Verbissschutz mit der Büchse

Das Thema Waldverjüngung und Wildbesatz ist konfliktbeladen. Eine Exkursion in den Kobernaußerwald im Rahmen der Österreichischen Forsttagung hat gezeigt, wie das Land Oberösterreich mittels Abschussplanverordnung eine einvernehmliche Problemlösung schafft.

In Oberösterreich werden die Abschusszahlen je nach Verbisssituation der Waldverjüngung jährlich angepasst.

Höllengebirge – eine Hölle für die Gams, so titelte im Vorjahr ein Wildtier-Schutzverein seinen Kommentar zu den in der Region Weißenbachtal zwischen Attersee und Traunsee im Salzkammergut verhängten Zwangsabschüssen für Schalenwild. Auch in überregionalen Medien sorgten die Abschüsse für emotionsgeladene Berichte. Angestrebt haben die Abschüsse die in der Region für die Waldbewirtschaftung zuständigen Bundesforste.

In der karstigen und deshalb waldbaulich schwierigen Region soll das Schutzwaldprojekt Höllengebirge mehr Sicherheit gegenüber Naturgefahren bieten. Der angestrebte klimafitte Mischwald litt jedoch unter dem starken Wildbesatz. Weißtannen, Bergahorn und auch Rotbuche wurden stark verbissen, weshalb der Zwangsabschuss beantragt wurde.

Der Waldzustand bestimmt die Abschüsse

 

Quelle: BZ/Hans Maad
Max Kastner vom Landesforstdienst OÖ bei der Beurteilung einer Vergleichsfläche im Gebiet Florianikapelle im Kobernaußerwald.

Eine Exkursion in das zum Weißenbachtal nahe gelegenen Gebiet „Florianikapelle“ im Kobernaußerwald hat Anfang Juni im Rahmen der Österreichischen Forsttagung gezeigt, wie das Land Oberösterreich mit einer spezifisch ausgearbeiteten Abschussplanverordnung den Konflikt zwischen Jägern und Förstern zu entschärfen trachtet.

Die Verordnung wurde bereits zum Jagdjahr 1994/95 in Kraft gesetzt und hat sich laut Maximilian Kastner vom Landesforstdienst Vöcklabruck seither gut bewährt. Grundlage ist eine durch Forstbehörde, Waldeigentümer und Jagdausübungsberechtigte gemeinsame Erhebung der Verbisssituation. Diese sogenannte „Abschussplanbegehung“ findet in regelmäßigen Abständen statt – im besichtigten Gebiet alle drei Jahre – um neben der aktuellen Situation auch eine Zeitreihe der laufenden Veränderungen zu ermitteln.

Weiserflächen und Vergleichsflächen

Auf sogenannten Weiserflächen (mindestens drei je 100 ha Waldfläche, nicht gegen Verbiss geschützt) ermittelt man bei der Begehung, zu welchen Anteilen die einzelnen Baumarten verbissen sind. Als Anhaltspunkt für eine unverbissene Verjüngung können zur Beurteilung zudem eingezäunte Vergleichsflächen herangezogen werden (mind. 6 x 6 m). Die Beurteilung der Verbisssituation erfolgt mittels dreistufiger Klassifikation, nach der in der Folge auch die Abschussveränderung festgesetzt wird. Basis der Berechnung ist jeweils der vorjährig durchgeführte Abschuss. Derzeit gelten für die Einstufung folgende Grenzwerte:

• Stufe I: Keine wesentliche Beeinträchtigung der Naturverjüngung durch Verbiss, maximal bis zu 20 Prozent Verbiss – der bisher geltende Abschussplan bleibt unverändert.

• Stufe II: Anteile und Wuchshöhen der verbissempfindlichen Baumarten sind deutlich vermindert. Der Verbiss liegt zwischen 21 und 50 Prozent – hier wird der Abschussplan des Vorjahres um 15 Prozent angehoben, sollte er nicht erfüllt worden sein, dann um 20 Prozent.

• Stufe III: Verhinderung der Naturverjüngung durch mehr als 50 Prozent Verbiss – Abschussanhebung um mindestens 35 Prozent.
Bei eklatanter Nichterfüllung wird der Plan zusätzlich erhöht, um die geforderte Regulation zu erreichen.

Auch wenn sich das System in den Grundzügen seit 20 Jahren bewährt, wurden bei der Exkursion einige Herausforderungen diskutiert. Dazu zählt, wenn in einem Revier mehrere Wildarten (Rehwild, Rotwild, Gamswild) vorkommen. Hier braucht es Erfahrung, welche Wildart dominiert und wo es der Abschüsse bedarf. Erfahrungsgemäß wird das Rehwild meist unterschätzt. Ein weiteres Problem ist der Fall hoher Verbissanteile in der Stufe II, denn bei 49 Prozent Verbiss sei die Verjüngung binnen kurzer Zeit „aufgefressen“ meinte ein Exkursionsteilnehmer.

Quelle: BZ/Hans Maad
„Händischer“ Verbissschutz ist aufwendig. Wer kein Plastik im Wald möchte, muss auf Schafwolle oder teure Spritzmittel zurückgreifen.

Neue Verordnung ist in Ausarbeitung

Dies sei einer der Gründe, aus denen die OÖ Abschussplanverordnung novelliert wird, so Kastner. Derzeit sei das Gesetz in Begutachtung. Möglicherweise wird die
Verbissbeurteilung künftig stärker auf die gefährdeten Baumarten Bezug nehmen.

Im Gebiet Florianikapelle ist die Situation entspannt. Die 3.500-ha-Region ist eine „nachhaltige Einer-Jagd“, berichtet Kastner. Mit 80 bis 120 jährlichen Abschüssen ist die Situation stabil. Das sei relativ wenig. Der Rehbestand ist aufgrund der intensiven Gründlandwirtschaft in der Region verkleinert, die „Nachernte“ erfolge durch den Milan. Für den Wald passt dies, die Waldbilder sind zufriedenstellend.

- Bildquellen -

  • IMG 6779: BZ/Hans Maad
  • IMG 6783: BZ/Hans Maad
  • Rehbock In Der Schusszeit Im Fadenkreuz: As13Sys - stock.adobe.com
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AUTORHans Maad
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