Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat diese Woche während der Plenartagung in Brüssel die Stellungnahme “Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft” zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verabschiedet. EWSA fordert darin eine solide Finanzierung der GAP sowie eine echte Vereinfachung und warnt gleichzeitig vor Renationalisierung. “Die europäischen Landwirte – Familienbetriebe, KMU, Genossenschaften und sonstige traditionelle Formen – müssen von ihrem Betriebseinkommen leben können. Zu gewährleisten ist dies durch faire Preise und ausreichend hohe Direktzahlungen, wobei letztere nur aktiven Betriebsinhabern und landwirtschaftlichen Betrieben zugutekommen sollten, die nach objektiven Kriterien und regionalen Verfahren an der Agrarproduktion beteiligt sind und öffentliche Güter erbringen. Es genügt nicht, Eigentümer von Agrarland zu sein”, so Jarmila Dubravská, Berichterstatterin der Stellungnahme.
“Der EWSA befürwortet eine starke und finanziell gut ausgestattete GAP und eine Aufstockung des EU‑Haushalts auf 1,3 % des Bruttonationaleinkommens entsprechend dem Wachstum der EU‑Wirtschaft. Die GAP muss angemessen finanziert werden, damit Abhilfe gegen niedrige Einkommen von Landwirten und Landarbeitern, die Inflation und mögliche finanzielle Ausfälle infolge des Brexits geschaffen werden kann und zusätzliche Herausforderungen in Sachen Umweltschutz und Klimawandel bewältigt werden können”, betonte Mitberichterstatter John Bryan.
Echte Vereinfachung der bürokratischsten Elemente voranbringen
“Entscheidend für die Landwirte der EU ist, dass die Legislativvorschläge eine echte Vereinfachung der bürokratischsten Elemente der GAP bringen”, so Bryan, der sich insbesondere auf Vor-Ort-Kontrollen bezog. Der EWSA schlägt eine umfassende Neugestaltung des Kontrollsystems auf Hofebene vor, das durch den verstärkten Einsatz neuer Technologien effizienter und weniger bürokratisch werden muss. “Wir plädieren für ein umfassendes risikobasiertes Kontrollsystem, das allerdings effizienter gestaltet sein und Beratung und Anreize über Strafen stellen muss”, so der Mitberichterstatter.
Subsidiarität darf Binnenmarkt nicht untergraben
Die Subsidiarität dürfe die GAP oder den Binnenmarkt nicht untergraben, sondern sollte sich lediglich auf die Pläne der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der GAP-Ziele beziehen. Die Mitgliedstaaten müssten ihre Flexibilität erhalten, um die Optionen für Zahlungen aus der ersten und zweiten Säule zu wählen, die unter Berücksichtigung der natürlichen Bedingungen und der Umwelt den Formen, Strukturen und Voraussetzungen der Landwirtschaft in den einzelnen Ländern am besten entsprechen. Der EWSA spricht sich allerdings dagegen aus, dass Mitgliedstaaten Mittel aus der zweiten in die erste Säule übertragen dürfen und fordert stattdessen ein vernünftiges Niveau der Kofinanzierung in der zweiten Säule für alle Mitgliedstaaten. “Das Funktionieren des Binnenmarktes darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Eine Renationalisierung würde zu einer größeren Preis- und Marktdivergenz führen”, warnte Dubravska.
Um Betrug zu verhindern und den Verbrauchern fundierte Entscheidungen zu ermöglichen, fordert der EWSA eine obligatorische Ursprungskennzeichnung von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen. Bryan verwies in diesem Zusammenhang auf internationale Handelsabkommen, in deren Rahmen die EU den Import von Lebensmitteln zulässt, die nicht den Sicherheits-, Umwelt- und Arbeitsnormen der EU genügen. Die EU müsse eine stringentere Strategie in Sachen GAP und Handelspolitik verfolgen.
Junglandwirte stärker unterstützen
Der EWSA schlägt vor, dass Junglandwirte und der Generationenwechsel im Rahmen der GAP stärker unterstützt werden. So soll etwa der Zuschlag von 25 % für Junglandwirte in der ersten Säule erhöht und eine Ruhestandsregelung für Landwirte in der zweiten Säule eingeführt werden. Außerdem sollte es eine Regelung über die Bodenmobilität geben. Auch Einkommensunterstützungen über fünf Jahre für junge Leute, die einen kleinen Agrarbetrieb mit Erzeugnissen für lokale Märkte gründen, schlägt EWSA vor. Darüber hinaus werden in der Stellungnahme zusätzliche Maßnahmen im Rahmen der GAP gefordert, um mehr Frauen für die Landwirtschaft zu begeistern. AIZ
- Bildquellen -
- GAP ID76770(1): agrarfoto.com