Gut 20 Stalleinbrüche wurden heuer hierzulande bereits gezählt. Die Dunkelziffer schätzen die Jungbauern deutlich höher ein.

Zur Erinnerung: Vergangenen März wurde in einem Schweinemastbetrieb in der Oststeiermark eingebrochen. Die unbekannten Täter setzten die Alarmanlage der Lüftung außer Gefecht und blockierten diese mit Holzlatten. Insgesamt 60 Schweine verendeten qualvoll durch Ersticken. Nur eines (wenn auch besonders brutales) von dutzenden Beispielen für Stalleinbrüche im Land. Die genaue Anzahl der betroffenen Betriebe liegt im Dunklen. Nun wenden sich 20 steirische Jungbauern anonymisiert an die Öffentlichkeit und berichten über ihre Ängste und Sorgen.

Die Aktivisten brechen demnach meist nachts ein und installieren versteckt Kameras und Mikrofone. Vom Einbruch nehmen die Bauern erst tags darauf durch aufgebrochene Stalltüren Notiz. Die Überwachung dauert dabei oft tage- oder sogar wochenlang. Solange warten die Aktivisten auf ein kritisches Ereignis, oder ein vermeintliches „Skandalbild“, welches anschließend zur Anzeige gebracht wird. Die Überprüfung durch Amtstierarzt, Polizei und AMA erfolgt prompt, „bleibt aber beinahe immer ergebnislos“, berichten die Jungbauern.

Wirtschaftliche und psychische Folgen

Ein betroffener Mutterkuhhalter mit Direktvermarktung in einer steirischen Stadt sieht sich nach einer solchen Anzeige mit einem großen wirtschaftlichen Schaden konfrontiert. „Seit dieser Anzeige steht mein Ruf auf dem Spiel und ich verliere viele Kunden. Wir überlegen, ob wir aufhören sollen“. Eine Milchbäuerin berichtet indes von pauschalen Vorverurteilungen ihrer Kinder im Schulalltag. „Offenbar genügt die Tatsache, dass wir Milchkühe halten, um als Tierquäler abgestempelt zu werden“. Diese Unsicherheit und Existenzangst beeinträchtigen bei vielen Landwirten den täglichen Arbeitsablauf und die betriebliche Weiterentwicklung.

Brodtrager: „Die Aktivisten sind bestens geschult, lassen bewusst Ausweisdokumente zu Hause, um einer Festnahme zu entgehen.“ 

So äußert sich ein junger Schweinemäster, bei dem ebenfalls eingebrochen wurde: „Wir haben aufgehört, beim Füttern der Tiere miteinander zu reden, aus Angst, abgehört zu werden“. Der Junglandwirt würde gern in einen Tierwohlstall mit Stroh investieren, zeigt sich jedoch verunsichert: „Bei solch radikalen Methoden der Aktivisten weiß ich nicht, ob ich mir die Tierhaltung künftig noch antun will.“

Quelle: Jungbauern Stmk
Aus Selbstschutz zeigen sich die jungen Landwirte nur vermummt.

Einbrecher rechtlich nicht belangbar

Die Jungbauern fordern deshalb eine Änderung des Strafgesetzbuches. Aktivisten, die gewaltsam „und somit illegal“ in Stallungen eindringen, sollen in Zukunft dafür auch bestraft werden können. Denn derzeit befänden sich die Eindringlinge im „rechtlichen Graubereich“, wie Bernd Brodtrager, Obmann der Steirischen Jungbauern erklärt: „Die Aktivisten sind bestens geschult, lassen bewusst Ausweisdokumente zu Hause, um einer Festnahme zu entgehen“. Die derzeitige Gesetzeslage weise Lücken auf, denn „auch wenn die Polizei die Einbrecher auf frischer Tat ertappt, kann eine Festnahme, ohne Identitätsfeststellung nicht vollzogen werden“, so Brodtrager. Erschwerend komme hinzu, dass Stalleinbrüche (anders als in Deutschland und der Schweiz), hierzulande nicht als Hausfriedensbruch gelten. Denn das Stallgebäude fällt laut geltendem Recht nicht unter den gleichen Schutzstatus wie das Wohnhaus.

Novellierungsversuch gescheitert

Mit ihrer Forderung sind die steirischen Hofübernehmer übrigens nicht allein. Schon seit Jahren machen sich Bauernbund, Landwirtschaftskammer sowie anerkannte Strafrechtsexperten für eine grundlegende Reform des betreffenden Paragraphen 109 im Strafgesetzbuch stark. Bereits 2019 brachte die ÖVP unter der damaligen Beamtenregierung einen entsprechenden Initiativantrag im Nationalrat ein, der eine Abänderung nach Deutschem und Schweizer Vorbild vorsah. „Niemand darf einfach in eine fremde Wohnung gehen, Verunsicherung und Verwüstung hinterlassen und am Ende die Menschen in der Öffentlichkeit noch diffamieren“, erklärte ÖVP-Agrarsprecher und Bauernbund- Präsident Georg Strasser in der damaligen Plenarsitzung. Konkret sollte der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs daher von Wohnräumen auf Werkstätten, Büros, umfriedete Gartenbereiche und eben auch Ställe erweitert werden.

Unter dem damals geltenden freien Spiel der Kräfte scheiterte der VP-Antrag jedoch an den Gegenstimmen von FPÖ, SPÖ, Neos und der damals noch im Parlament vertretenen Liste Jetzt. Für Jungbauernobmann Brodtrager bis heute ein völlig unerklärliches Vorgehen, „insbesondere von der selbsternannten Bauernpartei FPÖ“. Für ihn ist klar: „Tierschutz ist ein berechtigtes Anliegen unserer Gesellschaft. Es rechtfertigt jedoch nicht das gewaltvolle Eindringen in Stallungen.“ Nachsatz: „Zurück bleiben nämlich Bauernfamilien, die mit den psychischen Folgen zu kämpfen haben und deren Ruf geschädigt wurde.“

- Bildquellen -

  • Gruppenfoto Jungbauern: Jungbauern Stmk
  • Stalleinbruch: RAINER FUHRMANN - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORKatharina Berger, Clemens Wieltsch
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