Wenn der Spielraum für Eigentum und Nutzung immer mehr beschnitten wird

Zwei ausgewiesene Experten, Gottfried Holzer und Nikolaus Lienbacher, haben ein neues Buch zum Thema „Agrarisches Eigentum und seine Beschränkungen“ erarbeitet.

Druckfrisch für den Minister: G. Holzer, N. Totschnig, N. Lienbacher.

Vorweg: Das Handbuch bietet eine fundierte Analyse der vielschichtigen Beschränkungen von Flur und Wald durch die EU wie auch durch nationales Recht und beleuchtet das Spannungsfeld zwischen steigenden Umwelt-, Klima-, Natur- und Tierschutzanforderungen auf der einen Seite und dem öffentlichen Interesse an einer effizienten heimischen Agrarproduktion samt Sicherstellung von Nahrungsmitteln und natürlichen Rohstoffen auf der anderen Seite. Und das vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Paradigmenwechsels in der Gemeinsamen Agrarpolitik.

Die Autoren zeigen viele Probleme auf

Das Buch beinhaltet eine detaillierte Übersicht über die zahlreichen Einschränkungen, die Grundeigentümer bei der Bewirtschaftung ihrer Grundstücke erfahren. Beide Autoren wollen damit ein Problembewusstsein schaffen, das als Grundlage für zukünftige gesetzliche Erleichterungen dienen kann und Fachleuten auf Politik- und Verbandsebene für Land- und Forstwirtschaft, Grundeigentümer sowie rechtsberatende Berufe tiefgreifende Einblicke in die rechtlichen Rahmenbedingungen agrarischer Tätigkeiten geben.

Vermehrt Konflikte 

Grund und Boden bilden laut Holzer die Grundlage für verschiedene, auch gesellschaftliche Ansprüche, welche die Produktionsfunktion der Land- und Forstwirtschaft einschränken oder sogar verdrängen können und damit zu Konflikten führen. Laut Lienbacher sei eine stetig zunehmende Dichte an Eigentums- und Nutzungsbeschränkungen zu verzeichnen, auch aus verschiedenen öffentlichen Interessen und gesellschaftlichen Ansprüchen von Umwelt-, Klima- oder Tierschützern oder der Freizeitgesellschaft. 

Lienbacher: „Es gibt eine stetig zunehmende Dichte an Eigentums- und Nutzungsbeschränkungen.“

Dass sich auf dem Buchdeckel übrigens eine Zeitungsseite aus der Zeit der Reichsversammlung im Jahr 1848 findet, sei kein Zufall. Dazu Lienbacher: „Die damals beschlossene Grundentlastung spielt dafür eine zentrale Rolle. Durch sie ist erstmals bäuerliches Eigentum in umfassender Form entstanden. Heute hat man dagegen oft den Eindruck, als gebe es neue ‚Untertänigkeiten‘ in Form von zunehmender ‚Natur- und Umweltpflichtigkeit‘ des agrarischen Eigentums.“ 

Gebote, Verbote, Kontrollpflichten

Mittlerweile gebe es eine kaum mehr überblickbare Zahl an Einschränkungen für Grundeigentümer, sprich Gebote, Beschränkungen und Verbote, etwa hinsichtlich dem Einsatz von Produktionsmitteln sowie Bewilligungs- und Genehmigungs-, Anzeige- und Meldepflichten, Informations- und Duldungspflichten, Mitwirkungs-, Kontroll- oder Beaufsichtigungspflichten, Kennzeichnungspflichten, Auskunftspflichten, Aus- und Weiterbildungspflichten und Befähigungsnachweispflichten. Holzer: „Die daraus resultierenden Nutzungsbeschränkungen machen den Land- und Forstwirt mehr und mehr zum ‚Ökowirt‘ oder Landschaftspfleger.“

Gravierende Folgen neuer EU-Auflagen

Der Rechtsprofessor ist überzeugt: „Die strategischen Vorgaben des Green Deals der EU zielen unter dem Gesichtspunkt des Umwelt-, Klima-, Natur- und Biodiversitätsschutzes sowie des Tierwohls auf weitergehende fach- und förderungsrechtliche Bindungen und Beschränkungen des agrarischen Eigentums und seiner Nutzung ab. Die ‚Farm to Fork‘-Strategie und die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 sehen teil einschneidende Verschärfungen etwa beim Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln sowie beim Tierschutz vor.“ Und die im Juni beschlossene Verordnung zur Wiederherstellung der Natur berge trotz Entschärfungen gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag ein derzeit noch nicht absehbares Potenzial für gravierende großflächige agrarische Eigentumsbeschränkungen. 

Holzer warnt jedenfalls vor einer „Verrechtlichung der Agrar- und Forstproduktion“ und der „Aufladung“ des Agrarrechts mit nicht bäuerlichen, sondern öffentlichen Interessen. Vor allem seit dem EU-Beitritt Österreichs habe sich das Problem der Kumulierung von
Eingriffen in die Dispositionsfreiheit agrarischer Betriebsführer und damit in deren Eigentum verschärft. Ihre Zusammenschau soll laut den beiden Buchautoren helfen, die wiederholten Forderungen seitens der Land- und Forstwirtschaft nach Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung im Agrarbereich zu untermauern.

„Agrarisches Eigentum und seine Beschränkungen“; Gottfried Holzer, Nikolaus Lienbacher; Verlag Österreich; 461 Seiten, 76 Euro. ISBN 978-3-7083-4215-3

- Bildquellen -

  • Holzer, Totschnig, Lienbacher: BML/Hemerka
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AUTORRed. BW
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