Bunte Auswahl für die Landwirtschaft?

Die Blauen fordern viele Änderungen, ohne konkret zu werden, die Grünen wollen den Pflanzenschutzmitteleinsatz massiv verringern, die Roten wollen mehr Bio-Imker und die Pinken rütteln an der Finanzierung der Landwirtschaftskammer und des Agrarmarketings.

Vergangene Woche wurde in der BauernZeitung das Agrarprogramm von ÖVP und Bauernbund vorgestellt, mit dem Türkis-Schwarz bei der Nationalratswahl um die Stimmen der Bäuerinnen und Bauern wirbt. Mit welchen Inhalten aber gehen die anderen Parteien ins Rennen?

Die BauernZeitung hat sich dieser Tage auch deren Agrarprogramme angesehen und aus deren Positionen eine Auswahl getroffen, mit welchen FPÖ, Grüne, SPÖ und NEOS die heimische Agrarpolitik der kommenden Legislaturperiode bestimmen wollen. 

Die Blauen

Die FPÖ bleibt auch in ihrem Landwirtschaftsprogramm ihrem üblichen Politik-Schema treu. Wiewohl man gern in der bäuerlichen Bevölkerung auf Stimmenfang geht, finden sich im Wahlprogramm der Freiheitlichen diesbezüglich hauptsächlich plakative Stehsätze. Wie die Partei konkret ihre Vorhaben umsetzen will, verrät sie nicht.

So will sie etwa den „Produktionsstandort für Lebensmittel stärken“, allerdings ohne Maßnahmen dafür aufzulisten. 

Ob die FPÖ etwa Pflanzenschutz weiter einschränken will (wie das ihr Fraktionsführer im EU-Parlament, Harald Vilimsky, regelmäßig fordert), ist dem Programm nicht zu entnehmen. Auch eigene Vorschläge, wie man die Regionalität auf den Tellern der Konsumenten erhöhen will, gibt es nicht. Das Wort „regional“ kommt in der Langfassung des freiheitlichen Wahlprogramms überhaupt nur zweimal vor – ein einziges Mal davon im Kontext der Landwirtschaft, und zwar wenn es darum geht, Tiertransporte massiv einzuschränken. 

Eher inhaltsleer wird eine Stärkung der Produktion und eine autarke Landwirtschaft, welche die rot-weiß-rote Bevölkerung auch in Krisenzeiten ernähren kann, gefordert. Dafür sollen die Landwirte „faire Preise“ bekommen, die deren Einkommen sichern. Um „Herkunft“ geht es im freiheitlichen Papier nur in Bezug auf Menschen, nicht aber bei Lebensmitteln – eine Forderung nach mehr Transparenz fehlt ebenso wie jene nach einer Kennzeichnung. 

Insgesamt wirkt das blaue Agrarprogramm wie flüchtig für soziale Medien-Tweets mit Zeichenbeschränkung aufgelistet, weil auf den ersten Blick populär. Wie die Partei diese überwiegend wenig konkret formulierten Ziele jedoch erreichen will, bleibt sie über weite Teile schuldig.

Die Grünen

Die Grünen haben ein vergleichsweise langes, ausführliches Programm zum Thema Landwirtschaft veröffentlicht. Betreffend Tierhaltung fordert die Öko-Partei eine kürzere Übergangsfrist für das Ende der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden bis 2024. Bekanntlich hatten sie in der bisherigen türkis-grünen Koalition im Jahr 2022 noch für eine längere Übergangsphase gestimmt. Auch setzen sich die Grünen für ein Verbot der Vollspaltenhaltung von Mastrindern ein. Außerdem fordern sie in ihrem Programm häufigere und unangekündigte Kontrollen durch die AMA. Mit Formulierungen wie „Weg von herzloser Massentierhaltung, hin zum respektvollen Umgang mit Nutztieren und ökologischer Landwirtschaft“ dürften sie mit ihrem Programm aber weniger auf die Unterstützung möglichst vieler Landwirte hoffen, sondern eher auf die Stimmen anderer, landwirtschaftsferner Wählerinnen und Wähler. Pauschale Kritik an der Nutztierhaltung in Österreich dürfte nur wenige tierhaltende Bauern im Land überzeugen, Grün zu wählen.

Das gilt wohl auch für die Mehrzahl der Acker-, Gemüse-, Obst- oder Weinbauern zwischen Boden- und Neusiedlersee. Zum Thema Pflanzenschutz steht im Agrarprogramm der Grünen, ihr Ziel im Pflanzenbau sei es, „den Kreislauf vom Gift (zu) befreien“. Sie fordern eine drastische Verringerung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel. Dagegen beklagen die angeführten praktizierenden Landwirte und deren Branchenverbände seit Jahren die immer geringer werdende Wirkstoffauswahl, um ihre Feldfrüchte sowie Obst- und Weinanlagen besser vor dem durch den Klimawandel verstärkten Krankheits- und Schädlingsdruck schützen zu können.

Zu den Langzeitforderungen der Grünen gehören zudem die Erhöhung des Bio-Anteils und die Erhöhung der ökologischen Mindeststandards für die Gewährung von Agrarfördergeldern. Dagegen kämpfen Bio-Bauern aktuell am Markt mit stagnierenden, wenn nicht sogar schwindendem Absatz ihrer Erzeugnisse und kehren scharenweise den Bio-Verbänden den Rücken zu. Ein gemäßigter, marktorientierter Zugang zu
diesem Thema fehlt dem grünen Agrarwahlprogramm, das in Kreisen der Mehrzahl der Agrarier sogar als Drohgebärde an die Landwirtschaft verstanden wird.

Die Roten

Die SPÖ setzt sich, ähnlich wie die Grünen, im Landwirtschaftsteil ihres Wahlprogrammes für Kleinbauern und höhere Tierschutzstandards ein, die sie höher fördern möchte, will zudem bei Lebensmitteln etwa eine Kennzeichnung von Fleisch mit der Haltungsform der Tiere umsetzen und verliert sich sogar bis ins Detail in der klingenden Ankündigung, den Anteil der Bio-Imker von derzeit drei auf zehn Prozent anheben zu wollen. Die Frage der Marktkonformität ihrer Forderungen bleiben wie Grün und Blau auch die Roten schuldig.

Die Pinken

Die NEOS streben im Bereich Landwirtschaft ganz tiefgreifende Veränderungen an und wollen die Pflichtmitgliedschaften bei den Landwirtschaftskammern beenden (wie die Freiheitlichen) sowie die Pflichtbeiträge der Landwirte für das Agrarmarketing durch die AMA-Marketing-Gesellschaft abschaffen, was wohl das Aus der Finanzierung des AMA-Gütesiegel bedeuten würde.

Die Aufgaben der AMA-Werbung sollen, geht es nach den Pinken, besser private Agenturen übernehmen, die sich via öffentliche Ausschreibungen für Agrarmarketing-Leistungen bewerben sollen.

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AUTORRed. BW
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