. Wo die OÖ Abschussplanverordnung von allen Beteiligten gelebt wird, stellen sich Erfolge schnell ein.

An positiven Beispielen orientieren

Die bisherige Arbeit mit der Abschussplanverordnung hat schon viel an Verständnis und Umdenken gebracht. Orientieren wir uns daher an den positiven Beispielen, die einiges gemeinsam haben. An den Lebensraum angepasste Wildbestände sind sicherlich die Grundvoraussetzung. In solchen Jagdgebieten kommt auf dieser Basis den begleitenden jagdlichen Maßnahmen besondere Bedeutung zu:

• Kurzfristige und kräftige Erhöhung des Abschusses
• Wo ist mehr Abschuss erforderlich? Schwerpunktbejagungen?
• Bewegungsjagden als Möglichkeit/Alternative
• Behördlich ermöglichte Verlängerung der Schusszeit auf großen Schadflächen
• Konzentration auf „Waldrehe“, rechtzeitige Ruhe für „Feldrehe“
• Fachlich richtige Fütterung als Lenkungsinstrument
• Biotopverbesserungen
• Belassen der Begleitvegetation im Wald
• Jagdinterne Anreize zur Abschusserfüllung, etwa definierter Herbstrehabschuss für den Bockabschuss

Resmümee nach drei Jahrzehnten

Erfreulich ist, dass die OÖ Abschussplanverordnung von der Jägerschaft nicht mehr als Schikane, sondern als praktischer Gradmesser für die erforderliche Eingriffsstärke beim Schalenwild beziehungsweise auch für die begleitenden Maßnahmen angesehen wird. Bei den Begehungen im Frühjahr merkt man, dass die Jägerinnen und Jäger die Oö. Abschussplanverordnung leben und Eigenverantwortung übernehmen. Der Klimawandel und seine Folgen stellen die Land- und Forstwirtschaft vor große Herausfor­derungen. Es wird daher weiter große Anstrengungen brauchen, damit der Wald auch in Zukunft seine Funktionen erfüllen kann.

Manuela Kopecky, Leiterin Jagd- und Forstrecht in der Abteilung Land- und Forstwirtschaft, Land OÖ Gottfried Diwold, Landesforstdirektor

- Bildquellen -

  • Rehwild Beim äsen, Wild, Wilde Tiere, Rotwild, Jagd, Fressen: Joris Machholz - stock.adobe.com
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